Immunsuppression nach Lebertransplantation bei Kindern individuell senken
Biomarker-Muster im Blut zeigt an, wie ein Organ vom Körper angenommen wird
Wenn ein Kind eine lebensrettende Lebertransplantation bekommt, muss es ein Leben lang Medikamente einnehmen, die das Immunsystem unterdrücken, damit die transplantierte Leber nicht abgestoßen wird. Forschende haben nun nach neuen Biomarker-Kandidaten im Immunsystem gesucht, mit deren Hilfe sie die Kinder identifizieren können, bei den die Wahrscheinlichkeit einer Organabstoßung gering ist. „Diese Erkenntnisse könnten uns helfen, die immunsuppressiven Medikamente individueller einzustellen und damit die Dosis zu senken“, erklärt Professor Ulrich Baumann, Klinik für Pädiatrische Nieren-, Leber-, Stoffwechselerkrankungen und Neuropädiatrie. „So können wir die Nebenwirkungen minimieren, ohne dabei das Risiko einer Organabstoßung zu erhöhen.“
Im Blut der Kinder fanden die Forschenden in der multizentrischen europäischen Studie des Netzwerks der Europäischen Gesellschaft für pädiatrische Gastroenterologie, Hepatologie und Ernährung (ESPGHAN) ein bestimmtes Muster, bestehend aus löslichen Mediatoren und Zellen des Immunsystems, das mit einer erfolgreichen Organfunktion ohne Abstoßungszeichen in Verbindung steht. „Dieses Muster könnte entscheidend sein, um frühzeitig abschätzen zu können, wer ein geringeres Risiko für Abstoßungsreaktionen hat“, sagt Professorin Christine Falk, Institut für Transplantationsimmunologie. „Bemerkenswert ist, dass dieses Muster bereits zwei Wochen nach der Transplantation auftritt und das ganze erste Jahr über stabil bleibt.“ Die Ergebnisse veröffentlichte das Team in der Fachzeitschrift Journal of Hepatology.
„In der Langzeituntersuchung, die wir im Rahmen der multizentrischen Studie ChilSFree durchgeführt haben, haben wir Blutproben von lebertransplantierten Kindern über einen Zeitraum von einem Jahr untersucht“, sagt Privatdozentin Dr. Imeke Goldschmidt, Klinik für Pädiatrische Nieren-, Leber-, Stoffwechselerkrankungen und Neuropädiatrie. „Wir wollten dabei vor allem die immunologischen Mechanismen verstehen, die zu einer Akzeptanz der transplantierten Leber beitragen.“
Für die Analysen haben die Forschenden zum einen eine Luminex-basierte Multiplex-Protein-Technik verwendet, mit der sie bestimmte Immunmediatoren, die Zytokine, identifiziert haben. Immunzellen nutzen diese Zytokine, um miteinander zu kommunizieren. Zum anderen kam die Durchflusszytometrie zum Einsatz, um die Anzahl von Immunzellen wie T-, NK- oder B-Zellen zu bestimmen. „Um spezifische Zytokinprofile im Plasma der Betroffenen zu identifizieren, haben wir unter anderem maschinelle Lernverfahren eingesetzt. Diese erlauben es uns, auf objektive Weise Muster zu erkennen, die mit immunologischer Toleranz oder Abstoßung in Zusammenhang stehen,“ erklärt Dr. Evgeny Chichelnitskiy, Institut für Transplantationsimmunologie, der sich die Erstautorenschaft mit Dr. Goldschmidt teilt. Mit diesen beiden Methoden konnten die Forschenden herausfinden, welche Kombination an immunologischen Markern und Zellen bei den Kindern eine Rolle spielen und wie ihre Immunzellen auf das neue Organ reagieren.