Psychosoziale Diagnostik und Behandlung von Patientinnen und Patienten vor und nach Organtransplantation

Die neue evidenz- und konsensbasierte S3-Leitlinie ist online

Copyright: AWMF
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Transplantationspatient:innen sind in allen Phasen der Behandlung mit körperlichen, psychischen und sozialen Herausforderungen und Belastungen konfrontiert. Häufig wird die Behandlung vorrangig auf primär medizinische Aspekte ausgerichtet. Dadurch können potentielle Probleme und Belastungen der Patient:innen im psychosozialen Bereich übersehen werden. Bei einem Teil der Transplantationspatient:innen sind psychische Faktoren auch kausal an der Entstehung und Verschlechterung des körperlichen Krankheitsgeschehens beteiligt und erfordern daher ebenso ausreichende medizinische Beachtung und Therapie. Die Abhängigkeitserkrankungen, etwa durch Alkohol und Nikotin, mit ihren bekannten körperlichen Folgen, etwa einer alkoholassoziierten Lebererkrankung, einer alkoholbedingten Herzinsuffizienz oder einer chronisch obstruktiven Lungenerkrankung seien hierfür beispielhaft angeführt.

 

Diese neue Leitlinie soll zur Etablierung von Standards für die psychosoziale Diagnostik, Indikation und Durchführung von psychosozialer Behandlung sowie zur Verbreitung evidenzbasierter Empfehlungen beitragen. Auf Grundlage dieser Leitlinie sollen Entscheidungen in der Transplantationsmedizin auf eine rationalere Basis gestellt werden (z. B. welche Interventionen führen zur Verbesserung der Adhärenz; unter welchen Bedingungen ist eine psychische Mitbehandlung indiziert). Die Leitlinie soll die Richtlinien, die von der Bundesärztekammer erstellt werden, ergänzen. Es werden auch Themen behandelt, die sonst weniger Beachtung finden, wie die Rolle der Angehörigen, der Selbsthilfe, der Transition und der Transplantationspflege. Ein ausführliches Kapitel ist der Lebendspende gewidmet und den psychosozialen Risikofaktoren für die es Evidenz für eine ungünstige Veränderung psychosozialer Endpunkte nach der Organspende gibt.

Die Leitlinie wurde unter Federführung der Psychosomatischen Gesellschaften (DKPM und DGPM) erstellt in Zusammenarbeit mit Mandatsträger:innen von 15 weiteren deutschen und österreichischen Gesellschaften. Es waren Mitglieder sowohl aus der Kinder- als auch der Erwachsenennephrologie an der Erstellung beteiligt.


Die Leitlinie beinhaltet Empfehlungen und Statements zu folgenden Themen:

  • Strukturelle Voraussetzungen für die psychosoziale Versorgung
  • Psychosoziale Risikofaktoren für eine geringe Adhärenz und / oder eine schlechte Prognose in den Bereichen Lebensqualität, Komplikationen, Rehospitalisierungen, Abstoßung, Organverlust und Mortalität. Dazu gibt es Kapitel zu Depression, Angst, Substanzkonsumstörungen, Adipositas und Delir.
  • Psychosoziale Diagnostik und Inhalte sowie Struktur der psychosozialen Evaluation
  • Erfassung, Folgen und Risikofaktoren für Non-Adhärenz und Interventionen zur Adhärenzverbesserung nach Organtransplantation. Hier kamen die Mandatsträger:innen mit einem Empfehlungsgrad A zu dem Schluss, dass bei Non-Adhärenz den Patient:innen eine Intervention empfohlen werden soll, wobei multimodale Interventionen bevorzugt eingesetzt werden sollen.
  • Besonderheiten der Psychopharmakotherapie in der Transplantationsmedizin
  • Evaluation, Vor- und Nachsorge bei Organlebendspende und
  • Die Rolle der Angehörigen

 

Die Mandatsträger:innen sind mit starkem Konsens zu der Empfehlung gekommen, dass in allen Transplantationszentren und kooperierenden Krankenhäusern und Rehabilitationseinrichtungen eine bedarfsgerechte psychosoziale Versorgung von Transplantationspatient:innen sichergestellt werden soll, um die Patient:innen psychosozial optimal versorgen zu können.

Lang- und Kurzversion der Leitlinie sowie der Leitlinienreport lassen sich über www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/051-031.html aufrufen.

 

Die Leitlinienkoordinatorinnen

Die Erstellung der Leitlinie wurde von Frau Prof. de Zwaan und Frau Dr. Nöhre der Klinik für Psychosomatik und Psychotherapie koordiniert.

Prof. Martina de Zwaan, Leiterin der MHH-Klinik für Klinik für Psychosomatik und Psychotherapie. Copyright: medJUNGE
Prof. Martina de Zwaan, Leiterin der MHH-Klinik für Klinik für Psychosomatik und Psychotherapie. Copyright: medJUNGE
PD Dr. Mariel Nöhre, MHH-Klinik für Psychosomatik und Psychotherapie. Copyright: privat
PD Dr. Mariel Nöhre, MHH-Klinik für Psychosomatik und Psychotherapie. Copyright: privat