AG Hämostaseologie und Transplantation
PD Dr. med. Hendrik Eismann, Dr. med. Lion Sieg
Perioperative Blutungen sind häufig und stellen ein wesentliches Risiko für die Patienten sowohl im OP als auch auf der Intensivstation da. Hierbei ist das Management erwarteter wie unerwarteter Blutungen eine besondere Herausforderung für Anästhesisten, Chirurgen und Hämostaseologen, denn es fehlen klare Transfusionstrigger und Transfusionsziele.
Oftmals sind zudem die Blutungsursachen, auch mangels geeigneter Diagnostik, unbekannt oder nicht zeitnah ableitbar. Daher ist die richtige Auswahl und Anwendung von Blutprodukten und –komponenten perioperativ schwierig und außerdem der klinische Effekt und Nebenwirkungen nicht immer abschätzbar.
Auch ökonomische Aspekte spielen dabei eine nicht unerhebliche Rolle. In diesem Kontext sind die funktionalen Zusammenhänge und ebenso die Aussagekraft bei Diagnostik und Therapie, insbesondere bei Transplantationen, noch wenig bekannt oder evaluiert.
Unsere Haupt-Ziele sind:
- Aufzeigen von pathologischen Veränderungen der Hämostase perioperativ einschließlich Intensivstation
- Identifikation von Mechanismen und Zusammenhängen bei Hämostasestörungen und Auswirkung von Therapeutika
- Anwendung, Etablierung und Evaluation von „Point of Care“ -Verfahren zur Verbesserung der Gerinnungsdiagnostik und Therapie
- Entwicklung/ und Etablierung von experimentellen funktionellen Modellen
Projekte
Die MHH ist europaweit mit jährlich weit über 100 Lebertransplantationen eines der führenden Transplantationszentren.
Das anästhesiologische Vorgehen bei Lebertransplantation ist aufwendig und umfasst neben vielen anderen Faktoren insbesondere das Gerinnungsmanagement. Das hämostaseologische Potential der Patienten ist häufig deutlich eingeschränkt bedingt durch Vorerkrankungen, Verlust und Verbrauch während des operativen Eingriffs und anderen pathophysiologischen Veränderungen wie z.B. Hypothermie, Azidose oder Hyperfibrinolyse.
Sowohl die Differenzierung und Abgrenzung der bei einer Blutung vorherrschenden Blutungsursache als auch die Kontrolle einer etwaigen Therapie ist gerade in der Akutsituation schwierig und erfolgt neben der Bestimmung klassischer Gerinnungsparameter zunehmend durch den Einsatz von „Point of Care“- tauglichen Verfahren (POC) wie z.B. die Rotationsthrombelastometrie. Neben der schnellen Verfügbarkeit können so zusätzlich zur Thrombingeneration Informationen über die Clotbildung und Clotfestigkeit auch über die Zeit, erhoben werden.
In diesem Umfeld wollen wir die diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen klinisch und funktional charakterisieren und deren Nutzen abschätzen.
So werden prospektiv zum einen klinische und therapeutische Daten noch während der Operation erhoben, und zum anderen verschiedene in vitro-Ansätze durchgeführt mit dem Ziel, den Effekt beispielsweise einer Faktorentherapie besser vorherbestimmen zu können.
Gleichzeitig werden aus den Probenüberresten Plasma-Aliquots hergestellt und eingefroren für weitere Untersuchungen z.B. mittels Durchflusszytometrie und FlowChamber.
Vergleich zwischen drei vollautomatischen Geräten (ROTEM Sigma®, TEG 6s®, Quantra®) und einem halbautomatischen Gerät (Clot Pro®) zur viskoelastischen bzw. ultraschallgestützten Vollblut-Gerinnungsmessung bei operativen, intensivmedizinischen und Notfallpatienten.
Hintergrund
Bei schwerverletzten Patienten, Patienten mit größerem Blutverlust im Rahmen von Operationen und Patienten auf der Intensivstation mit Störung der Gerinnung, wird häufig eines der vier auf dem Markt befindlichen Geräte zur viskoelastischen bzw. ultraschallgestützen Gerinnungsmessung als Point of Care Diagnostik angewendet. Einen klinischen Vergleich hinsichtlich dem Grad der Übereinstimmung der Messergebnisse, der Dauer bis zu Ergebnissen und der Handlingzeiten von allen vier auf dem Markt vorhandenen Testverfahren gibt es bislang nicht.
Zielsetzung
Bestimmung des Grades der Übereinstimmung zwischen den Ergebnissen der jeweiligen vergleichbaren Messansätzen (Fibrinogenclot, Ansatz, extrinsischer Ansatz und intrinsischer Ansatz mit Heparinase) der einzelnen Geräte bestimmen. Überprüfen der Korrelation der Messergebnisse mit klinischen Laborwerten (Thrombozyten, Fibrinogenspiegel n. Clauss) der Patienten.
Die Forschergruppe Xenotransplantation wird seit 2004 als 1 von 9 Teilprojekten der Transregio-Research Unit FOR 535 kontinuierlich durch die DFG gefördert. Die Forschergruppe unter der Leitung von M. Winkler (Viszeralchirurgie) A. Tiede (Hämostaseologie) und L. Friedrich (Anästhesiologie) arbeitet multidisziplinär und beschäftigt sich im Großtierversuch mit der xenogenen Aktivierung des menschlichen Blutgerinnungssystem in Ex-vivo-xeno-perfundierten Schweinenieren.
Dazu wurde ein extrakorporaler Perfusionskreislauf etabliert, in dem sich die Gerinnungsaktivierung im menschlichen Blut nach Kontakt mit Nierenendothel vom Schwein abbilden lässt.
Arbeitsprogramm und Ziele:
In der aktuellen Antragsperiode beschäftigen wir uns mit der Analyse der Endothelzellaktivierung im xenoperfundierten Gewebe und den Interaktionen zwischen Endothelzellen, Blutzellen und dem Gerinnungssystem unter pharmakologischer Beeinflussung (z.B. rhATIII, TFPI, rh-aPC). Gleichzeitig werden die Konstrukte gentechnisch modifizierter Schweine (z.B. hTFPI, h-HO-1, h-HTM) in unserem System auf Expression und Funktion überprüft. Diese Tiere werden in anderen Teilprojekten der Transregioforschergruppe generiert.
Background
Twenty-five to 85% of trauma patients are under the influence of alcohol in addition to experiencing injury-related coagulation impairment. Viscoelastic point-of-care tests (thrombelastography [TEG], rotational thromboelastometry [ROTEM]) are popular tools for rapid hemostasis assessment and therapeutic decision-making in this and other settings. While alcohol affects these tests in-vitro, their specific effects in-vivo are unclear. Therefore, we evaluated the effects of alcohol ingestion on ROTEM parameters.
Methods
Twenty volunteers provided informed consent to drinking red wine, whisk(e)y, or vodka to a target blood alcohol concentration of 1 ‰ within one hour, calculated with the Widmark formula. Blood samples were collected before drinking, at a breath alcohol concentration of 0.5 ‰, and at 1.0 ‰, but no later than one hour. After each blood collection, ExTEM and FibTEM tests were performed directly "at the bedside."
Results
All participants had a blood alcohol concentration (BAC) of 0.00 ‰ at the beginning. The mean BACs at the second and third collection were 0.48 and 0.76 ‰, respectively. There were no significant differences in the ExTEM parameters. FibTEM measurements showed a significant difference at the A10 value (13.0 vs. 14.0 mm, P = 0.014) and a trend at the maximum amplitude (maximum clot firmness [MCF] 13.7 vs. 16.2 mm, P = 0.075). We saw no significant differences in fibrinolysis parameters and no hyperfibrinolysis in our ROTEM measurements.
Conclusions
Ethanol ingestion can impair early fibrin polymerization. These results might be of special relevance in trauma and support routine application of ROTEM/TEG in such cases.
Diese prospektive nicht interventionelle Beobachtungsstudie wurde zusammen mit der Hämatologie und Unfallchirurgie durchgeführt mit dem Ziel, bei Patienten mit schweren Polytrauma (ISS > 15) unterschiedliche hämostaseologische Untersuchungen zu vergleichen.
Dazu wurden 53 Patienten nach Aufnahme 48h engmaschig hämostaseologisch überwacht, zudem hämostaserelevante Therapien und zahlreiche klinische Daten erhoben. Es wurde untersucht, ob und wie klinische und hämostaseologische Befunde korrelieren auch im Hinblick auf das jeweilige Potential.
Kooperation
Unsere Arbeitsgruppe unterhält zahlreiche Kooperationen und Kontakte zu abteilungsinternen Arbeitsgruppen und anderen Abteilungen der MHH.
Hervorzuheben sind insbesondere die Arbeitsgruppen „Translationale Perioperative Inflammations-Forschung“, "Angewandte Hämotherapie, Hämatologie" und der Klinik für Allgemein- Viszeral- und Transplantations-Chirurgie.
Weiterhin besteht eine enge Zusammenarbeit mit Dr. med. Kai Johanning (Chefarzt Anästhesie, Klinikum in Bielefeld) und Dr. med. Carsten Schumacher (Oberarzt ECTU, Zentrum für klinische Studien (ZKS) der MHH).
- Bei allen Partnern bedanken wir uns für die exzellente Zusammenarbeit.
Publikationen
- Beetz O, Oldhafer F, Weigle CA, Cammann S, DeTemple D, Sieg L, Eismann H, Palmaers T, Vondran FWR. Porcine Liver Transplantation Without Veno-venous Bypass As an Extended Criteria Donor Model. J Vis Exp. 2022 Aug 17;(186). doi: 10.3791/64152. PMID: 36063020.
- Beetz O, Cammann S, Weigle CA, Sieg L, Eismann H, Johanning K, Falk CS, Krech T, Oldhafer F, Vondran FWR. Interleukin-18 and High-Mobility-Group-Protein B1 are Early and Sensitive Indicators for Cell Damage During Normothermic Machine Perfusion after Prolonged Cold Ischemic Storage of Porcine Liver Grafts. Transpl Int. 2022 Oct 20;35:10712. doi: 10.3389/ti.2022.10712. PMID: 36338535; PMCID: PMC9630326
- Oldhafer F, Wittauer EM, Beetz O, Weigle CA, Sieg L, Eismann H, Braubach P, Bock M, Jonigk D, Johanning K, Vondran FWR. Supportive Hepatocyte Transplantation after Partial Hepatectomy Enhances Liver Regeneration in a Preclinical Pig Model. Eur Surg Res. 2021;62(4):238-247. doi: 10.1159/000516690. Epub 2021 May 27. PMID: 34044396.
- Eismann H, Sieg L, Ahmed H, Teske J, Behrendt P, Friedrich L, Schumacher C, Johanning K. Influence of alcohol consumption on blood coagulation in rotational thromboelastometry (ROTEM): an in-vivo study. Korean J Anesthesiol. 2020 Aug;73(4):334-341. doi: 10.4097/kja.20071. Epub 2020 Apr 16. PMID: 32299155; PMCID: PMC7403120.
- Wittauer EM, Oldhafer F, Augstein E, Beetz O, Kleine M, Schumacher C, Sieg L, Eismann H, Johanning K, Bleich A, Vondran FWR. Porcine model for the study of liver regeneration enhanced by non-invasive 13C-methacetin breath test (LiMAx test) and permanent portal venous access. PLoS One. 2019 May 31;14(5):e0217488. doi: 10.1371/journal.pone.0217488. PMID: 31150446; PMCID: PMC6544243.
- Ramackers W, Werwitzke S, Klose J, Friedrich L, Johanning K, Bergmann S, Klempnauer J, Winkler M, Tiede A. Investigation of the influence of xenoreactive antibodies on activation of complement and coagulation in an ex vivo perfusion animal study using porcine kidneys. Transpl Int. 2019 May;32(5):546-556. doi: 10.1111/tri.13396. Epub 2019 Jan 22. PMID: 30597634.
- Schumacher C, Eismann H, Sieg L, Friedrich L, Scheinichen D, Vondran FWR, Johanning K. Preoperative Recipient Parameters Allow Early Estimation of Postoperative Outcome and Intraoperative Transfusion Requirements in Liver Transplantation. Prog Transplant. 2018 Jun;28(2):116-123. doi: 10.1177/1526924818765805. Epub 2018 Mar 20. PMID: 29558874.
- Schumacher C, Eismann H, Sieg L, Friedrich L, Scheinichen D, Vondran FWR, Johanning K. Use of Rotational Thromboelastometry in Liver Transplantation Is Associated With Reduced Transfusion Requirements. Exp Clin Transplant. 2019 Apr;17(2):222-230. doi: 10.6002/ect.2017.0236. Epub 2018 Oct 5. PMID: 30295585.
- Vondran FW, Schumacher C, Johanning K, Hartleben B, Knitsch W, Wiesner O, Jaeckel E, Manns MP, Klempnauer J, Bektas H, Lehner F. Application of the Liver Maximum Function Capacity Test in Acute Liver Failure: A Helpful Tool for Decision-Making in Liver Transplantation? Case Rep Transplant. 2016;2016:7074636. doi: 10.1155/2016/7074636. Epub 2016 May 4. PMID: 27274881; PMCID: PMC4870360.
- Ramackers W, Friedrich L, Klose J, Vondran F, Bergmann S, Schüttler W, Johanning K, Werwitzke S, Trummer A, Bröcker V, Klempnauer J, Winkler M, Tiede A. Recombinant human antithrombin prevents xenogenic activation of hemostasis in a model of pig-to-human kidney transplantation. Xenotransplantation. 2014 Jul-Aug;21(4):367-75. doi: 10.1111/xen.12104. Epub 2014 May 8. Erratum in: Xenotransplantation. 2015 Jul-Aug;22(4):328. PMID: 24807299.