
Die Medizinische Hochschule Hannover (MHH) strebt eine verstärkte Positionierung im Themenbereich klimaresiliente Ernährung an. Der Berater für nachhaltige Ernährung entwickelt basierend auf einer umfassenden Bestandsaufnahme und in Abstimmung mit relevanten internen und externen Fachbereichen ein integratives Ernährungskonzept, das langfristig zur Gesundheitsförderung und zu einer zukunftsfähigen Ernährungskultur an der MHH beiträgt. Er wirkt auf Ebene hausweiter Strukturen und Prozesse und ist deswegen im Geschäftsbereich Klinikmanagement angesiedelt in Ergänzung zur klinisch-wissenschaftlichen Ernährungsmedizin der MHH.
Allgemeine Informationen zur nachhaltigen Ernährung
Als große und wichtige Gesundheitseinrichtung möchte die Medizinische Hochschule Hannover einen Beitrag zur Sensibilisierung für eine nachhaltige Ernährung leisten. Nachhaltigkeit bedeutet eine „Entwicklung, die die Bedürfnisse der Gegenwart befriedigt, ohne zu riskieren, dass künftige Generationen ihre eigenen Bedürfnisse nicht befriedigen können“ (United Nations, 1987, S. 37). Aufgrund ihres Auftrags als Gesundheitseinrichtung möchte die MHH dabei den Fokus auf die Aspekte der gesundheitlichen und der ökologischen nachhaltigen Ernährung legen. Auf diesem Fokus basiert auch die Bewegung der Planetary Health Diet.
Nachhaltige gesunde Ernährungsweisen sind Ernährungsmuster, die alle Aspekte der Gesundheit und des Wohlbefindens fördern. Sie zeichnen sich durch eine geringe Umweltbelastung aus, sind zugänglich, erschwinglich, sicher, gerecht und kulturell akzeptiert. Das Ziel ist, das Wachstum und die Entwicklung aller Menschen zu fördern und gleichzeitig ihr körperliches, geistiges und soziales Wohlbefinden in jeder Lebensphase zu stärken, sowohl für die heutige als auch für die kommende Generation. Dazu gehören die Vermeidung aller Formen von Mangelernährung sowie die Reduzierung ernährungsbedingter, nichtübertragbarer chronischer Krankheiten. Eine nachhaltige Ernährungsweise hat das ökologische Ziel, die Biodiversität zu bewahren und die Gesundheit unseres Planeten zu stärken (Food and Agriculture Organization of the United Nations & World Health Organization, 2019, S. 9).

Ein Bericht von „Lancet Countdown“ zeigt, dass der Klimawandel weltweit große Probleme für unsere Gesundheit verursacht. Wenn wir nicht schnell handeln und das Klima schützen, entstehen riesige Kosten, nicht nur gesundheitlich, sondern auch wirtschaftlich, sozial und ökologisch. So kostete die Überschwemmung im Ahrtal im Jahr 2021 135 Menschen das Leben und verursachte Schäden von rund 40,5 Milliarden Euro. Deshalb müssen wir dringend Maßnahmen ergreifen, um den Klimawandel zu stoppen und unser Gesundheitssystem sowie die Gesellschaft widerstandsfähiger zu machen (von der Haar et al., 2024, S. 2). Ein großer Risikofaktor für die Gesundheit unseres Planeten und der Menschen sind die Herstellung und der Konsum ungesunder und nicht nachhaltiger Lebensmittel. Rund 800 Millionen Menschen haben keinen Zugang zu ausreichend Essen, viele weitere ernähren sich ungesund. Dies hat gravierende Folgen, die zu vorzeitiger Morbidität und Tod beitragen, vor allem durch Herzkreislauf-Erkrankungen, Schlaganfall oder Diabetes. Eine Fehlernährung birgt ein größeres Risiko für Morbidität und Mortalität als Alkohol-, Drogen- und Tabakkonsum zusammen (Willett et al., 2019, S. 448). So führt der unzureichende Konsum von wenig verarbeiteten pflanzlichen Lebensmitteln in Deutschland zu 84.000 Todesfällen, während ein zu hoher Verzehr von rotem und verarbeitetem Fleisch 79.700 Todesfälle zur Folge hat (von der Haar et al., 2024, S. 5). Der aktuelle Ernährungstrend und das prognostizierte Bevölkerungswachstum auf etwa 10 Milliarden Menschen bis zum Jahr 2050 wird das Leben für Menschen auf diesem Planeten vor eine große Herausforderung stellen. Eine breit umgesetzte Ernährungstransformation auf eine gesunde und nachhaltige Ernährung ist aus diesem Grund unabdingbar. Sie ist auch Voraussetzung für einen wesentlichen Beitrag zum Erreichen der UN-Ziele für eine nachhaltige Entwicklung oder für das Pariser-Abkommen. Unsere derzeitige Ernährung ist verantwortlich für bis zu 30 % der weltweit verursachten Treibhausgasemissionen (Willett et al., 2019, S. 448).
Eine Ernährung, bestehend aus einer Vielzahl pflanzlicher Lebensmittel und geringen Mengen an Komponenten tierischen Ursprungs, bildet das Grundgerüst für eine ökologisch nachhaltige und gesundheitsfördernde Ernährungsweise. Zudem sollten geringe Mengen an raffinierten Getreideprodukten, gesättigten Fettsäuren, stark verarbeiteten Lebensmitteln und Zucker verzehrt werden. Eine Transformation zu einer gesunden und nachhaltigen Ernährung bis zum Jahr 2050 würde mit einem mehr als 50%igen Rückgang an ungesunden Lebensmitteln, wie rotem Fleisch und Zucker, einhergehen. Gleichzeitig muss der Konsum an gesunden Lebensmitteln, wie Obst, Gemüse und Hülsenfrüchten, stark ansteigen. Damit könnten wir um die 11 Millionen frühzeitige Todesfälle jährlich verhindern (Willett et al., 2019, S. 448).

Die Lebensmittelproduktion verursacht weltweit große Umweltbelastungen. So sollte eine nachhaltige Nahrungsmittelproduktion für zukünftig etwa 10 Milliarden Menschen keine zusätzlichen Flächen beanspruchen, die bestehende biologische Vielfalt erhalten und den Wasserverbrauch reduzieren. Ein entscheidender Vorteil der Ernährungstransformation wäre die Verringerung der Treibhausgasemission (Willett et al., 2019, S. 448). Die Nutztierhaltung hat einen bedeutenden Einfluss auf die Klimaerwärmung, indem sie erhebliche Mengen an Treibhausgasen freisetzt. Zudem führen Verluste von Stickstoff und Phosphor in die Umwelt zu einer Beeinträchtigung der Biodiversität, verschlechtern die Luftqualität und mindern die Qualität von Grund- und Oberflächengewässern. Rund 70 % der ernährungsbedingten Treibhausgasemission gehen auf tierische Lebensmittel zurück. Zudem können Tierarzneimittel und Biozide, die in die Umwelt gelangen, Wildtiere, Pflanzen sowie Mikroorganismen im Boden und Wasser gefährden. Die Nutztierhaltung hat auch indirekte nachteilige Umwelteinwirkungen: so führt der hohe Bedarf an Futtermitteln zu intensivem Ackerbau mit engen Fruchtfolgen, starkem Einsatz von Düngemitteln und Pflanzenschutzmitteln sowie großem Flächenbedarf. Dadurch entstehen zusätzliche Treibhausgasemissionen, belastete Böden und Gewässer sowie negative Auswirkungen auf die Biodiversität. Die Produktion tierischer Nahrungsmittel ist weniger ressourceneffizient, da über 75 % der Nährstoffe aus Futtermitteln von den Tieren selbst verbraucht oder ausgeschieden werden. Nur ein kleiner Teil wird in Milch, Eier oder Fleisch umgewandelt, was zu einem höheren Flächenbedarf im Vergleich zur direkten Nutzung für pflanzliche Nahrungsmittel führt. Zudem führt der Flächenbedarf für Futteranbau zur Umwandlung ökologisch wertvoller Gebiete wie Wälder und Moore in landwirtschaftliche Nutzflächen (Umweltbundesamt, 2024). Die Umstellung auf eine pflanzliche Ernährung kann Treibhausgasemissionen sowie Land- und Wasserverbrauch drastisch reduzieren. So ist ein Verzicht an tierischen Lebensmitteln mit einem Rückgang der ernährungsbedingten Treibhausgasemission um bis zu 49 % assoziiert (Poore & Nemecek, 2018, S. 5).
Mit den oben beschriebenen Ansätzen wurde von der EAT-Lancet-Kommission die „Planetary Health Diet“ entwickelt, die die Gesundheit des Menschen und der Erde gleichermaßen schützen soll.
Die EAT-Lancet-Kommission setzt sich aus 37 renommierten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus 16 verschiedenen Ländern zusammen, die unterschiedliche Fachrichtungen vertreten. Sie verfolgen das Ziel, einen wissenschaftlichen Konsens für eine gesunde Ernährung und eine nachhaltige Lebensmittelproduktion für bis zu 10 Milliarden Menschen im Jahr 2050 zu ermöglichen. Die ersten wissenschaftlichen Zielvorgaben zeigen, wie wichtig es ist, innerhalb der festgelegten Grenzen für Gesundheit und Umwelt zu handeln, um eine sichere Zukunft zu gewährleisten. Ab einem gewissen Punkt, können die Gesundheit und die Umwelt irreversibel geschädigt werden. (EAT-Lancet Commission, n.d).
Die EAT-Lancet Commission (n.d) beschreibt die Planetary Health Diet als eine globale Referenzdiät für Erwachsene, wobei die Grundbasis aus pflanzlichen Lebensmitteln wie Obst, Gemüse, Hülsenfrüchten, Vollkorngetreide und Nüssen besteht. Ein kleiner ergänzender Anteil stellen die tierischen Lebensmittel dar. Dazu gehören moderate Mengen an Fleisch sowie Milch und Milchprodukte. Innerhalb der Spannbreite der aufgeführten Lebensmittel kann eine Schwerpunktsetzung entsprechend der individuellen Vorlieben und kulturellen Traditionen erfolgen. Sie bildet also einen flexibel anpassbaren Ernährungsrahmen. Eine vegetarische oder gar vegane Ernährungsweise, im Rahmen der Planetary Health Diet bieten zwei gesunde Optionen an. Die Ernährungsleitlinie gibt, global gesehen, einen Kalorienbedarf von circa 2500 kcal am Tag für einen durchschnittlichen Erwachsenen aus. Dies ist ein Richtwert, der sich beispielsweise durch Alter, Aktivitätsniveau oder Gesundheitsprofil anpassen lässt. Die Kenntnis über diese Zielvorgabe und seine Einflussfaktoren ermöglichen es dem Einzelnen, seine Mahlzeiten in der Zusammensetzung und Gesamtmenge anzupassen. Eine Überernährung kann dennoch zu einer Verschwendung an Lebensmittel führen, die sowohl Gesundheits- als auch Umweltkosten verursacht. Vor allem der derzeitige übermäßige Fleischkonsum in der westlichen Ernährung erhöht das Risiko für gesundheitliche Folgen. Zusätzlich zeigen Prognosen, dass ein hoher Fleischkonsum zusammen mit dem gleichzeitigen Wachstum der Weltbevölkerung die Lebensmittelsysteme weit über die ökologischen Grenzen hinaus belastet. Auch wenn die Umsetzung einer nachhaltigeren Ernährung keineswegs das einzige Mittel ist, um die jetzigen Klimaziele noch annährend erreichen zu können, spielt sie dennoch eine große Rolle und leistet hierzu einen wichtigen Beitrag. Neben der Transformation unserer Ernährungsweise ist eine Reduzierung der fossilen Brennstoffe notwendig und extrem wegweisend (EAT-Lancet Commission, n.d).
Tab. 1: Übersicht einer planetaren & gesunden Referenzernährung mit möglicher Spannungsbreite bei einer Kalorienzufuhr von 2500 kcal/d
Die Energiezufuhr, die notwendig ist, um ein gesundes Gewicht zu halten, hängt von individuellen Faktoren wie Körpergröße und Aktivitätsniveau ab. Verarbeitete Lebensmittel wie gehärtete Fette, raffiniertes Getreide, Salz und Konservierungsstoffe können die Gesundheit beeinträchtigen, bleiben in dieser Tabelle jedoch unberücksichtigt. Vollkornprodukte wie Reis oder Nudeln sowie Hülsenfrüchte werden in ihrer trockenen und rohen Form betrachtet. Geflügelfleisch lässt sich durch Eier, Fisch oder pflanzliche Proteinquellen ersetzen. Hülsenfrüchte, Nüsse und Samen sind flexibel untereinander austauschbar (Willett et al., 2019, S. 451).

Nach dem Trendreport Ernährung 2025 liegt eine pflanzliche und flexitarische Ernährungsweise laut Expert:innen voll im Trend. Im Report steht diese Ernährungsweise auf Platz 1! Eine Ernährung, die überwiegend auf pflanzlichen Lebensmitteln basiert und dabei flexibel bleibt bedeutet, den Schwerpunkt auf Gemüse, Hülsenfrüchte sowie pflanzliche Alternativen zu Fleisch und Milch zu legen. Gleichzeitig wird eine offene Haltung gegenüber tierischen Produkten bewahrt, sodass diese gelegentlich ebenfalls in den Speiseplan integriert werden können. Eine pflanzliche Ernährungsweise, die Raum für tierische Produkte in Maßen zulässt, ist ein flexibler Ansatz für ein alltagstaugliches Konzept (Frey et al., 2025, S. 8). Bereits auf Platz 3 im Trendreport befindet sich eine nachhaltige und klimafreundliche Ernährung, die sich nahe am Konzept des Erstplatzierten orientiert. Eine Ernährung, die auf Nachhaltigkeit und Klimaschutz ausgerichtet ist, strebt danach, die Umweltbelastung zu minimieren. Dabei wird der Schwerpunkt auf den Einsatz von regionalen, saisonalen und biologisch erzeugten Lebensmitteln sowie auf alternative Ersatzprodukte gelegt. Durch die Unterstützung regenerativer Landwirtschaft und die Verringerung von Lebensmittelverschwendung werden Umweltbelastungen reduziert und Ressourcen geschont. Dabei ist es nicht nur die persönliche Motivation, seine eigene Umweltbilanz zu verbessern, sondern auch das neue Bewusstsein, sich mehr auf sich selbst und seine Gesundheit zu fokussieren (Frey et al., 2025, S. 15).

Jährlich sterben ca. 1,55 Millionen Menschen durch Fehlernährung. Zu diesem Ergebnis ist die Friedrich-Schiller-Universität Jena in einer Studie gekommen. Das Ziel der Studie von Pörschmann et al. (2024) war es, einen Zusammenhang zwischen ernährungsbedingten Risikofaktoren und Herzkreislauferkrankungen zu erzielen. Im Jahr 2019 starben rund 1,55 Millionen Menschen in Europa, die auf eine Fehlernährung zurückzuführen war. Dazu zählen zu wenig Vollkornprodukte oder Hülsenfrüchte und ein erhöhter Salzkonsum. Bei den kardiovaskulären Erkrankungen wird rund ein Drittel durch eine unausgewogene Ernährung erklärt (Pörschmann et al., 2024, S. 1). Eine gesunde Ernährung spielt neben anderen verhaltensbedingten Faktoren eine wesentliche Rolle bei der Vermeidung vorzeitiger Todesfälle. Die Förderung besserer Ernährungsgewohnheiten gilt daher als eine der wirksamsten Maßnahmen zur Prävention und Gesundheitsförderung (Pörschmann et al., 2024, S. 10).
