Eingriffe im MRT
Für die Planung, Durchführung und Kontrolle von minimal-invasiven Interventionen haben sich der Ultraschall und die Computertomographie (CT) als akkurate, sichere und zuverlässige Methoden zur Bildunterstützung herausgestellt. In den letzten Jahren gewinnt jedoch die Magnetresonanztomographie (MRT) auf Grund neuerer technischer Entwicklungen zunehmend an Bedeutung, da Sie erhebliche Vorteile gegenüber den anderen Verfahren aufweist.
MRT Interventionen
Anders als Ultraschall und CT kann die MRT auf Grund ihres exzellenten Weichteilkontrastes Läsionen sichtbar machen, die anderweitig nicht zu erkennen sind. Ferner ist die Temperatur mit der MRT messbar, was im Rahmen des Einsatzes bei Tumorablationen extrem hilfreich ist, da der Sicherheitssaum um den Tumor erfasst werden kann. Zusätzlich funktioniert die MRT im Gegensatz zum CT ohne ionisierende Strahlung. Die beliebige Positionierung und Aufnahme von 2D-Ebenen und 3D-Volumina im Raum ermöglicht die bildgestützte Durchführung von angulierten Interventionspfaden in Echtzeit. Mit der geeigneten Technik ist zudem die interaktive Änderung der Schichtebenen möglich. Somit können selbst schwer zu lokalisierende und schwer zugängliche Tumore wie bspw. Läsionen in der Leberkuppe nahe dem Zwerchfell unter freier Atmung punktiert werden. Durch eine MRT-geführte Intervention kann somit die Mortalität reduziert werden, es sind geringere Rezidivraten möglich und der Krankenhausaufenthalt kann gegenüber eine Operation insbesondere bei der Tumorablation verkürzt werden.
Aus diesen Gründen ist die interventionelle MRT (iMRT) ein Forschungsschwerpunkt in unserem Institut und wird auch in der Patientenversorgung eingesetzt. Neben diagnostischen Biopsien (z.B. in der Leber, den Nieren oder den Extremitäten) führen wir minimal-invasive Kortison und Botox-Injektionen und Mikrowellenablationen durch.
Bei der Ablation werden Bleistiftminen-dünne Applikatoren mit Hilfe der Echtzeitbildgebung des MRT in den zu behandelnden Tumor minimal-invasiv positioniert (siehe Abbildung 1). Anschließend wird das Gewebe lokal auf bis zu 120°C erhitzt, wodurch die Tumorzellen absterben. Diesen Prozess überwachen wir mit Hilfe eines MRT-Verfahrens zur Aufnahme von Temperaturen. Im Anschluss, zwei Monate nach der Ablation und weiterhin alle 6 Monate werden Kontrollaufnahmen durchgeführt, um den Erfolg der Behandlung zu prüfen und neu auftretende Tumore frühzeitig zu erkennen (siehe Abbildung 2).
Der Piriformis Muskel ist ein Gesäßmuskel, der durch verschiedene Ursachen wie muskuläre Verspannung oder Verkürzung Druck auf den unmittelbar angrenzend verlaufenden N. ischiadicus ausüben kann. Es kommt somit zu einem Engpass-Syndrom, das sich durch die typische Ischias-Symptomatik mit ausstrahlenden Schmerzen ins Gesäß und Bein äußert.
Bei schweren, chronischen Verläufen stellt die MRT-gesteuerte Injektion von Botulinumtoxin A (Botox®) in den Piriformis Muskel eine minimal-invasive, bildgestützte Therapieoption dar. Durch das Nervengift wird die Signalübertragung von Nerven in den Muskel verhindert, wodurch eine vorübergehende Denervierung und Schwächung des Muskels erreicht werden. Eine Schmerzlinderung wird bereits durch den verringerten Muskeltonus bewirkt, zusätzlich kommt es durch das kleinere Volumen des Muskelbauches zu einer Druckentlastung des benachbarten N. ischiadicus und zur Beseitigung des Engpasses. Der Vorteil der MRT-gesteuerten Punktion ist, dass wir sowohl die Nadel als auch den Muskel im MRT sehen können und daher das Botulinumtoxin sehr exakt in den betroffenen Muskel spritzen können (s. Abbildung 1). Dieses erhöht die Sicherheit und die Wirksamkeit deutlich. Zusätzlich kann der schmerzhafte Ischiasnerv in seinem Verlauf direkt unterhalb des M. piriformis (im Foramen infrapiriforme) durch eine Injektion von langwirksamen Lokalanästhetika und Kortikosteroiden vorübergehend betäubt werden. Dieses ist zur Durchbrechung des Akutschmerzes häufig sinnvoll.
Am Institut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie wird dieses Verfahren sowohl klinisch angewandt als auch im Rahmen von wissenschaftlichen Projekten verbessert und evaluiert. Wir arbeiten dabei eng zusammen mit der Klinik für Rehabilitationsmedizin der MHH, die alle Patienten gründlich untersuchen und andere Ursachen der Beschwerden ausschließen.
Prof. Wacker, der Direktor des Instituts für Diagnostische und Interventionelle Radiologie der MHH ist einer der Pioniere auf dem Gebiet der interventionellen MRT. Seit 1996 hat er zunächst in Berlin an der FU, dann in der Case Western University in Cleveland, Ohio und schließlich an der Johns Hopkins University in Baltimore, Maryland geforscht und Projekte im Bereich der interventionellen MRT durchgeführt. Gemeinsam mit vielen Kollegen_innen und Mitarbeiter_innen des Institutes wurden dabei insgesamt 10 Patente bzw. Patentanmeldungen eingereicht und eine Vielzahl von Publikationen und Übersichtsartikel zu diesem Thema sind entstanden.
Aufgrund dieser Expertise ist die MHH der klinische Partner im Forschungscampus STIMULATE, welches im Programm „Forschungscampus – öffentlich-private Partnerschaft für Innovationen“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) als eine von nur 10 Initiativen gefördert wird (forschungscampus-stimulate).
Ein Ziel des Forschungscampus STIMULATE liegt in der ersten Phase in der Etablierung einer routinemäßigen, vollständigen minimal-invasiven Behandlung (Ablation) von Tumoren und Metastasen des Abdomens, insbesondere der Leber, in MRT-Standardgeräten (https://youtu.be).
Ein wichtiger Forschungsaspekt ist für uns in diesem Zusammenhang das verwendete MRT-Verfahren zur Aufnahme von Temperaturen (Thermometrie) für die Therapieüberwachung, um eine totale Zerstörung des Tumors (A0-Ablation) bei gleichzeitigem Schutz des umliegenden Gewebes garantieren zu können. Des Weiteren arbeiten wir gemeinsam mit den Ingenieuren und Physikern an der Verbesserung der Ablationsgeräte und an einem Instrumententracking, um den bisherigen Interventionsansatz in einer interaktive Freihandtechnik zu überführen. Es soll eine intuitive Schichtnachführung ähnlich der Handhabung des Ultraschalls ermöglicht werden.
Neben der Zusammenarbeit mit den Physikern und Ingenieuren der OvGU Magdeburg haben die Wissenschaftler_innen der MHH aktive internationale Kooperationen mit der Johns Hopkins University und der University of Utah.
Promotion
Wir bieten die Möglichkeit einer Promotion für PhysikerInnen oder MedizinstudentInnen.
Interessierte StudentInnen haben die Möglichkeit bei uns als wissenschaftliche Hilfskräfte in dem Themenfeld zu arbeiten.
Bei Interesse melden Sie sich bitte bei Bennet Hensen hensen.bennet@mh-hannover.de
Medizinische Hochschule Hannover
Institut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie
Direktor: Prof. Dr. med. F. Wacker
Sekretariat: Tel. +49 (511) 532 3421
Ansprechpartner iMRT Klinik: Dr. med. B. Hensen
Ansprechpartnerin MRT-gesteuerte Piriformis-Injektion: Dr. med. L. Sonnow
Kooperationspartner: Jan Fritz M.D. Johns Hopkins Hospital
Ansprechpartner iMRT Forschung: Dr. rer. nat. Marcel Gutberlet