Hyperpolarisations-MRT

Das für die Hyperpolarisation von 129Xe nötige zirkular polarisierte Laserlicht.

Die konventionelle Magnetresonanztomografie ist durch die geringe Signalstärke der Magnetresonanz im Vergleich zu unvermeidbaren Rauschsignalen in seiner räumlichen und zeitlichen Auflösung beschränkt. Dies gilt besonders für die Darstellung von Substanzen mit geringer Konzentration im lebenden Gewebe wie beispielsweise Zwischenprodukte des Stoffwechsels.

Der Grund hierfür liegt unter anderem in der geringen Polarisation, d.h. Ausrichtung der Kernspins in eine Vorzugsrichtung parallel zum Hauptmagnetfeld des MRTs, zu der das messbare MR-Signal proportional ist. So trägt beispielsweise bei Wasserstoffprotonen in einem klinisch genutzten Magnetfeld von 3T bei 37°C nur etwa jedes 100.000te Wasserstoffproton zum MR-Signal bei.

Die Forschung auf dem Gebiet der Hyperpolarisation hat einige Möglichkeiten gezeigt, die Polarisation von Stoffen außerhalb des MRTs um viele Größenordnungen zu steigern, um sie dann beispielsweise als Spürsubstanz nach Inhalation oder Injektion darstellen zu können. Gemeinsam mit dem Fraunhofer-Institut für Toxikologie und Experimentelle Medizin (ITEM) betreibt das Institut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie einen Hyperpolarisator für den Atomkern Xenon-129, der auf dem Prinzip des optischen Pumpens von Rubidium durch zirkular polarisiertes Laserlicht mit anschließendem Spinaustausch beruht.

Der Standort Hannover ist einer der wenigen in Europa, an dem mit hyperpolarisiertem Xenon-129 ein hyperpolarisiertes Medium für die Anwendung im Menschen für Forschungszwecke hergestellt werden kann. Für die Messung an Probanden und Patienten stehen im CRC Hannover ein 1,5T und ein 3T MRT zur Verfügung, auch in der MHH sind 2 3T MRT und ein 1,5T MRT dafür ausgerüstet, hyperpolarisierte MRT Bilder aufzunehmen.


Funktionelle Lungen-MRT

Durch 129Xe-MRT bestimmte Belüftung der Lunge, überlagert mit konventioneller anatomischer Bildgebung. Außerdem die dynamische Gasaufnahme in Membrangewebe und rote Blutkörperchen.

Nach der Inhalation von hyperpolarisiertem Xenon-129 durch einen Probanden oder Patienten kann die ortsabhängige Belüftung durch Darstellung der Gasdichte dargestellt werden. Dies hat sich besonders im Bereich der chronisch-obstruktiven Lungenerkrankungen als nützlich erwiesen, um die regionale Lungenfunktion zu beurteilen. Durch die gute Löslichkeit von Xenon im Lungengewebe und Blut besteht darüber hinaus die einzigartige Möglichkeit, die lokale Gasaufnahme zu bestimmen. Auch die Eigenschaften der Diffusion von Xenon-Atomen sind nützlich, um frühzeitige Anzeichen der Störung der Struktur des Lungengewebes auf der Ebene der Lungenbläschen zu erkennen. Die funktionelle Lungen-MRT mit  hyperpolarisiertem Xenon-129 wird im Rahmen von klinischen Studien angewendet.


Absolute Temperaturmessungen

Durch 129Xe-MRT bestimmte Temperaturkarte, überlagert mit konventioneller anatomischer Bildgebung im Unterleib einer Ratte.

Nachdem das Xenon-129 in der Lunge in den Blutkreislauf übergegangen ist, wird es von dort in den gesamten Körper transportiert. So können
gut durchblutete und aufgrund der hohen Fettlöslichkeit von Xenon auch fetthaltige Strukturen dargestellt werden.

Eine Anwendung der 129Xe-MRT  ist die Temperaturmessung. Bei der Protonen-MRT ist die Messung der Temperatur möglich, sie basiert z.B. auf der Änderung der Resonanzfrequenz durch Temperaturänderung. Solche Messungen werden genutzt, um beispielsweise die Zerstörung von Tumorgewebe durch Hitzebehandlung (thermische Ablation)  bei gleichzeitiger Schonung von gesundem Gewebe zu überwachen. Wegen der sehr kleinen Änderung der Resonanzfrequenz von Wasserstoffprotonen besonders in fetthaltigem Gewebe sind solche Temperaturmessungen in konventioneller MRT teilweise fehleranfällig und ungenau.

Die Resonanzfrequenz von Xenon-129 in fetthaltigem Gewebe ändert sich dagegen um ein Vielfaches stärker als die von Wasserstoffprotonen, was eine erheblich genauere Messung ermöglicht. Des Weiteren ist es durch Messung des Unterschieds der Frequenz von Xenon-129 in Fett und anderen Resonanzlinien sogar möglich, die Temperatur in absoluten Einheiten anstelle von Temperaturunterschieden zu messen. Die Machbarkeit und relative Genauigkeit der Temperaturmessung in Strukturen des Unterleibs ist Gegenstand aktueller Forschung in einem Kleintiermodell, die später beispielsweise Tumorpatienten zugutekommen könnte.


Molekulare Bildgebung

Kontrollaufnahme und Aufnahme des erringerten 129Xe-Signals mit dem HyperCEST-Kontrast, der durch Cucurbit[6]uril-Moleküle entsteht. Daneben konventionelle anatomische Bildgebung. Bild: Frei nach Kern AL, et al. Z Med Phys. https://doi.org/10.1016/j.zemedi.2023.08.005, Creative-Commons-Lizenz (http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/)

Trotz der Hyperpolarisation der Spürsubstanz Xenon-129 ist die Nachweisgrenze im Vergleich zu anderen Bildgebungsmethoden wie der Positronen-Emissions-Tomografie unter Verwendung radioaktiver Spürsubstanzen immer noch verhältnismäßig hoch. Die direkte Bildgebung von niedrig konzentrierten Stoffen, die beispielsweise das Vorhandensein von auf Tumorzellen hinweisenden Proteinen anzeigen könnten, wird so erschwert.

Trotz der Eigenschaft der chemischen Trägheit als Edelgas kann Xenon-129 mit anderen Molekülen in Wechselwirkung treten und vorübergehend Hohlräume bestimmter Moleküle ausfüllen. Nach Hochfrequenzpulsen auf der Frequenz entsprechend dem im Molekül gebundenen Xenon-129 verringert sich das lokale MR-Signal. Durch diese Wechselwirkung können potenziell sehr niedrig konzentrierte Moleküle als zweite Spürsubstanz nachgewiesen werden. Diese als HyperCEST bezeichnete Methodik ist Gegenstand unserer Forschung in einem Kleintiermodell mit dem Ziel, für die Patienten in Zukunft Möglichkeiten zur molekularen Bildgebung ohne schädliche Strahlung zu schaffen.


Ansprechpartner

 

Leiter der Arbeitsgruppe: Dr. rer. nat. Agilo Kern

Institut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie – Experimentelle Radiologie

Medizinische Hochschule Hannover (MHH) OE 8220, Carl-Neuberg-Straße 1, 30625 Hannover, Deutschland