Beckenvenensklerosierung
zur minimalinvasiven Behandlung von chronischen Unterbauchschmerzen aufgrund von Krampfadern im Becken (Beckenvenensyndrom, auch bekannt als pelvic congestion syndrome oder pelvines Kongestionssyndrom)
Rund 15% aller Frauen zwischen dem 18. und 50. Lebensjahr leiden unter chronischen (über 6 Wochen andauernden) Unterbauchschmerzen. Das Beckenvenensyndrom (Pelvic Congestion Syndrome (PCS)) ist die zweithäufigste Ursache für chronische Unterbauchschmerzen, bleibt aber in vielen Fällen unerkannt1. Gerade bei jungen Patientinnen wird z.T. erst nach einem jahrelangen Leidensweg die Verdachtsdiagnose eines Beckenvenensyndroms gestellt. Das Beckenvenensyndrom wird verursacht durch eine krankhafte Erweiterung von Eierstock (Ovarial)- und Beckenvenen. Venen sind Blutgefäße, die sauerstoffarmes Blut zum Herzen führen sollen. Ist die Funktion der Venen gestört, kommt es zu einem Rückstau von Blut in den Venen und es bilden sich Krampfadern aus, die starke Beschwerden verursachen können.
Typisch für das Beckenvenensyndrom sind chronische Schmerzen und Druckgefühl im Unterbauch. Häufig verstärken sich die Beschwerden bei langem Sitzen oder Stehen, während oder nach dem Geschlechtsverkehr, während der Menstruation oder bei der Bauchpresse (z. B. Husten oder Stuhlgang).
Weitere typische Symptome sind:
- Rückenschmerzen, Hüftschmerzen, Leistenschmerzen, Flankenschmerzen
- Sichtbare Krampfadern auf dem Venushügel, den Schamlippen oder an den Beinen
- Hämorrhoidalleiden, Enddarmbeschwerden
- Verstopfung und Blähungen
- Probleme beim Wasserlassen
Frauen nach einer oder mehreren Geburten zählen zur Risikogruppe. Zudem können angeborene Abweichungen von der normalen Gefäßanatomie wie das May-Thurner Syndrom (Kompression der Iliakalvene durch die Iliakalarterie) oder das Nussknacker-Syndrom (Einengung der linken Nierenvene durch die obere Darmarterie und Bauchschlagader) die Entstehung eines Beckenvenensyndroms fördern.
Die durch das Beckenvenensyndrom verursachten Beschwerden können das tägliche Leben stark beeinträchtigen. Von den zur Auswahl stehenden Behandlungsmöglichkeiten – z.B. Hormontherapie, Schmerztherapie, chirurgische Entfernung von Gebärmutter und Eierstöcken – ist die minimalinvasive Verödung (Skerosierung) der Beckenvenen die effizienteste und am wenigsten invasive Therapieoption1.
Bei der Beckenvenensklerosierung wird über eine Vene in der Leiste ein Katheter (= ein ca. 1mm durchmessender Kunststoffschlauch) unter Röntgenkontrolle bis in die Ovarialvene vorgebracht. Bestätigt sich hier der Verdacht eines Rückstaus von Blut, wird ein aufschäumendes Sklerosierungsmittel zur Verödung der Krampfadern verabreicht. Gegebenenfalls werden zusätzlich wenige Millimeter große Platinspiralen oder andere sanfte Verschlusssysteme in die Becken- und Ovarialvenen eingebracht, um die Krampfadern endgültig zu verschließen. So sinkt der Druck auf die Gefäße und die o.g. Beschwerden bilden sich zurück.
Für die Therapie ist ein kleiner Einstich in der Leiste notwendig, der unter lokaler Betäubung durchgeführt wird. Eine Vollnarkose (und die damit verbundenen Risiken) ist nicht notwendig, während des gesamten mikrotherapeutischen Eingriffs sind unsere Patientinnen somit bei vollem Bewusstsein. Während und nach dem Eingriff treten im Allgemeinen keine oder nur geringe Schmerzen auf, so dass unsere Patientinnen nur bei Bedarf Schmerzmittel erhalten.
Für den Eingriff ist in der Regel ein Krankenhausaufenthalt über maximal 2 Nächte erforderlich. Komplikationen während oder nach der Beckenvenensklerosierung sind selten5, die Therapie hat keine negativen Auswirkungen auf den Menstruations-Zyklus oder auf die Fruchtbarkeit2.
Die Ergebnisse dieser Katheter-basierten Behandlung des Beckenvenensyndroms sind mit einer Erfolgsquote von über 80% vielversprechend2–4. In der Regel sind unsere Patientinnen nach einer Sitzung beschwerdefrei, nur in Einzelfällen sind weitere Therapiesitzungen notwendig.
Da wir häufig junge Patientinnen mit Beckenvenensyndrom behandeln, liegt uns der Schutz vor unnötiger Röntgenstrahlung besonders am Herzen. An der Medizinischen Hochschule Hannover wird dieser Eingriff daher durch die neueste Generation von Angiographiegeräten unterstützt.
Bei der Verdachtsdiagnose eines Beckenvenensyndroms erfolgt die Durchführung einer Sonographie und/oder eine Schnittbildgebung mittels Magnetresonanztomographie (MRT). So kann hier eine andere Ursache der Unterbauchschmerzen ausgeschlossen werden und gleichzeitig werden die Blutgefäße des Beckens dargestellt. Mögliche Abweichungen von der normalen Gefäßanatomie können so vor dem eigentlichen Eingriff identifiziert und die Untersuchung entsprechend geplant werden.
Bei Interesse an diesem Verfahren können Sie über das Sekretariat der Interventionellen Radiologie einen Termin in unserer Sprechstunde vereinbaren. Bitte bringen Sie zu diesem Termin sämtliche bislang erhobenen Untersuchungsergebnisse sowie eventuell vorhandene CT/MRT-Untersuchungen des Beckens (als CD/DVD) mit.
1. Meissner M, Gibson K. Clinical outcome after treatment of pelvic congestion syndrome: Sense and nonsense. Phlebology. 2015;30(1_suppl):73-80. doi:10.1177/0268355514568067
2. Kim HS, Malhotra AD, Rowe PC, Lee JM, Venbrux AC. Embolotherapy for Pelvic Congestion Syndrome: Long-term Results. J Vasc Interv Radiol. 2006;17(2, Part 1):289-297. doi:10.1097/01.RVI.0000194870.11980.F8
3. Phillips D, Deipolyi AR, Hesketh RL, Midia M, Oklu R. Pelvic Congestion Syndrome: Etiology of Pain, Diagnosis, and Clinical Management. J Vasc Interv Radiol. 2014;25(5):725-733. doi:10.1016/j.jvir.2014.01.030
4. Antignani P-L, Lazarashvili Z, Monedero JL, et al. Diagnosis and treatment of pelvic congestion syndrome: UIP consensus document. Int Angiol. 2019;38(4):19.
5. Ganeshan A, Upponi S, Hon L-Q, Uthappa MC, Warakaulle DR, Uberoi R. Chronic Pelvic Pain due to Pelvic Congestion Syndrome: The Role of Diagnostic and Interventional Radiology. Cardiovasc Intervent Radiol. 2007;30(6):1105-1111. doi:10.1007/s00270-007-9160-0