Achalasie
Unter Achalasie versteht man eine Funktionsstörung der glatten Muskulatur von Hohlorganen, die auf Grund einer fehlenden Erschlaffung (Tonusminderung) der Muskulatur eine Verschlussfunktion ausüben. Als Achalasie der Speiseröhre (Ösophagus) wird eine bei Kindern seltene motorische Störung des unteren Speiseröhrenanteils bezeichnet, bei der es zu einer mangelnden Erschlaffung des unteren Speiseröhrensschließmuskels (Ösophagussphinkter) mit draus resultierender Engstellung kommt. Der Speiseröhrenanteil, der darüber liegt, ist daher aufgeweitet (dilatiert) und träge (hypoperistaltisch).
Die Ursache der Achalasie sind krankhaft veränderte Nervenzellen in der muskulären Wand der Speiseröhre. Die Kinder fallen in der Regel durch unzureichende Nahrungsaufnahme, Erbrechen unverdauter Nahrung und eine Gedeihstörung auf. Diagnostiziert wird die Achalasie durch eine Röntgen-Breischluck-Untersuchung, bei der sich die Engstelle im unteren Speiseröhrenanteil und Aufweitung des oberen Speiseröhrenanteils zeigt (Abb. 1). Durch eine Druckmessung in unterschiedlichen Abschnitten der Speiseröhre (Ösophagusmanometrie) kann eine Zone mit erhöhter Spannung der Speiseröhrenmuskulatur (sog. Hochdruckzone) nachgewiesen werden. Durch eine Spiegelung der Speiseröhre (Endoskopie) kann man unter Umständen oberhalb der Achalasie einen Aufstau von Nahrungsresten oder Zeichen einer Speiseröhren-Entzündung durch zurückgeflossene Magensäure beobachten.
Da sich medikamentöse Therapien, Dilatationen und die Injektion von Medikamenten in den Speiseröhrenschließmuskel nicht durchgesetzt haben ist die operative Therapie die Methode der Wahl. Das Prinzip besteht darin in der Durchtrennung sämtlicher Muskelschichten der unteren Speiseröhre einschließlich des Übergangs in den Magen (Kardia) unter Erhalt der Schleimhaut (Mukosa). Diese Operationsmethode heißt „Ösophagomyotomie nach Heller“.
Die erste Kontaktaufnahme erfolgt immer durch ein ambulantes Informationsgespräch in unserer kinderchirurgischen Poliklinik (Kontaktdaten siehe unten). Dabei werden die Möglichkeiten der Behandlung dargestellt und Ihre Fragen ausführlich besprochen. Bitte bringen Sie zum ersten ambulanten Informationsgespräch alle bereits vorliegenden Untersuchungsergebnisse mit.
Dennoch sind häufig zusätzliche Untersuchungen nötig, die auch zum Teil in Wohnortnähe durchgeführt werden können:
24 h pH-Metrie (Säuremessung)
Bei dieser Untersuchung wird ein sehr dünnes Kabel mit 2 Messsensoren durch die Nase in die Speiseröhre Ihres Kindes gelegt. Ein hieran angeschlossenes tragbares Gerät misst den pH-Wert, also den Säuregehalt, am unteren Ende der Sonde an zwei Messpunkten auf. Fließt nun saurer Magensaft in die Speiseröhre zurück, verändert sich der pH-Wert. So kann man sehen, wie lange und wie häufig der Magensaft aufgestiegen ist. Mit dieser Methode lässt sich jedoch keine Aussage zur Schädigung der Schleimhaut der Speiseröhre oder der Lunge treffen.
(Röntgen-) Breischluck-Untersuchung
Diese Untersuchung führt man nicht durch, um einen Reflux nachzuweisen, sondern um Fehlbildungen oder Erkrankungen, die einen Reflux begünstigen (z.B. einen Zwerchfellbruch oder „Hiatushernie“). Im Falle einer Achalasie findet sich eine Engstelle im unteren Speiseröhrenanteil und Aufweitung des oberen Speiseröhrenanteils.
Gastroskopie (Magenspiegelung oder Ösophagogastroduodenoskopie („ÖGD“))
Um eine Aussage zur Schädigung der Schleimhaut der Speiseröhre treffen zu können, kann es im Einzelfall erforderlich sein, eine Speiseröhren- und Magenspiegelung durchzuführen. In Vollnarkose wird ein flexibler Schlauch, an dem eine Kamera angeschlossen ist, in die Speiseröhre und in den Magen eingeführt. Wird entzündete Schleimhaut gesehen, kann man mit einer kleinen Zange winzige Proben aus der Schleimhaut entnehmen und untersuchen.
„Ösophagomyotomie nach Heller“ oder Heller-Myotomie
Diese Operation wird in unserem Zentrum altersunabhängig immer laparoskopisch durchgeführt. Hierbei bringt der Kinderchirurg im Bauchnabel einen kleinen Schnitt an, durch den er ein dünnes Röhrchen (Trokar) in den Bauchraum führt. Durch den Trokar wird Luft in den Bauchraum geblasen und eine Kamera eingeführt (Bauchspiegelung). Hiermit kann der ganze Bauch inspiziert werden. Danach werden über zwei oder drei weitere 3mm lange Hautschnitte zusätzliche Arbeitskanäle (Trokare) in den Bauch eingebracht. Bei der Heller-Myotomie wird die Muskulatur der Speiseröhre einschließlich des ersten Teils des Magens (Kardia) über eine Strecke von ca. 5cm eingeschnitten und gespreizt (Abb. 2-6). Zuvor stattgehabte Bougierungen sind keine Kontraindikation für dieses Vorgehen. Einigkeit besteht darüber, dass in derselben Sitzung eine sogenannte Fundoplikatio angelegt wird (die Speiseröhre wird dabei mit Teilen des Magens manschettenartig umschlungen, um einen Ventilmechanismus zu erzeugen) (Abb. 7). Dadurch soll einem Zurückfließen von saurem Magensaft in die Speiseröhre vorgebeugt werden (gastroosöphagealer Reflux). Die Trägheit bzw. die „motorische Störung“ der Speiseröhre bleibt nach der Myotomie bestehen und kann im Langzeitverlauf problematisch werden. Deshalb und wegen der Möglichkeit von Rezidiven (Wiederkehr derselben klinischen Symptome) sind Kinder nach einer Myotomie einem jährlichen Nachsorgeprogramm zuzuführen. Auch ein Achalasie-Rezidiv kann wiederum erfolgreich minimal-invasiv operiert werden.
Nach dem Eingriff verbleibt Ihr Kind zunächst noch im Aufwachbereich, wo Sie jedoch bereits wieder am Bett sitzen können. Danach erfolgt die Verlegung auf die Normalstation. Wenige Stunden nach der Operation kann Ihr Kind meistens bereits wieder erste Nahrung zu sich nehmen. Für eine Heller-Myotomie ist in der Regel ein 3-4 Tage andauernder stationärer Aufenthalt im Krankenhaus ausreichend.
Konservative Therapie
Die medikamentöse Therapie mit einem sogenannten „Calciumantagonisten“ (Wirkstoff: Nifedipin), eine pharmakologisch-interventionelle Therapie durch Injektion von Botulinustoxin (einem Nervengift) oder auch endoskopische Dehnungen der Speiseröhre (Bougierungen) führen wir in unserer Klinik nicht durch, da ihre langfristige Wirkung nicht belegt ist. Daher ist die operative Therapie die Methode der Wahl.
Eine Wiedervorstellung zur Nachuntersuchung bei uns ist erst wieder nach ein paar Wochen vorgesehen. Da wir nur Fäden verwenden, die sich von selber auflösen, erfolgen die ersten postoperativen Kontrollen nach der Entlassung durch Ihren Kinderarzt bzw. Kinderärztin. Sollten allerdings noch Fragen offen bleiben oder wir im Einzelfall eine frühere Nachuntersuchung bei uns für angebracht halten, können Sie sich jederzeit wieder bei uns vorstellen.