Bronchogene Zyste
Zyste (von griechisch: kystis = Blase) ist ein durch ein Häutchen (Epithel) abgeschlossener Gewebehohlraum, der gekammert sein kann und Flüssigkeit enthält.
Bronchogen: Dem Gewebe eines Bronchus entspringend.
Vorderdarm: Der mundseitige Abschnitt des primitiven Darmrohrs, das während der Entwicklung des Embryos (im Mutterleib) angelegt wird.
Mediastinum (Mittelfellraum): Senkrecht verlaufender Gewebsraum in der Brusthöhle. Er reicht vom Zwerchfell bis zum Hals und wird nach vorne vom Brustbein und nach Hinten von der Wirbelsäule begrenzt.
Der gesamte Magen-Darm-Trakt wird während der Entwicklung des Embryos in verschiedenen Entwicklungsschritten angelegt. Zunächst entsteht ein „primitives“ Darmrohr, dessen erster (mundseitigen) Abschnitt „Vorderdarm“ genannt wird. Aus diesem Vorderdarm entstehen der Rachen, Kehlkopf, Speiseröhre, Magen und der erste Teil des Zwölffingerdarms. Durch Aussprossung aus dem Vorderdarm entstehen aber auch die Luftröhre und die Lungen.
Nimmt diese Aussprossung (Knospung) einen abnormen Verlauf, kann im vorderen (ventralen) Teil des Vorderdarms eine Zyste entstehen. Diese nennt man dann Bronchogene Zyste.
Bronchogene Zysten sind zwar selten, machen aber ca. 40–50% aller Raumforderungen im sogenannten Mediastinum (siehe oben) aus. Sie können aber auch in der Lunge (intrapulmonal) vorkommen. Weitere Lokalisationen sind im Halsbereich oder selten sogar unterhalb des Zwerchfells. Es besteht keine Verbindung zur Luftröhre oder den Bronchien, daher sind die Zysten nicht lufthaltig.
2/3 aller Patienten fallen im Säuglingsalter mit Symptomen auf, die sich aus der Lage und Größe der Zyste ergeben: Husten, lautes Einatemgeräusch (sog. „Stridor“), Atemnot oder Entzündungen der Luftwege (Lungenentzündung (=“Pneumonie“)) oder wiederkehrende Bronchitiden. Gelegentlich gelingt die Diagnose bereits vor der Geburt, wenn im Rahmen der LINK Pränatalsprechstunde im Ultraschall eine zystische Struktur im Mediastinum gesehen wird. Da es in diesem Bereich unterschiedliche angeborene Fehlbildungen gibt (LINK CPAM; LINK Congenitales Lobäres Emphysem; LINK Lungensequester), muss man richtigerweise zu diesem Zeitpunkt von einer „Kongenitalen Thorakalen Malformation“ sprechen.
Nach der Geburt kann man eine Bronchogene Zyste in einer Röntgenaufnahme des Brustkorbs als dichte, rundliche Struktur nachweisen. Im sich anschließenden Computertomogramm oder Kernspintomogramm des Brustkorbs (CT oder MRT) stellt sich die Bronchogene Zyste als schleimgefüllte Struktur ohne Aufnahme von Kontrastmittel dar.
Bei älteren Kindern werden Bronchogene Zysten meist völlig zufällig auf Röntgenbildern des Brustkorbs, die aus anderen Gründen angefertigt werden, entdeckt.
Bronchogene Zysten sollten wegen der Gefahr von Komplikationen wie Infektion und bösartiger Entartung der Zystenwand auch bei Kindern, die keine Beschwerden haben, komplett entfernt werden. Liegt die Zyste innerhalb der Lunge (intrapulmonal), ist eine örtliche Entfernung unter Schonung des umgebenden Lungengewebes anzustreben. Eine Entfernung des betreffenden Lungenlappens (Lobektomie) ist nur selten notwendig.
Die erste Kontaktaufnahme erfolgt entweder durch ein ambulantes Informationsgespräch in unserer kinderchirurgischen Poliklinik (Kontaktdaten siehe unten) oder auf der Station, auf welcher Ihr Kind betreut wird. Dabei werden die Möglichkeiten der Behandlung dargestellt und Ihre Fragen ausführlich besprochen. Bitte bringen Sie zum ersten Informationsgespräch alle bereits vorliegenden Untersuchungsergebnisse mit. Die endgültige Indikationsstellung für eine Operation erfolgt grundsätzlich gemeinsam mit der Klinik für LINK Klinik für Pädiatrische Pneumologie, Allergologie und Neonatologie in der interdisziplinären Thoraxkonferenz.
Im Folgenden werden häufige Untersuchungen genannt, die bei V.a. Bronchogene Zyste durchgeführt werden:
- Röntgenuntersuchung des Brustkorbs
- Computertomographie oder Kernspintomographie des Brustkorbs:
Mit diesen Verfahren, die auch „Schnittbildgebung“ genannt werden, kann die Lokalisation und Größe der Bronchogenen Zyste genau bestimmt werden. Die Informationen dienen dem Kinderchirurgen vor allem zur Abschätzung, welches operative Verfahren (offen oder thorakoskopisch) bei Ihrem Kind das geeignetste ist.
- (Röntgen-) Breischluck-Untersuchung
Diese Untersuchung kann im Einzelfall sinnvoll sein. Hierdurch wird nicht die Zyste selber nachgewiesen, sondern vielmehr dessen Umrisse durch Darstellung der Speiseröhre. Ihr Kind muss hierzu einen speziellen Brei schlucken, der nicht für Röntgenstrahlen durchlässig ist. Den Transport des Breis durch die Speiseröhre und deren Verlauf kann man dann, insbesondere in Bezug auf die Lokalisation der Zyste untersuchen.
Ist bei Ihrem Kind die Diagnose einer Bronchogenen Zyste gestellt und die Indikation zur Operation in einem ausführlichen Gespräch mit Ihren besprochen worden, wird Ihr Kind auf unserer Kinderchirurgischen Stationen aufgenommen. Die Operation kann entweder minimal invasiv oder offen durchgeführt werden.
Minimal invasive Operationstechnik / Thorakoskopische Resektion
Je nach Lokalisation der Bronchogenen Zyste werden bei der thorakoskopischen (minimal-invasiven) Operationstechnik über den rechts- oder linksseitigen Brustkorb drei oder vier kleine Schnitte (ca. 3-5mm) angebracht. Durch diese Schnitte wird jeweils ein dünnes Röhrchen (Trokar) in den Brustraum eingeführt. Über einen dieser Trokare wird zudem Luft in die Brusthöhle geblasen und eine Kamera eingeführt (Brustkorbspiegelung oder „Thorakoskopie“). Hiermit kann der betroffene einseitige Brustkorb inspiziert werden. Die übrigen Trokare dienen dem Einführen von kleinen Arbeitsinstrumenten, die zur Entfernung der Zyste benötigt werden.
Meistens wird eine kleine Drainage (sog. Thoraxdrainage oder Pleuradrainage) in den Pleuraspalt (dem Raum zwischen Lungenoberfläche und dem Rippenfell) gelegt, um den physiologischen Unterdruck aufrecht zu erhalten bzw. wiederherzustellen. Manchmal wird auch ein kontrollierter Sog angelegt, dies dient der Förderung von Wundsekret oder Luft aus dem Pleuraspalt. Diese Drainage wird in der Regel jedoch zeitnah nach der Operation wieder entfernt.
Nicht alle Kinder können minimalinvasiv operiert werden. Hierbei spielen Faktoren, wie das Geburtsgewicht, Ausdehnung der Zyste, weiteren Fehlbildungen (wie zum Beispiel Herzfehler) und vor allem auch die Dringlichkeit der Behandlung eine Rolle. Auch kann es sein, dass der Kinderchirurg aus technischen Gründen, wenn zum Beispiel die Übersicht bei der Brustkorbspiegelung ungenügend ist, zur offenen Operationstechnik wechseln muss.
Operationstechnik
Die offene Operationstechnik unterscheidet sich hauptsächlich durch die Art des Zugangs zum Operationsgebiet von der minimal invasiven Technik. Anstelle der drei oder vier kleinen Schnitte erfolgt hierbei ein einzelner, längerer Hautschnitt über dem jeweiligen Zwischenrippenraum – je nach Lokalisation der Zyste – um Zugang zum zu Operationsgebiet zu gewähren. Auch bei dieser Technik kann es nötig sein, eine Thoraxdrainage einzulegen, rasch wieder entfernt wird.
Wir verwenden grundsätzlich resorbierbares Nahtmaterial. Daher ist nach der Operation keine Fadenentfernung nötig. Falls während der Operation eine Thoraxdrainage gelegt wurde, wird diese wenige Tage nach der Operation wieder entfernt. Die Narbenbildung ist von der individuellen Veranlagung abhängig.
Patienten mit einer Bronchogenen Zyste müssen nach der Operation noch einige Tage im Krankenhaus bleiben. Über diesen Zeitraum werden Kind und Mutter auf der LINK kinderchirurgischen Station 66 von unseren Kinderkrankenschwestern und dem ärztlichen Team betreut.
3 Monate nach Entfernung der Bronchogenen Zyste erfolgt die Wiedervorstellung in unserer Kinderchirurgischen Poliklinik. Hier führen wir sowohl eine klinische als auch eine radiologische (Röntgenbild des Brustkorbs) Verlaufskontrolle durch. Danach können sich jährliche Nachuntersuchungen bis in das Jugendalter anschließen, bei Symptomen auch kurzfristig und ggf. gemeinsam mit unserer LINK Klinik für Pädiatrische Pneumologie, Allergologie und Neonatologie.