Kongenitale pulmonale Atemwegsmalformation (CPAM)
Die angeborene Atemwegsfehlbildung der Lunge (CPAM von engl: congenital pulmonary airway malformation) ist eine angeborene Erkrankung, bei der das Lungengewebe durch zahlreiche Zysten (= luftgefüllte Hohlräume) durchsetzt ist. Die Häufigkeit beträgt 1:11000 bis 1:35000 Lebendgeborene.
Die CPAM betrifft meistens nur einen Lungenlappen und ist in ca. 60% der Fälle auf der linken Seite zu finden. In bis zu 4% der Fälle wird über beidseitiges Auftreten der CPAM berichtet. Oft wird heute die CPAM bereits vor der Geburt im Rahmen der regulären Ultraschalluntersuchungen diagnostiziert. Da es unterschiedliche angeborene Fehlbildungen gibt (LINK Bronchogene Zyste; LINK Congenitales Lobäres Emphysem; LINK Lungensequester), muss man richtigerweise zu diesem Zeitpunkt von einer „Kongenitalen Thorakalen Malformation“ sprechen.
Kinder mit CPAM können nach der Geburt völlig unauffällig sein. Das mögliche Spektrum der Symptome reicht je nach Ausprägung der Malformation von leicht erschwerter Atmung (Dyspnoe) oder erhöhter Atemfrequenz (Tachypnoe) bis zum globalen Lungenversagen aufgrund einer schweren beidseitigen Unterentwicklung der Lunge (Lungenhypoplasie).
Nach dem US-amerikanischen Pathologen Stocker werden folgende Typen der CPAM unterschieden:
Azinaere Dysplasie (Stocker Typ 0)) – sehr selten, hier fehlt die gesamte Lunge
Makrozystische CPAM (Stocker Typ 1) - häufig
Eine oder mehrere Zysten mit einem Durchmesser größer als 2 cm. Mikroskopisch sind die Zysten mit zilientragenden respiratorischen Epithelzellen * sowie schleimbildenden Zellen ausgekleidet. Die Zystenwand besteht teils aus glatter Muskulatur und elastischem Gewebe.
* Zilien = feine bewegliche Zellfortsätze; Epithel = Sammelbezeichnung für Deckgewebe und Drüsengewebe.
Mikrozystische CPAM (Stocker Typ 2) - häufig
Zahlreiche, kleine, miteinander kommunizierende Zysten kleiner als 1cm. Mikroskopisch enthält die dünne Zystenwand glatte Muskulatur und ist von kubischen bis zylindrischen Flimmerepithel ausgekleidet.
Solide CPAM (Stocker Typ 3) - selten
Solide, adenomatoide, luftleere (nicht-zystische) Masse. Mikroskopisch bestehend aus dünnen (englumigen), unreifen Strukturen mit Ansammlung schleimbildender Zellen.
(Peripher-zystische CPAM (Stocker Typ 4)) – sehr selten, kann mit bösartigen Tumoren verwechselt werden
Wenn die CPAM Symptome verursacht, wird meist die chirurgische Entfernung empfohlen. Nicht geklärt ist, ob man auch die Kinder operieren muss, die asymptomatisch sind. Auch in den Fällen, bei denen die CCAM keinen raumfordernden Charakter hat bzw. gesunde Strukturen im Brustkorb verdrängt, warten viele Chirurgen mit der Operation.
Oft werden die Kinder bereits in unserer LINK Pränatalsprechstunde vorstellt, nachdem im Rahmen der Ultraschalluntersuchungen während der Schwangerschaft eine auffällige Struktur im Bereich der Lungen diagnostiziert wurde. Die Lungenfehlbildung (Malformation) stellt sich als klein-, mittel- oder großzystische Struktur mit Blutversorgung aus dem Lungenkreislauf dar, die sich von der normalen Lungenstruktur abhebt (Abb. 1). Differentialdiagnostisch muss hier an (LINK Bronchogene Zyste; LINK Congenitales Lobäres Emphysem; LINK Lungensequester) gedacht werden.
Die Geburt wird am errechneten Termin angestrebt und kann in der Regel auf natürlichem Weg erfolgen. Nur bei ausgeprägten Befunden ist ein Kaiserschnitt indiziert.
Wir operieren Neugeborene mit Symptomen oder gar beatmungspflichtige Patienten bald bzw. nach Stabilisierung. Bei Kindern ohne Symptome hingegen wird zunächst am ersten Lebenstag ein Röntgenbild des Brustkorbs (Thorax) sowie im Verlauf eine thorakale Computertomographie (CT) durchgeführt und dann das operative Vorgehen und der Operationszeitpunkt festgelegt. Die Indikationsstellung für eine Operation erfolgt grundsätzlich gemeinsam mit LINK Klinik für Pädiatrische Pneumologie, Allergologie und Neonatologie in der interdisziplinären Thoraxkonferenz.
Bei asymptomatischen Patienten wird häufig eine Resektion (operative Entfernung) der Malformation im Alter von 6-12 Monaten angeboten. Somit wird dem gesunden Lungengewebe eine Möglichkeit zur frühzeitigen Regeneration gegeben.
Minimal invasive Operationstechnik / Thorakoskopische Resektion
Je nach Lokalisation der Malformation werden bei der thorakoskopischen (minimalinvasiven) Operationstechnik über den rechts- oder linksseitigen Brustkorb vier kleine Schnitte (ca. 3-5 mm) angebracht. Durch diese Schnitte wird jeweils ein dünnes Röhrchen (Trokar) in den Brustraum eingeführt. Über einen dieser Trokare wird zudem Luft in die Brusthöhle geblasen und eine Kamera eingeführt (Brustkorbspiegelung oder „Thorakoskopie“). Hiermit kann der Brustkorb inspiziert werden. Die übrigen Trokare dienen dem Einführen von kleinen Arbeitsinstrumenten, die zur Entfernung der Malformation benötigt werden. Das Ausmaß der Resektion richtet sich nach der Größe des Befundes und reicht von einer „atypischen“ Lungenresektion bis zur Entfernung des gesamten betroffenen Lungenlappens.
Häufig wird eine kleine Drainage (sog. Thoraxdrainage oder Pleuradrainage) in den Pleuraspalt (dem Raum zwischen Lungenoberfläche und dem Rippenfell) gelegt, um den physiologischen Unterdruck aufrecht zu erhalten bzw. wiederherzustellen. Manchmal wird auch ein kontrollierter Sog angelegt, dies dient der Förderung von Wundsekret oder Luft aus dem Pleuraspalt. Diese Drainage wird in der Regel jedoch zeitnah nach der Operation wieder entfernt.
Nicht alle Kinder können minimalinvasiv operiert werden. Hierbei spielen Faktoren, wie das Geburtsgewicht, Ausdehnung der Malformation, weiteren Fehlbildungen (wie zum Beispiel Herzfehler) und vor allem auch die Dringlichkeit der Behandlung eine Rolle. Auch kann es sein, dass der Kinderchirurg aus technischen Gründen, wenn zum Beispiel die Übersicht bei der Brustkorbspiegelung ungenügend ist, zur offenen Operationstechnik wechseln muss.
Offene Operationstechnik
Die offene Operationstechnik unterscheidet sich hauptsächlich durch die Art des Zugangs zum Operationsgebiet von der minimal invasiven Technik. Anstelle der drei oder vier kleinen Schnitte erfolgt hierbei ein einzelner, längerer Hautschnitt über dem jeweiligen Zwischenrippenraum – je nach Lokalisation der CPAM – um Zugang zur Lunge zu gewähren. Auch bei dieser Technik kann es nötig sein, eine Thoraxdrainage einzulegen, die rasch wieder entfernt wird.
Wir verwenden grundsätzlich resorbierbares Nahtmaterial. Daher ist nach der Operation keine Fadenentfernung nötig. Die Narbenbildung ist von der individuellen Veranlagung abhängig.
Patienten mit einer CPAM müssen nach der Operation einige Tage im Krankenhaus bleiben. Über diesen Zeitraum werden Kind und Mutter auf der LINK kinderchirurgischen Station 66 von unseren Kinderkrankenschwestern und dem ärztlichen Team betreut.
3 Monate nach Entfernung der CPAM erfolgt die Wiedervorstellung in unserer Kinderchirurgischen Poliklinik. Hier führen wir sowohl eine klinische als auch eine radiologische (Röntgenbild des Brustkorbs) Verlaufskontrolle durch. Danach sind jährliche Nachuntersuchungen bis in das Jugendalter vorgesehen, bei Symptomen auch kurzfristig und ggf. gemeinsam mit unserer LINK Klinik für Pädiatrische Pneumologie, Allergologie und Neonatologie.