Kongenitales lobäres Emphysem
Fremdwörter:
Kongenital– angeboren
Lobär – einen Lungenlappen betreffend
Emphysem - übermäßiges oder an ungewohnter Stelle aufgetretenes Vorkommen von Luft
Diese angeborene Erkrankung eines Lungensegments oder -lappens wird durch einen Ventilmechanismus der fehlgebildeten Bronchuswand ausgelöst. Häufig fehlt der stabilisierende Bronchialknorpel so dass nach dem Einatmen die Luft in einem Lungenabschnitt gefangen wird. Dieser ansonsten normale Abschnitt bläht sich stark auf und drückt das benachbarte Lungengewebe zusammen. Am häufigsten sind die Lungen-Oberlappen (links mehr als rechts) betroffen. Die Ausbildung des Krankheitsbildes hängt von einer funktionierenden Luftatmung ab, deshalb ist die vorgeburtliche Diagnose selten. Bei etwa 25% der Kinder sind die Symptome zum Zeitpunkt der Geburt vorhanden, in 50% der Fälle treten sie innerhalb des 1. Lebensmonats auf. Eine Diagnosestellung nach dem 6. Lebensmonat ist selten.
Bei einer akuten Form fallen die Kinder durch Atemnot, Zyanose (bläuliche Hautfarbe) und Einziehungen der Zwischenrippenmuskulatur auf. Bei den chronischen Formen können häufige Atemwegsinfektionen hinweisend sein.
Besteht der Verdacht auf eine angeborene Fehlbildung der Lunge, fertigen wir am ersten Lebenstag ein Röntgenbild des Brustkorbs (Thorax) an. Im Verlauf wird dann eine Computertomographie (CT) des Brustkorbs durchgeführt. Hiernach kann meist die korrekte Diagnose gestellt und weitere wichtige Differentialdiagnosen (z.B. kongenitale zystische Lungenfehlbildung (sog. CCAM) oder ein Lungensequester ausgeschlossen werden.
Nach dieser Basisdiagnostik wird dann unter Berücksichtigung des klinischen Zustands des Kindes das weitere Vorgehen festgelegt.
Auch wenn bei sehr milden Formen in Einzelfällen bei fehlenden Symptomen eine abwartende Haltung eingenommen werden kann, müssen die meisten Kinder operiert werden Auch Neugeborene mit Symptomen oder gar Kinder, die künstlich beatmet werden müssen, können, wenn Sie stabil sind, bald operiert werden. Den individuellen Behandlungsvorschlag erarbeiten wir gemeinsam mit den Kollegen der pädiatrischen Pulmologie (Lungenheilkunde).
Minimal invasive Operationstechnik / Thorakoskopische Resektion
Je nach Lokalisation der Malformation werden bei der thorakoskopischen (minimalinvasiven) Operationstechnik über den rechts- oder linksseitigen Brustkorb drei oder vier kleine Schnitte (ca. 2-3mm) angebracht. Durch diese Schnitte wird jeweils ein dünnes Röhrchen (Trokar) in den Brustraum eingeführt. Über einen dieser Trokare wird zudem Luft in die Brusthöhle geblasen und eine Kamera eingeführt (Brustkorbspiegelung oder „Thorakoskopie“). Hiermit kann der betroffene einseitige Brustkorb inspiziert werden. Die übrigen Trokare dienen dem Einführen von kleinen Arbeitsinstrumenten, die zur Entfernung der Malformation benötigt werden. Das Ausmaß der Resektion richtet sich nach der Größe des Befundes und reicht von einer atypischen Teilresektion bis zur Entfernung des betroffenen Lungenlappens.
In Einzelfällen wird eine kleine Drainage (sog. Thoraxdrainage oder Pleuradrainage) in den Pleuraspalt (dem Raum zwischen Lungenoberfläche und dem Rippenfell) gelegt, um den physiologischen Unterdruck aufrecht zu erhalten bzw. wiederherzustellen. Manchmal wird auch ein kontrollierter Sog angelegt, dies dient der Förderung von Wundsekret oder Luft aus dem Pleuraspalt. Diese Drainage wird in der Regel jedoch zeitnah nach der Operation wieder entfernt.
Nicht alle Kinder können minimalinvasiv operiert werden. Hierbei spielen Faktoren, wie das Geburtsgewicht, Ausdehnung der Lungenfehlbildung, weitere Erkrankungen (wie zum Beispiel Herzfehler) und vor allem auch die Dringlichkeit der Behandlung eine Rolle. Auch kann es sein, dass der Kinderchirurg aus technischen Gründen, wenn zum Beispiel die Übersicht bei der Brustkorbspiegelung ungenügend ist, zur offenen Operationstechnik wechseln muss.
Offene Operationstechnik
Die offene Operationstechnik unterscheidet sich hauptsächlich von der minimal invasiven Technik durch die Art des Zugangs zum Operationsgebiet. Anstatt der drei oder vier kleinen Schnitte erfolgt hierbei ein einzelner, längerer Hautschnitt über dem jeweiligen Zwischenrippenraum – je nach Lokalisation der Lungenfehlbildung – um Zugang zum zu resezierenden Lungenanteil zu gewähren. Auch bei dieser Technik kann es nötig sein, eine temporäre Thoraxdrainage einzulegen, die im stationären Aufenthalt wieder entfernt wird.
Wir verwenden grundsätzlich resorbierbares Nahtmaterial. Daher ist nach der Operation keine Fadenentfernung nötig. Die Narbenbildung ist von der individuellen Veranlagung abhängig.
Bis zum dritten Lebensjahr wird verlorengegangenes Lungengewebe in Teilen neu gebildet, sodass meist eine normale Belastbarkeit in Berufsleben und Sport resultiert und weit über 90% der Kinder eine normale Lungenfunktion entwickeln. Die Langzeitergebnisse sind also exzellent.
Patienten mit einem Kongenitalen lobären Emphysem müssen nach der Operation noch einige Tage bis Wochen (je nach Geburtsgewicht und Begleiterkrankungen) im Krankenhaus bleiben. Über diesen Zeitraum werden Kind und Mutter auf der Säuglingsstation von unseren Kinderkrankenschwestern und dem ärztlichen Team betreut.
3 Monate nach Entfernung des betroffenen Lungenabschnitts erfolgt die Wiedervorstellung beim Operateur in unserer Kinderchirurgischen Poliklinik. Hier führen wir sowohl eine klinische als auch eine radiologische (Röntgenbild des Brustkorbs) Verlaufskontrolle durch.