Malrotation/Volvulus
Als Malrotation wird ein großes Spektrum von anatomischen Varianten einer Darmlageanomalie beschrieben, die durch eine gestörte Darmdrehung sowie von Darmanheftungen während der Schwangerschaft (Embryonalentwicklung) gekennzeichnet ist.
Während der Schwangerschaft wandert der kindliche Darm für wenige Wochen (4.-10. Woche) in die Nabelschnur, um außerhalb der engen Bauchhöhle in die Länge zu wachsen. Nach Wiedereintritt in die Bauchhöhle dreht sich der Darm dann normalerweise 270° gegen den Uhrzeigersinn, um die Gefäßachse, mit nachfolgender Anheftung von bestimmten Darmteilen an der hinteren Bauchwand.
Kommt es beim Rücktritt der Darmschlingen in den Bauch zu einer Störung der Darmdrehung sowie einer mangelnden Anheftung von Darmteilen an der hinteren Bauchwand, liegen sogenannte Lageanomalien des Darmes vor. Je nach Ausprägung werden verschiedene Formen unterschieden:
Inkomplette Rotation: Jede Rotation um weniger als 270° (gegen den Uhrzeigersinn)
Nonrotation: Diese Form tritt ein, wenn während der Embryonalentwicklung, mit dem Wiedereintritt des Darmes in die Bauchhöhle um die 10. Schwangerschaftswoche, keine weitere Rotation stattfindet.
Umgekehrte Rotation: Es findet eine abnormale Rotation im Uhrzeigersinn statt.
Mobiles Zökum: Anteile des Dickdarmes sind nicht an der hinteren Bauchwand aufgehängt, stattdessen zeigen vordere Dünndarmanteile eine Anheftung.
Die genaue Häufigkeit der Malrotationen ist unbekannt, da nicht alle Formen zu klinischen Symptomen führen und entdeckt werden. Dies trifft auch für ausgeprägte Malrotationsfehllagen zu, die gelegentlich ohne Symptome bleiben können. Malrotationsfehlbildungen mit klinischer Beschwerdesymptomatik kommen bei einem von 6000 Lebendgeborenen vor.
Bei einigen Erkrankungen des Neugeborenen findet sich regelhaft eine Malrotation. Hierzu gehören die angeborene Zwerchfellhernie oder bestimmte Bauchwanddefekte (Gastroschisis, Omphalozele). Eine Malrotation kann aber auch isoliert auftreten. Neben dem symptomlosen Verlauf kann eine Malrotation aber auch die Ursache für eine akute Darmdrehung (Volvulus) sein, der vor allem im frühen Säuglingsalter auftritt und bei der sich der Dünndarm aufgrund mangelnder Anheftung an der Bauchwand um die darmversorgenden Blutgefäße dreht. In der Folge werden die betroffenen Darmabschnitte vermindert durchblutet mit der Gefahr einer dauerhaften Darmschädigung. Aus diesem Grund ist das Krankheitsbild des Volvulus ein kinderchirurgischer Notfall, der unbedingt sofort abgeklärt werden muss. Bei jedem Säugling mit galligem Erbrechen, Unruhe sowie einer Verschlechterung des Allgemeinzustands muss immer an eine akute Darmdrehung (Volvulus) gedacht werden.
Aufgrund der möglichen Schwere des Krankheitsbildes erfolgt bei Verdacht auf Volvulus entweder eine sofortige umfassende Diagnostik oder im Zweifel die sofortige Operation. Es gilt der Grundsatz, dass ein Säugling mit galligem Erbrechen bis zum Beweis des Gegenteils eine Malrotation / Volvulus hat.
Die Omphalozele tritt bei 1:5000 Kindern auf, Jungen sind häufiger betroffen als Mädchen. Sie ist nicht erblich und es besteht deshalb kein höheres Risiko für weitere Kinder der gleichen Mutter. Letztlich ist die Ursache der Omphalozele derzeit immer noch unklar. Bei Kindern mit Omphalozele findet man oftmals weitere Fehlbildungen, z.B. des Herzens, der Nieren, oder des Darmes. Die Prognose ist meist abhängig von den Begleitfehlbildungen und der Größe des Bauchwanddefektes. Kinder mit pränatal bekannter Omphalozele sollten daher in einem Zentrum mit fundierter neonatologischer und kinderchirurgischer Expertise geboren werden.
Die Therapie ist in der Regel operativ und besteht in einer Rückverlagerung des Bruchsackinhaltes in die Bauchhöhle. Dies kann bei kleinen Omphalozelen als primärer Verschluss erfolgen. Bei großen Defekten muss die Behandlungsstrategie im Einzelfall festgelegt werden.
Wenn es der klinische Zustand des Kindes erlaubt und man hierdurch nicht unnötig Zeit verliert, wird eine Röntgenuntersuchung des Bauchraums durchgeführt, bei der der Darm über den Mund mit Kontrastmittel gefüllt wird (sog. Magendarmpassage bzw. „MDP“). Auch kann ein Ultraschall des Bauches durchgeführt werden. Hierbei lassen sich anhand der anatomischen Lage der großen Bauchgefäße erste Hinweise auf eine Lageanomalie des Darmes finden. Jedoch muss auch bei nur geringstem Zweifel die Bauchhöhle im Rahmen eines operativen Eingriffs untersucht werden (sog. Laparotomie).
Notfall-Operation
Bestätigen die Untersuchungen den Verdacht auf eine akute Darmdrehung oder kann diese nicht ausgeschlossen werden, wird mit den Eltern die Indikation zur unverzüglichen Operation besprochen. Dabei wird ein querer Bauchschnitt vorgenommen, um in die Bauchhöhle zu gelangen. Im nächsten Schritt wird der gesamte Darm auf eine Drehung untersucht. Findet sich ein Volvulus, wird die Darmverdrehung „entdreht“ und der betroffene Darmabschnitt auf Zeichen einer ausreichenden Durchblutung untersucht. Ist der Darm bereits irreversibel geschädigt, muss der betroffene Abschnitt unter Umständen entfernt werden. Je nach Ausdehnung der Schädigung werden die verbleibenden Darmabschnitte miteinander verbunden oder über einen künstlichen Darmausgang ausgeleitet.
Geplante (elektive) Operation: Lösen der Ladd´schen Bänder
Durch eine Malrotation bilden sich zwischen dem Blinddarm (Zökum), welches im rechten Oberbauch zum liegen kommt (und nicht wie normalerweise im rechten Unterbauch), und der seitlichen Bauchwand bindegewebige Stränge, die sogenannten Ladd´schen Bänder (benannt nach dem Amerikanischen Kinderchirurgen William Ladd (1880-1967)). Diese bindegewebigen Stränge führen zu einer Einengung des Zwölffingerdarms (Duodenums) (Abb.1), was zu wiederkehrendem galligen Erbrechen führen kann. Im Rahmen einer Operation, die offen (Laparotomie) oder auch über eine Bauchspiegelung (Laparoskopie) erfolgen kann, werden diese Ladd´schen Bänder aufgesucht und durchtrennt, wodurch der Darm eine „entspanntere“ Lage einnimmt (Dünndarm rechts und Dickdarm links im Bauch im Sinne einer Nonrotation) und der Zwölffingerdarm wieder frei durchgängig ist. Der Wurmfortsatz des Blinddarms (Appendix) wird bei diesem Eingriff meist mit entfernt.
Kinder mit Malrotation, die als Notfall operiert wurden, müssen nach der Operation mehrere Tage im Krankenhaus bleiben. Während dieser Zeit werden Kind und Mutter auf der Säuglingsstation (oder kinderchirurgischen Station abhängig vom Alter) von unseren Kinderkrankenschwestern und ärztlichem Team betreut. In den ersten Tagen nach der Operation wird ihr Kind noch nicht über den Mund oder die Magensonde ernährt, sondern über einen zentralen Zugang über die Blutgefäße. Die Magensonde wird auch nach der Operation noch für einige Tage im Magen des Kindes belassen. Das ist notwendig, um die Sekrete (Speichel, Magensaft, Dünndarmsekret), die wegen einer vorübergehenden Schwellung und der allgemeinen Trägheit des Dünndarms nach der Bauchoperation den weiteren Dünndarm noch nicht mühelos passieren können, abzuleiten.
Einige Tage nach der Operation kann Ihr Kind über den Mund ernährt werden. Wie lange es braucht, bis sein Darm normal funktioniert, ist jedoch nicht vorhersehbar. Jedes Kind nimmt sich dabei seine Zeit. Wenn Ihr Kind die Nahrung vollständig trinkt und kontinuierlich an Gewicht zunimmt, ist es gesund und kann nach Hause entlassen werden.
Kinder mit Malrotation, die elektiv (geplant) aufgrund einer Malrotation ohne Volvulus operiert wurden, verbleiben nach der Operation zunächst noch im Aufwachbereich, wo Sie jedoch bereits wieder am Bett sitzen können. Danach erfolgt die Verlegung auf die Normalstation. Wie lange es jedoch dauert, bis Ihr Kind wieder ganz Essen zu sich nehmen kann, ist individuell sehr unterschiedlich.
Aufgrund der großen Varianz des Krankheitsspektrums und klinischen Verlaufs ist es nicht vorhersehbar, wann und wie oft und wo die ersten postoperativen Kontrollen nach der Entlassung erfolgen. Meist werden sie jedoch durch Ihren Kinderarzt bzw. Kinderärztin durchgeführt. Sollten allerdings noch Fragen offen bleiben oder wir im Einzelfall eine frühere Nachuntersuchung bei uns für angebracht halten, können Sie sich jederzeit wieder bei uns vorstellen.
Sowohl beim primären Verschluss als auch beim verzögerten (sekundären) Verschluss werden die Kinder in den ersten Tagen meist noch nicht über den Mund (enteral) ernährt und erhalten die benötigte Flüssigkeit über einen Tropf (venöser Zugang, intravenös). Nach dem Eingriff wird noch eine Sonde belassen, die über das Nasenloch eingeführt im Magen Ihres Kindes liegt und die Verdauungssäfte ableitet.
In dieser Zeit werden Kind und Mutter auf der Säuglingsstation von unseren Kinderkrankenschwestern und ärztlichem Team betreut. Wenn die Verdauungssäfte vom Darm transportiert werden und Ihr Kind Stuhlgang hat, beginnen wir, Ihr Kind über den Mund zu ernähren. Wie lange es braucht, bis der Darm normal funktioniert, ist jedoch nicht vorhersehbar. Jedes Kind nimmt sich dabei seine Zeit. Eine volle enterale Ernährung ist bei Kindern mit Omphalozele jedoch typischerweise verzögert (mehrere Tage bis Wochen von der Operation bis zur vollen Ernährung).
Wenn Ihr Kind die Nahrung vollständig trinkt und kontinuierlich an Gewicht zunimmt, wird die Magensonde gezogen und Sie können nach Hause entlassen werden.
Aufgrund der großen Varianz des Krankheitsspektrums und klinischen Verlaufs ist es nicht vorhersehbar, wann und wie oft und wo die ersten postoperativen Kontrollen nach der Entlassung erfolgen. Meist werden sich durch Ihren Kinderarzt bzw. Kinderärztin durchgeführt, jedoch auch begleitend durch uns in regelmäßigen Abständen in unserer Kinderchirurgischen Ambulanz.