Meckel Divertikel
Das Meckel-Divertikel (Divertikel = birnen- oder sackförmige Ausstülpung der Wand eines Hohlorgans) ist eine Fehlbildung des Dünndarms, der durch mangelnde Rückbildung eines in der Embryonalentwicklung angelegten Ganges (Rest des sog. Embryonalen Dottergangs bzw. Ductus omphaloentericus) entsteht. Dieser Gang kann nur wenige Millimeter bis Zentimeter lang sein, aber auch bis zum Bauchnabel reichen.
Insgesamt findet man das Meckel-Divertikel bei ca. 2% der Bevölkerung, wovon jedoch nur etwa 2% klinische Beschwerden entwickeln. Diese treten hauptsächlich in den ersten zwei Lebensjahren auf, wobei Jungen doppelt so häufig betroffen sind wie Mädchen.
Das Divertikel, das ca. 30-40 cm vom Übertritt vom Dünndarm in den Dickdarm (sog. Ileozökalklappe) entfernt ist, kann „versprengte“ (ektope) Schleimhaut aus Magen oder Bauchspeicheldrüse enthalten. Diese Schleimhaut kann sich entzünden (Divertikulitis) oder zu inneren Blutungen in den Dünndarm (sog. gastrointestinale Blutung) führen, die sich in dunklem Stuhlgang (sog. Teerstühle) oder hellrote Blutabgang aus dem After äußern kann. Ferner kann sich das Meckel-Divertikel in das Darmlumen einstülpen (Invagination) oder durch einen bindegewebigen Strang des persistierenden Ductus omphaloentericus zu einem Darmverschluss führen (Bridenileus).
Des Weiteren können Beschwerden wie Bauchschmerzen und Erbrechen auftreten, die im akuten Stadium den Symptomen einer Blinddarmentzündung ähneln können.
Sofern das Meckel-Divertikel ein Zufallsbefund im Rahmen einer Operation oder Ultraschalluntersuchung auffällt, besteht kein Handlungsbedarf. Kommt es jedoch zu einer Entzündung oder zu einer gastrointestinalen Blutung, muss das Meckel-Divertikel operativ entfernt werden.
Die erste Kontaktaufnahme erfolgt immer durch ein ambulantes Informationsgespräch in unserer kinderchirurgischen Poliklinik (Kontaktdaten siehe unten). Dabei werden die Möglichkeiten der Behandlung dargestellt und Ihre Fragen ausführlich besprochen. Bitte bringen Sie zum ersten ambulanten Informationsgespräch alle bereits vorliegenden Untersuchungsergebnisse mit.
Bei V.a. gastrointestinale Blutung oder sichtbarem Blutabgang aus dem After führen wir eine Blutuntersuchung zur Bestimmung des roten Blutfarbstoffs (Hämoglobin) durch. Die Diagnose eines Meckel Divertikels kann mit absoluter Sicherheit nur mittels Bauchspiegelung (Laparoskopie) bestätigt oder ausgeschlossen werden. Es besteht zwar die Möglichkeit, eine versprengte Magenschleimhaut im Divertikel durch eine nuklearmedizinische Untersuchung mit Röntgenstrahlen (Szintigrafie mit Natriumpertechnetat 99mTc bzw. „Meckel Scan“) nachzuweisen, diese hat jedoch nur eine geringe Treffsicherheit und hilft uns bei der Entscheidung, ob wir eine Bauchspiegelung durchführen müssen, nicht weiter. Daher führen wir in unserer Klinik keine Szintigraphie zur Diagnose eines Meckel Divertikels durch.
Die Indikation zur Operation ist gegeben, wenn wir vermuten, dass Ihr Kind ein Meckel-Divertikel hat, was klinische Beschwerden macht (z.B. Blutung in den Dünndarm, Entzündung, Invagination oder Darmverschluss).
Die Laparoskopie und ggf. Entfernung des Meckel-Divertikels (Meckel-Divertikulektomie) kann auf zwei verschiedene Arten erfolgen: Als „multitrokar Laparoskopie“ und als Laparoskopie mit nur einem Trokar („Single-Port-Laparoskopie“). Welches Verfahren bei Ihrem Kind das Beste ist, werden wir vor der Operation in Ruhe mit Ihnen besprechen.
Laparoskopie über nur einen Zugang am Bauchnabel (Synonyme: „Single-incision Laparoskopie“, SILS, „Single-port Laparoskopie“)
Bei dieser Operationsmethode bringt der Kinderchirurg über den Bauchnabel einen speziellen Trokar (sog. „SILS-port“) in den Bauch ein. Der SILS-port besteht aus einer flexiblen Gummihülse mit 3 Öffnungen zur Einbringung der laparoskopischen Instrumente. Das Prinzip der Laparoskopie ist hierbei dieselbe wie bei der Laparoskopie mit drei Trokaren mit dem einzigen Unterschied, dass die zusätzlichen Trokare bzw. Hautschnitte entfallen. Da man nach der Operation „nur noch“ den Hautschnitt in der Mitte im Bauchnabel sieht, wird diese Methode von manchen Autoren auch als „narbenlose“ Chirurgie bezeichnet. Genau genommen verbleibt dennoch eine Narbe, nur ist sie meist kosmetisch etwas weniger prominent bzw. sichtbarer als bei der Splenektomie mit drei Trokaren.
Beide Verfahren werden in unserer Klinik mit einer hohen Patientenzufriedenheit angewandt. Welches Verfahren bei Ihrem Kind am ehesten geeignet ist, besprechen wir mit Ihnen vor der Operation im Rahmen des ausführlichen chirurgischen Aufklärungsgesprächs.
Nach dem Eingriff verbleibt Ihr Kind zunächst noch im Aufwachbereich, wo Sie jedoch bereits wieder am Bett sitzen können. Danach erfolgt die Verlegung auf die Normalstation. Wenige Stunden nach der Operation kann Ihr Kind meistens bereits wieder erste Nahrung zu sich nehmen. Nach einer unkomplizierten Meckel-Divertikulektomie ist in der Regel ein 2-4 Tage andauernder stationärer Aufenthalt im Krankenhaus ausreichend.
Laparoskopie mit drei Trokaren („Multitrokar- Laparoskopie“)
Hierbei bringt der Kinderchirurg am Bauchnabel einen kleinen Schnitt an, durch den er ein dünnes Röhrchen (Trokar) in den Bauchraum führt. Durch den Trokar wird Luft in den Bauchraum geblasen und eine Kamera eingeführt (Bauchspiegelung). Hiermit kann der ganze Bauch inspiziert werden. Unter Sicht werden dann zwei weitere kleine (0,3 cm) Schnitte an der Bauchdecke gesetzt und weitere Arbeitskanäle (Trokare) in den Bauch eingebracht. Der gesamte Dünndarm kann nun auf das Vorhandensein eines Meckel-Divertikels untersucht werden. Auch können mit der Laparoskopie weitere mögliche Diagnosen ausgeschlossen werden (Blinddarminfektion, Eierstockzyste, o.ä.). Sollte ein Meckel-Divertikel gefunden werden, kann dies zum einen mit einem mechanischen Klammernahtgerät abgetrennt und über den Bauchnabel herausgezogen werden. Zum anderen kann man auch die gesamte Dünndarmschlinge, von der das Meckel-Divertikel ausgeht, durch den Bauchnabel vor die Bauchdecke ziehen und außerhalb des Körpers entfernen. Der dann entstehende Defekt in der Darmwand wird anschließend wieder zugenäht, bevor die Darmschlinge wieder in den Bauch zurückgesteckt wird.
Eine Wiedervorstellung zur Nachuntersuchung bei uns ist in der Regel nicht vorgesehen, sondern erfolgt bei den Kollegen, die Sie an uns zur Operation überwiesen haben. Sollten allerdings noch Fragen offen bleiben, welche die Operation selbst betreffen oder sollten wir im Einzelfall eine frühere Nachuntersuchung bei uns für angebracht halten, so können Sie jederzeit einen ambulanten Vorstellungstermin vereinbaren.
Die von uns verwendeten Fäden sind in der Regel selbst auflösend und müssen nicht separat entfernt werden. Es ist eine Sportkarenz von etwa drei Wochen vorgesehen, je nach körperlicher Verfassung.