Lungensequester
Der Begriff „Sequester“ bezeichnet in der Medizin ein funktionsloses Gewebestück, das vom gesunden Gewebe abgegrenzt ist.
Der Lungensequester (LS), auch bronchopulmonaler Sequester oder Sequestration der Lunge genannt, ist durch abnormes, nicht funktionierendes Lungengewebe gekennzeichnet. Dieses besitzt keine normale Verbindung zum Luftröhrensystem (Tracheobronchialbaum). Darüber hinaus wird der LS nicht, wie bei einem gesunden Kind, durch die Blutgefäße der Lunge (Lungenarterien) direkt aus dem rechten Herzen versorgt, sondern durch atypische Blutgefäße, die meist der Hauptschlagader (Aorta) entspringen.
Lungensequester machen nur etwa 0,15 bis 6% aller angeborenen Lungenfehlbildungen aus und zählen somit zu den selteneren Fehlbildungen. Es werden zwei Formen von LS unterschieden:
1) Extralobäre Sequester (ELS) ca. 14-25%
Vom übrigen Lungengewebe getrennte Lungenfehlbildung mit eigenem Lungenfellüberzug. ELS befinden sich überwiegend (90% der Fälle) im linken unteren Teil des Brustkorbs, der Wirbelsäule anliegend. Darüber hinaus sind Lokalisationen außerhalb des Brustkorbs oder im Zwerchfell beschrieben und selten gibt es auch beidseitige ELS. ELS können mit anderen Fehlbildungen, wie der [LINK] kongenitalen Zwerchfellhernie, [LINK] angeborenen Atemwegsfehlbildung der Lunge (CPAM) und auch angeborenen Herzfehlern assoziiert auftreten. ELS treten häufiger bei Jungen auf (Jungen:Mädchen = 4:1).
2) Intralobäre Sequester (ILS) ca. 75–86%
ILS finden sich im normalen Lungengewebe und können Luft enthalten. In ca. 90% der Fälle werden ILS im Unterlappen der Lunge gefunden. Es kommen Mischformen (Hybridläsionen) mit [LINK] angeborenen Atemwegsfehlbildung der Lunge (CPAM) vor.
Oft werden ELS bereits vor der Geburt im Rahmen der regulären Ultraschalluntersuchungen diagnostiziert, was in enger Zusammenarbeit mit den [LINK] Pränataldiagnostikern eine frühzeitige Erstellung der adäquaten Behandlungsstrategie erlaubt. Bei beiden Formen des LS treten im Laufe des Lebens mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit Lungenentzündungen auf. Daher bieten wir üblicherweise eine operative Entfernung zum Schutz vor diesen Infektionen an, bevor sie auftreten.
Oft werden die Kinder bereits in unserer Pränatalsprechstunde vorstellt, nachdem im Rahmen der Ultraschalluntersuchungen während der Schwangerschaft eine auffällige Struktur im Bereich der Lungen diagnostiziert wurde. Die Lungenfehlbildung (Malformation) stellt sich als auffällige, gelegentlich zystische Struktur im unteren hinteren Brustkorb dar (Abb. 2). Im Rahmen der Abklärung von chronisch wiederkehrenden Lungenentzündungen kann ein LS auch im Röntgenbild des Thorax auffallen. Differentialdiagnostisch muss hier an (LINK Bronchogene Zyste; LINK Congenitales Lobäres Emphysem; LINK Lungensequester) gedacht werden. Zum Beweis der Verdachtsdiagnose LS erfolgt eine Kontrastmittel-Darstellung der atypischen arteriellen Gefäßversorgung mittels Computertomographie.
Bei pränataler Diagnose wird die Geburt am errechneten Termin angestrebt und kann in der Regel auf natürlichem Weg erfolgen.
Wir operieren Neugeborene mit Symptomen oder gar beatmungspflichtige Patienten bald bzw. nach Stabilisierung. Bei Kindern ohne Symptome hingegen wird zunächst am ersten Lebenstag ein Röntgenbild des Brustkorbs (Thorax) sowie im Verlauf eine thorakale Computertomographie (CT) durchgeführt und dann das operative Vorgehen und der Operationszeitpunkt festgelegt. Die Indikationsstellung für eine Operation erfolgt grundsätzlich gemeinsam mit LINK Klinik für Pädiatrische Pneumologie, Allergologie und Neonatologie in der interdisziplinären Thoraxkonferenz.
Bei asymptomatischen Patienten wird häufig eine Resektion (operative Entfernung) der Malformation im Alter von 6-12 Monaten angeboten. Somit wird dem gesunden Lungengewebe eine Möglichkeit zur frühzeitigen Regeneration gegeben.
Minimal invasive Operationstechnik / Thorakoskopische Resektion
Wir operieren Neugeborene mit Symptomen oder gar beatmungspflichtige Patienten bald bzw. nach Stabilisierung. Bei Kindern ohne Symptome hingegen wird zunächst am ersten Lebenstag ein Röntgenbild des Brustkorbs (Thorax) sowie im Verlauf eine thorakale Computertomographie (CT) durchgeführt und dann das operative Vorgehen und der Operationszeitpunkt festgelegt. Die Indikationsstellung für eine Operation erfolgt grundsätzlich gemeinsam mit LINK Klinik für Pädiatrische Pneumologie, Allergologie und Neonatologie in der interdisziplinären Thoraxkonferenz.
Bei asymptomatischen Patienten wird häufig eine Resektion (operative Entfernung) des LS im Alter von 6-12 Monaten angeboten. Somit wird dem gesunden Lungengewebe eine Möglichkeit zur frühzeitigen Regeneration gegeben.
Je nach Lokalisation des LS werden bei der thorakoskopischen (minimalinvasiven) Operationstechnik über den rechts- oder linksseitigen Brustkorb vier kleine Schnitte (ca. 3-5 mm) angebracht. Durch diese Schnitte wird jeweils ein dünnes Röhrchen (Trokar) in den Brustraum eingeführt. Über einen dieser Trokare wird zudem Luft in die Brusthöhle geblasen und eine Kamera eingeführt (Brustkorbspiegelung oder „Thorakoskopie“). Hiermit kann der Brustkorb inspiziert werden. Die übrigen Trokare dienen dem Einführen von kleinen Arbeitsinstrumenten, die zur Entfernung der Malformation benötigt werden. Das Ausmaß der Resektion richtet sich nach der Größe des Befundes und reicht von einer „atypischen“ Lungenresektion bis zur Entfernung des gesamten betroffenen Lungenlappens (Abb. 3).
Häufig wird eine kleine Drainage (sog. Thoraxdrainage oder Pleuradrainage) in den Pleuraspalt (dem Raum zwischen Lungenoberfläche und dem Rippenfell) gelegt, um den physiologischen Unterdruck aufrecht zu erhalten bzw. wiederherzustellen. Manchmal wird auch ein kontrollierter Sog angelegt, dies dient der Förderung von Wundsekret oder Luft aus dem Pleuraspalt. Diese Drainage wird in der Regel jedoch zeitnah nach der Operation wieder entfernt.
Nicht alle Kinder können minimalinvasiv operiert werden. Hierbei spielen Faktoren, wie das Geburtsgewicht, Ausdehnung der Malformation, weiteren Fehlbildungen (wie zum Beispiel Herzfehler) und vor allem auch die Dringlichkeit der Behandlung eine Rolle. Auch kann es sein, dass der Kinderchirurg aus technischen Gründen, wenn zum Beispiel die Übersicht bei der Brustkorbspiegelung ungenügend ist, zur offenen Operationstechnik wechseln muss.
Das Ausmaß der Resektion richtet sich nach der Größe des Befundes und reicht von einer atypischen Teilresektion bis zur Entfernung des betroffenen Lungenlappens (Abb. 3). Wichtig bei der Resektion sind insbesondere die Versorgung und der vollständige Verschluss der atypischen Gefäße.
Offene Operationstechnik
Die offene Operationstechnik unterscheidet sich hauptsächlich durch die Art des Zugangs zum Operationsgebiet von der minimal invasiven Technik. Anstelle der drei oder vier kleinen Schnitte erfolgt hierbei ein einzelner, längerer Hautschnitt über dem jeweiligen Zwischenrippenraum – je nach Lokalisation des LS– um Zugang zur Lunge zu gewähren. Auch bei dieser Technik kann es nötig sein, eine Thoraxdrainage einzulegen, die rasch wieder entfernt wird.
Wir verwenden grundsätzlich resorbierbares Nahtmaterial. Daher ist nach der Operation keine Fadenentfernung nötig. Die Narbenbildung ist von der individuellen Veranlagung abhängig.
Patienten mit einem LS müssen nach der Operation einige Tage im Krankenhaus bleiben. Über diesen Zeitraum werden Kind und Mutter auf der LINK kinderchirurgischen Station 66 von unseren Kinderkrankenschwestern und dem ärztlichen Team betreut.
3 Monate nach Entfernung des LS erfolgt die Wiedervorstellung in unserer Kinderchirurgischen Poliklinik. Hier führen wir sowohl eine klinische als auch eine radiologische (Röntgenbild des Brustkorbs) Verlaufskontrolle durch. Danach sind jährliche Nachuntersuchungen bis in das Jugendalter vorgesehen, bei Symptomen auch kurzfristig und ggf. gemeinsam mit unserer LINK Klinik für Pädiatrische Pneumologie, Allergologie und Neonatologie.