Omphalocele
Der Begriff Omphalozele kommt aus dem Griechischen (Omphalos = der Nabel; und –zele = Bruch) und heißt soviel wie „Nabelschnurbruch“. Während einer normalen Schwangerschaft werden die Bauchorgane nach außen in die Nabelschnur außerhalb der Bauchwand verlagert (physiologischer Nabelschnurbruch) und wandern gegen Ende des 3. Entwicklungsmonats in die Bauchhöhle zurück. Bei einer Omphalozele bleibt diese Rückverlagerung aus, die Bauchorgane (Darm, Leber oder Milz) befinden sich daher teilweise innerhalb der Nabelschnur, die sie als dünnes Häutchen (Bruchsack) gegenüber dem Fruchtwasser schützt. Da die Organe jedoch bereits während der Schwangerschaft außerhalb des Bauchraumes liegen, kann sich die Bauchwand nicht normal entwickeln, es resultiert eine sehr kleine Bauchhöhle.
Die Diagnose wird meist vor der Geburt im Rahmen der Ultraschalluntersuchungen in der Schwangerschaft gestellt, eine Omphalozele ist frühestens ab der 12. Schwangerschaftswoche für den Gynäkologen sichtbar.
Die Omphalozele tritt bei 1:5000 Kindern auf, Jungen sind häufiger betroffen als Mädchen. Sie ist nicht erblich und es besteht deshalb kein höheres Risiko für weitere Kinder der gleichen Mutter. Letztlich ist die Ursache der Omphalozele derzeit immer noch unklar. Bei Kindern mit Omphalozele findet man oftmals weitere Fehlbildungen, z.B. des Herzens, der Nieren, oder des Darmes. Die Prognose ist meist abhängig von den Begleitfehlbildungen und der Größe des Bauchwanddefektes. Kinder mit pränatal bekannter Omphalozele sollten daher in einem Zentrum mit fundierter neonatologischer und kinderchirurgischer Expertise geboren werden.
Die Therapie ist in der Regel operativ und besteht in einer Rückverlagerung des Bruchsackinhaltes in die Bauchhöhle. Dies kann bei kleinen Omphalozelen als primärer Verschluss erfolgen. Bei großen Defekten muss die Behandlungsstrategie im Einzelfall festgelegt werden.
Im Idealfall haben Sie sich durch gemeinsame Gespräche mit uns vor der Geburt schon mit der anstehenden Operation und dem, was Sie nach der Geburt erwartet, vertraut gemacht. Hier bietet die Frauenklinik der MHH eine Pränatalsprechstunde an, in der Kinderärzte und Kinderchirurgen die zukünftigen Eltern über die jeweiligen Erkrankungen und deren Behandlungsmöglichkeiten ausführlich informieren.
Nachdem Ihr Kind in der Frauenklinik geboren wurde, wird noch im Kreissaal die gesamte untere Körperhälfte Ihres Kindes in einen sterilen Plastiksack gelegt, um eine Keimbesiedlung zu verhindern, und den Omphalozelen-Sack mechanisch und vor dem Austrocknen zu schützen. Ferner beginnen wir mit einer prophylaktischen antibiotischen Therapie. Es wird eine Magensonde gelegt, um zu verhindern, dass sich die ausgetretenen Darmschlingen übermäßig mit Luft füllen. Da die Kinder vor der Operation am ersten Lebenstag (im Falle eines primären Verschlusses) nüchtern bleiben müssen, wird ein venöser Zugang gelegt und die Kinder mit ausreichend Flüssigkeit versorgt.
Grundsätzlich gibt es zwei verschiedene Möglichkeiten einer Therapie der Omphalozele: der Primär-Verschluss und der verzögerte Bauchdeckenverschluss.
Primärer Bauchdeckenverschluss
Wenn ein sofortiger Verschluss der Omphalozele möglich ist, dann sollte dieser baldmöglichst nach der Geburt erfolgen. Nach Vorbereitung des Operationssaals wird Ihr Kind dann in den OP gebracht. Hierbei wird der Omphalozelensack abgetragen und die Eingeweide in die Bauchhöhle zurückgedrängt. Danach wird die Bauchwand mit einer Naht verschlossen.
Verzögerter Bauchdeckenverschluss
Sollte der Bauchwanddefekt zu groß sein, gibt es für die Therapie mehrere Möglichkeiten, die wir im Einzelfall mit Ihnen besprechen werden:
- Mehrzeitiger Verschluss durch eine Raffung der Bauchwand.
- Vorübergehende Deckung des Bauchdeckendefekts mit einem synthetischen Material („Patch“ bzw. „Flicken“) bis zum definitiven Bauchdeckenverschluss.
- Konservatives Vorgehen: Hierbei wird täglich eine antiseptische Salbe und sterile Kompressen auf den Defekt aufgetragen, bis die Omphalozele narbig überhäutet ist. Zu einem späteren Zeitpunkt kann die überhäutete Omphalozele dann verschlossen werden.
Sowohl beim primären Verschluss als auch beim verzögerten (sekundären) Verschluss werden die Kinder in den ersten Tagen meist noch nicht über den Mund (enteral) ernährt und erhalten die benötigte Flüssigkeit über einen Tropf (venöser Zugang, intravenös). Nach dem Eingriff wird noch eine Sonde belassen, die über das Nasenloch eingeführt im Magen Ihres Kindes liegt und die Verdauungssäfte ableitet.
In dieser Zeit werden Kind und Mutter auf der Säuglingsstation von unseren Kinderkrankenschwestern und ärztlichem Team betreut. Wenn die Verdauungssäfte vom Darm transportiert werden und Ihr Kind Stuhlgang hat, beginnen wir, Ihr Kind über den Mund zu ernähren. Wie lange es braucht, bis der Darm normal funktioniert, ist jedoch nicht vorhersehbar. Jedes Kind nimmt sich dabei seine Zeit. Eine volle enterale Ernährung ist bei Kindern mit Omphalozele jedoch typischerweise verzögert (mehrere Tage bis Wochen von der Operation bis zur vollen Ernährung).
Wenn Ihr Kind die Nahrung vollständig trinkt und kontinuierlich an Gewicht zunimmt, wird die Magensonde gezogen und Sie können nach Hause entlassen werden.
Aufgrund der großen Varianz des Krankheitsspektrums und klinischen Verlaufs ist es nicht vorhersehbar, wann und wie oft und wo die ersten postoperativen Kontrollen nach der Entlassung erfolgen. Meist werden sich durch Ihren Kinderarzt bzw. Kinderärztin durchgeführt, jedoch auch begleitend durch uns in regelmäßigen Abständen in unserer Kinderchirurgischen Ambulanz.