Forschungsschwerpunkte
Das von der Mukoviszidose betroffene CFTR Protein ist ein Ionenkanal, der Chlorid und Bikarbonat durch die epitheliale Apikalmembran transportiert. Die CF auslösenden Mutationen im CFTR Gen führen entweder zum kompletten Funktionsverlust (Mutations-Klasse I), verminderter Synthese von CFTR (Klasse V) oder zu Störungen in Proteinreifung (Klasse II), Kanalöffnung (Klasse III) oder Ionentransport (Klasse IV). Der Basisdefekt der CF im epithelialen Anionentransport lässt sich am Patienten mit CFTR Biomarkern am Epithel der Schweißdrüse und der Schleimhaut der Atemwege und des Darms erfassen. Wir setzen diese CFTR Biomarker ein, um bei klinischem Verdacht auf Mukoviszidose oder eine CFTR-assoziierte Störung die Diagnose zu stellen oder im Rahmen von klinischen Studien die Wirksamkeit von Medikamenten zu prüfen, ob sie den Basisdefekt der CF abschwächen oder sogar kompensieren.
Zwar sind mehr als 2000 CF auslösende Mutationen im CFTR Gen bekannt, aber die häufigste Mutation p.Phe508del kommt auf 70% aller CF Chromosomen vor. p.Phe508del ist somit die häufigste schwere Mutation in Europa, so dass wir an p.Phe508del homozygoten CF Patienten exemplarisch prüfen können, welche Umweltfaktoren und welche genetischen Faktoren außerhalb des ursächlich betroffenen Gens die Schwere des Krankheitsbilds bei einer angeborenen Erkrankung modulieren. Für die Untersuchungen stehen uns DNA Proben von der lokalen CF Ambulanz und den Teilnehmern der Europäischen Geschwister- und Zwillingsstudie zur Verfügung. Modulatoren werden in Bioassays auf zellulärer und/oder molekularer Ebene phänotypisiert.
Chronische Infektionen der Atemwege mit opportunistischen Pathogenen bestimmen Lebensqualität und –erwartung der meisten Patienten mit CF. Komplementär zum Standard der antimikrobiellen Chemotherapie explorieren wir im Tiermodell Optionen, um mittels lokalem Transfer von Makrophagen, CFTR Gen, reprogrammierten Stammzellen oder korrigierten CF Wirtszellen die Infektionen der unteren Atemwege zu verhüten.
Pseudomonas aeruginosa lebt in Böden, Süß- und Salzwasser und besiedelt die Oberflächen von Pflanze und Tier. Beim Menschen hat sich P. aeruginosa weltweit zu einem der häufigsten bakteriellen Erreger von lokalen Infektionen an Auge, Ohr und ableitenden Harnwegen und von lebensgefährlichen Infektionen von Brandwundenverletzten und beatmeten Patienten auf Intensivstation entwickelt. Die chronische Kolonisation der Lunge mit P. aeruginosa mindert die Prognose von Patienten mit CF, Bronchiektasen oder COPD.
Die Klinische Forschergruppe besitzt die weltweit größte Stammsammlung an P. aeruginosa Isolaten. Wir haben die Populationsbiologie von P. aeruginosa in Umwelt- und Krankheitshabitaten und die Infektionsepidemiologie des Erregers bei Patienten mit CF, Bronchiektasen oder COPD untersucht. Über Genomsequenzierung von Vertretern der häufigsten Klone wurden die Organisation und inter- wie intraklonale Diversität des Kern- und akzessorischen Genoms von P. aeruginosa aufgeklärt. Die Mikroevolution von P. aeruginosa in der CF Lunge wird in Genomanalysen und Fitnessexperimenten von seriellen Isolaten studiert, die seit Beginn der Kolonisation der Atemwege halbjährlich über bis zu vierzig Jahre gesammelt worden waren. Unser aktuelles Forschungsinteresse gilt der Evolution und Virulenz von pandemischen klonalen Linien, die sich wegen ihrer Multidrug- oder gar Panresistenz gegen pseudomonaswirksame Antiinfektiva zu einem ernsten globalen Gesundheitsproblem entwickelt haben.
Das Human Microbiome Project hat das Mikrobiom des gesunden Menschen in zahlreichen Organen charakterisiert, aber die unteren Atemwege ausgespart. Wir wollen diese Lücke schließen. Die 10 – 100 ng genomische DNA, die aus Nasallavage, induziertem Sputum oder tiefem Rachenabstrich gewonnen werden können, werden im Hochdurchsatzverfahren tiefensequenziert. Die 107-109 DNA Sequenzen werden auf ein mikrobielles Pangenom von Tausenden komplett sequenzierter Genome von Hefen, Pilzen, DNA Viren und Bakterien kartiert und taxonomisch bis auf die Ebenen von Spezies, Klon oder klonaler Variante klassifiziert. Anhand der isolierten oder assemblierten Sequenzen werden die mikrobiellen Lebensgemeinschaften in Populationsstruktur, Genomdiversität, metabolischem Potential und bakteriellen Wachstumsraten charakterisiert. Wir untersuchen das Atemwegsmetagenom von lungengesunden Probanden, Patienten mit akuten Atemwegsinfekten und von chronisch lungenkranken Patienten (Asthma, COPD, Mukoviszidose, Bronchiektasen). In den Datensätzen wird nach den mikrobiellen Signaturen gesucht, die chronische Lungenerkrankungen voneinander unterscheiden und zwischen pulmonaler Exazerbation und klinisch stabilem Zustand differenzieren. In den kommenden Jahren wird die Algorithmenentwicklung eine zentrale Rolle spielen.