Multizenterstudien
Die Neonatologie der MHH nimmt an verschiedenen Multizenterstudien teil, die im Folgenden beschrieben werden. Multizenterstudien ermöglichen durch die große Anzahl von Patienten, die nach genau gleichen Bedingungen aus verschiedenen Kliniken rekrutiert werden können, sehr viel zeitnäher die Beantwortung hochaktueller, spezieller Fragestellungen im Bereich der Frühgeborenenmedizin.
Die Teilnahme an einer der Studien erfolgt natürlich freiwillig und nur nach ausführlicher mündlicher Aufklärung und schriftlicher Einverständniserklärung der Eltern. Eine einmal gegebene Einwilligung kann jederzeit auch ohne Angabe von Gründen zurückgezogen werden.
Im Rahmen des Excellence-Clusters RESIST wird untersucht, warum manche Menschen schwerer an viralen oder bakteriellen Infektionen erkranken als andere. Neu- und Frühgeborene stellen eine solche Risikogruppe dar. Etwa ein Viertel aller Kinder, die vor der 32. Schwangerschaftswoche geboren werden, entwickeln im Säuglingsalter eine schwere Infektion. Unser Wissen darüber, wie sich die Immunprogrammierung bei Frühgeborenen von der bei Reifgeborenen und Erwachsenen unterscheidet, ist bisher sehr limitiert. Es gibt immer mehr Hinweise darauf, dass das sich entwickelnde Darmmikrobiom zum einen eine wichtige Quelle für Infektionen sein kann und zum anderen auch eine wichtige Rolle für die postnatale Reifung des Immunsystems spielt. Ziel der Untersuchungen Frühgeborener, die vor der vollendeten 33. Schwangerschaftswoche zur Welt kommen, ist es, die Abhängigkeiten zwischen dem Immunphänotyp des Babys und der Koevolution des Darmmikrobioms besser verstehen zu lernen, um die Effekte der Darmmikrobiota auf die Entwicklung der menschlichen Immunität in einer präventiven und nachhaltigen Weise gezielt nutzen zu können.
German Neonatal Network
Bei allen Frühgeborenen mit einem Geburtsgewicht < 1000 g werden die Langzeiteffekte genetischer, klinischer und sozialer Risikofaktoren und der Einfluss Zentrumsspezifischer Behandlungsstrategien auf die spätere Entwicklung der Frühgeborenen untersucht.
Das Deutsche Neonatale Netzwerk hat am 01.01.2009 mit der Patientenrekrutierung begonnen. Geplant ist, mehr als 20.000 Frühgeborene mit einem Geburtsgewicht < 1000 g in die Studie aufzunehmen und diese über einen Zeitraum von 6 Jahren nach zu untersuchen.
Die Studie wird durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert.
PRägung der IMmunität Am Lebensbeginn
Eine Fehlbesiedlung des Darms (Darm-Dysbiose) ist mit einem erhöhten Risiko für verschiedene Erkrankungen wie zum Beispiel Infektionen, Asthma bronchiale, Allergien, Adipositas, Diabetes und neuropsychologische Erkrankungen verbunden. Frühgeborene haben ein erhöhtes Risiko eine Darm-Dysbiose zu entwickeln.
In der PRIMAL-Studie wird die Wirksamkeit von Probiotika zur Vermeidung einer Darm-Dysbiose bei sehr kleinen Frühgeborenen mit einem Gestationsalter von 28+0 bis 32+6 Schwangerschaftswochen bei Geburt untersucht. Die Rekrutierung der insgesamt 650 Frühgeborenen ist abgeschlossen und die Nachuntersuchungen bis zum 2. Lebensjahr werden fortlaufend durchgeführt.
Die Studie wird durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert.
Closed-loop automatisierte Kontrolle der inspiratorischen Sauerstofffraktion (FiO2) Extrem unreife Frühgeborene <28 Schwangerschaftswochen bei Geburt benötigen nach der Geburt eine Beatmung / Atemunterstützung und ggf. zusätzlichen Sauerstoff. Dennoch treten häufig Sauerstoffsättigungsabfälle oder Phasen mit zu hoher Sauerstoffsättigung auf, welche mit Langzeitfolgen wie Retinopathia praematurorum oder Entwicklungsverzögerungen assoziiert sein können.
Die FiO2-C Studie untersucht, ob eine Automatisierung der Sauerstoffzufuhr anhand der Sauerstoffsättigung des Kindes die Häufigkeit der Abweichungen vom Sättigungszielbereich verringert im Vergleich zur herkömmlichen manuellen Regelung.
Die Rekrutierung hat im April 2018 begonnen, insgesamt sollen >2000 Frühgeborene mit einem Gestationsalter von 23 0/7 bis 27 6/7 Schwangerschaftswochen bei Geburt eingeschlossen werden.
Die Studie wird durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert.
Optimizing PEEP to the immature Lung
Bei Frühgeborenen mit einem Gestationsalter zwischen 26 0/7 und 29 6/7 Schwangerschaftswochen bei Geburt soll die Anwendung zweier unterschiedlicher PEEP Niveaus (positive endexspiratory pressure) untersucht werden. Im Rahmen der Erstversorgung wird entweder ein niedrigeres PEEP Niveau (5 cmH2O) oder ein höheres PEEP Niveau (8 cmH2O) verwendet. Es soll überprüft werden, ob unter dem höheren PEEP Niveau die Notwendigkeit einer Intubation und maschinellen Beatmung innerhalb der ersten 5 Lebenstage und die Notwendigkeit einer Surfactantapplikation geringer ist als unter dem niedrigeren PEEP Niveau. Es handelt sich um eine randomisiert, kontrollierte Multizenter Studie, an der neben der MHH 8 weitere Zentren deutschlandweit teilnehmen. Die Patientenrekrutierung hat begonnen, insgesamt sollen 216 Frühgeborene in die Studie eingeschlossen und im Alter von 2 Jahren nachuntersucht werden.