Forschung
Wir stellen nicht nur die Versorgung von Diagnostik- und Therapieradiopharmaka der Klinik für Nuklearmedizin sicher, sondern forschen auch an neuen Diagnostikmethoden mittels PET und SPECT. Im Folgenden finden Sie die Forschungsgebiete erläutert, an denen das Team unter der Leitung von Herrn Prof. Dr. Ross arbeitet.
MicroRNAs (miRNAs) sind kurze (~20 Nukleotide), nicht-codierende RNAs, die die Genexpression posttranskriptionell regulieren und damit eine wichtige Rolle in vielen biologischen Prozessen (z.B. Apoptose, Differenzierung, Proliferation) spielen. Dementsprechend trägt eine Dysregulierung einzelner miRNA-Familien zur Entstehung weitverbreiteter Krankheiten (Krebs, neurodegenerative und kardiovaskuläre Erkrankungen) bei. Das miRNA-Level stellt somit einen vielversprechenden neuen Biomarker für die präsymptomatische Diagnostik verschiedenster Krankheiten dar. Mithilfe von radioaktiv markierten anti-miRNA Oligonukleotiden, die an komplementäre miRNAs binden ist es möglich das miRNA-Level in vivo per PET/ SPECT zu untersuchen.
Im Rahmen dieses Projektes werden zunächst Markierungsstrategien für ein anti-miRNA Oligonukleotid mit F-18 und mit Ga-68 neu entwickelt. Anschließend sollen die radioaktiv markierten anti-miRNAs in präklinischen PET/CT-Studien in verschiedenen Krankheitsmodellen evaluiert werden.
Herz-Kreislauf-Erkrankungen im Allgemeinen stellen die häufigste Todesursache in Europa dar. Eine bedeutende Rolle spielt hierbei die Entwicklung einer chronischen Herzinsuffizienz, deren Prognose trotz wesentlicher therapeutischer Fortschritte noch immer schlecht ist. Sie tritt oft als Folge verschiedener vorangegangener Krankheitsprozesse wie z.B. dem Herzinfarkt auf, bei dem es durch Verschluss einer Herzkranzarterie zum Absterben der dahinterliegenden Herzmuskelzellen mit Narbenbildung kommt. Auslöser kann unter anderem die kardiale Kachexie sein, die speziell im Rahmen von Krebserkrankungen im klinischen Alltag häufig vernachlässigt wird, da die Therapie der malignen Grunderkrankung im Vordergrund steht. Allerdings schränkt die Tumor-assoziierte kardiale Kachexie nicht nur die Lebensqualität der Patienten stark ein, sondern ist ein entscheidender Prognosefaktor.
Ziel unserer Forschung auf diesem Gebiet ist es, die pathophysiologischen Veränderungen in ischämischen Geweben darzustellen. Der zeitliche Verlauf sowie Regenerationsprozesse und der Erfolg prophylaktischer Strategien sollen mittels nuklearmedizinischer Methoden untersucht werden. Als diagnostische Marker kommen dabei verschiedene radioaktiv markierte Tracer zum Einsatz.
Der Ausdruck Click Chemie wurde von Sharpless et al. in 2002 definiert und umschreibt eine Reihe von hoch effizienten und schnellen Reaktionen. Verschiedene andere Anforderungen wie hohe Ausbeuten (quantitativ), milde Bedingungen, schnelle Kinetiken, biokompatible, geringe Toxizität, etc. müssen erfüllt werden, um eine „Click Reaktion“ zu werden. Ein bekanntes Beispiel ist die Cu(I)-katalysierte Version der Huisgen 1,3-dipolaren Cycloaddition von Alkinen und Aziden zu 1,4-Triazolen. Diese Reaktion liefert fast quantitative Ausbeuten in kurzer Reaktionszeit und bei sehr milden (biokompatibel) Bedingungen. Zusätzlich sind Alkine und Azide unter den meisten Reaktionsbedigungen inert und reagieren nicht mit den meisten der üblichen funktionalen Gruppen.
In der Radiopharmazeutischen Chemie arbeiten wir oft mit komplexen Biomolekülen, die sensitiv sind gegen harsche Reaktionsbedingungen und zusätzlich auch noch viele Funktionalitäten tragen. Die bevorzugte direkte 18F-Radiomarkierung von solchen Molekülen stellt sich oft als unmöglich heraus und nur indirekte Methoden wie der Einsatz von prosthetischen Gruppen sind die letzte Möglichkeit. Wir nutzen die Click Chemie für die indirekte 18F-Markierung von komplexen Biomolekülen und Strukturen. Außerdem arbeiten wir an der Entwicklung neuer „clickbarer“ prosthetischen Gruppen für die 18F-Markierung.
Da die oben erwähnte Click Cycloaddition eine solch hoch effiziente und selektive Methode ist um zwei Moleküle zu koppeln, nutzen wir die Click Chemie weiterhin für verschiedene Aufbausynthesen und Verknüpfungschemie von komplexen Strukturen und Molekülen.
Circa 370 Millionen Menschen leiden weltweit an Diabetes. Für die Zukunft prognostizieren Studien einen Anstieg auf über 500 Millionen Menschen bis zum Jahr 2030. Momentan steht kein direktes Diagnoseverfahren für eine Früherkennung zur Verfügung.
Man unterscheidet grundsätzlich zwischen Typ I und Typ II. Unter Typ I versteht man eine Autoimmunkrankheit, bei der die körpereigenen insulinproduzierenden Betazellen zerstört werden. Im Gegensatz dazu ist Typ II Diabetes eine chronische Stoffwechselkrankheit, die einen erhöhten Blutzuckerspiegel zur Folge hat.
Der Verlauf einer Diabeteserkrankung ist speziell bei Typ I eng mit der Masse der vorhandenen Betazellen verknüpft. Eine quantitative Bestimmung der Betazellmasse in vivo ist zurzeit nicht möglich. Nicht-invasive, quantitative Bildgebungsverfahren können hier diese wichtige Lücke schließen. In diesem Projekt entwickeln wir die entsprechenden Betazell-spezifischen Radioliganden.
Beim Krankheitsbild der Leberfibrose handelt es sich um einen chronischen Wundheilungsvorgang bei dem eine übermäßige Ablagerung von extrazellulärer Matrix (ECM, hauptsächlich Collagen Typ I) im hepatischen Gewebe stattfindet. Die Permeation der Plasmabestandteile von den Lebersinusoiden durch den – nun mit Collagen gefüllten – Raum von Disse in die Hepatozyten wird somit behindert. Dies führt zu einer eingeschränkten Leberfunktion, einem erhöhten intrahepatischen Widerstand (portale Hypertension) und häufig zu der Entwicklung von Leberkrebs. Die übermäßige Ablagerung der ECM entsteht durch ein Ungleichgewicht zwischen Fibrogenese und Fibrolyse. Wird die Leber wiederholt angegriffen (bspw. durch Alkohol, Toxine, Hepatitis B/C, Autoimmunerkrankungen etc.) wird über verschiedene Mechanismen (s. Abbildung) die Collagen-Synthese hochgeregelt. Bei den Collagen-produzierenden Zellen handelt es sich um aktivierte Myofibroblasten, die sich sowohl aus hepatischen Sternzellen als auch aus portalen oder perivaskularen Fibroblasten sowie hepatischen Endothelzellen entwickeln können.
Die Diagnostik der Leberfibrose gestaltet sich leider schwierig. Der Goldstandard ist noch immer die Leberbiopsie mit anschließender histologischer Untersuchung des entnommenen Gewebes. Allerdings werden selbst mit dieser Methode recht unterschiedliche Ergebnisse bzgl. des Schweregrads der Fibrose erhalten, je nach Entnahmestelle der Probe (repräsentiert nur etwa 1/50.000 des Organs). Dies erschwert sowohl die Behandlung in der Klinik als auch die Entwicklung neuer antifibrotischer Therapeutika.
Die Positronen-Emissions-Tomographie (PET) stellt eine exzellente Methode dar, um die Inhomogenität der Erkrankung innerhalb der Leber in die Diagnostik miteinzubeziehen, da sie erlaubt das gesamte Organ zu untersuchen. Die Entwicklung eines PET-Tracers könnte also sowohl die Diagnostik der Leberfibrose signifikant verbessern als auch als nicht-invasive Methode einen großen Vorteil für den Patienten bringen. Von Interesse sind dabei besonders Targets die das Ausmaß der Fibrogenese widerspiegeln, da somit das Anschlagen einer Therapie sehr früh untersucht werden kann. Dazu entwickeln wir small molecules und peptidische Strukturen, die mit 18F und 68Ga markiert werden und als potentielle Radiopharmaka für das PET Imaging von Fibrose und Fibrogenese evaluiert werden. In diesem Projekt arbeiten wir in enger Zusammenarbeit mit der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Dr. D. Schuppan (Universitätsmedizin Mainz)
Folsäure (FS) ist ein Vitamin (B9) und die bioaktive Form des 5,6,7,8-Tetrahydrofolat (THF). Im Körper wird aufgenommene FS durch die dihydrofolate reductase (DHFR) reduziert, um die bioaktive Form THF bereitzustellen. THF ist essentiell für den one-carbon Metabolismus (z.B. de novo DNA-Synthese) der Zellen. THF und FS sind daher unersetzlich für die Zellentwicklung und das Zellwachstum.
Im Allgemeinen existieren zwei Mechanismen für die zelluläre Aufnahme. Der reduced folate carrier (RFC) ist ein Transporterprotein, das THF direkt in das Zellzytosol transportiert. Im Gegensatz kann die oxidierte Form (FS) nur mittels Endozytose über Anbindung an den sogenannten Folatrezeptor (FR) aufgenommen werde.
Im normalen (gesunden) Gewebe ist die FR-Expression (apikal) äußerst limitiert und auf die Nieren, die Lunge, die Plazenta und den Plexus choroideus begrenzt. Wohingegen viele humane Epithelkarzinome wie Eierstockkrebs, Darmkrebs, Brustkrebs, etc. den FR stark überexprimieren. Als Folge werden FS und Pteroinsäure von malignen Zellen über den FR verstärkt aufgenommen und zeigen eine hohe Anreicherung im Tumorgewebe. Aus diesem Grund sind radiomarkierte Folsäure- oder Pteroinsäurederivate äußerst erfolgsversprechende und ideale Kandidaten für das Tumor-Targeting und die onkologische Bildgebung
Das Folsäuremolekül unterteilt sich in zwei Bausteine. Eine Untereinheit, der Pteroinsäureteil wird als verantwortlich für die hohe (nanomolar) Affinität zum FR angenommen. Der andere Teil, die Glutaminsäureeinheit, erlaubt sogar umfangreiche chemische Modifikationen ohne dabei die Affinität zum FR zu beeinflussen. Demzufolge sind die zwei Carboxyl-Gruppen am Glutamat für Derivatisierungen und Markierungen verfügbar. Da es sich um zwei Carboxyl-Gruppen (α und γ) handelt, kann die Regioisomerie nicht außer Acht gelassen werden. Um isomere Mischungen zu vermeiden sind komplexe regioselektive Aufbausynthesen notwendig.
Wie oben erwähnt ist Folsäure ein optimaler Vektor für das Tumortargeting und die Bildgebung. Obwohl schon ein paar FS-basierte Radiotracer für PET entwickelt wurden, besteht weiterhin ein großer Bedarf an FS-Radiotracern, die synthetisch einfach zugänglich sind mit hohen radiochemischen Ausbeuten und eine geeignete Pharmakokinetik zeigen. Deshalb arbeiten wir an den Synthesen neuer Folsäurederivate. Dazu synthetisieren wir verschiedene 18F- und 68Ga-markierte Folsäure-basierte Substanzen und untersuchen ihr in vitro und in vivo Verhalten.
Obwohl Nanopartikel einen relativ neuen Aspekt in der pharmakologischen Forschung und insbesondere in der klinischen Routine darstellen, wurden ähnliche Produkte seit Jahrzehnten in nuklearmedizinischen Untersuchungen angewendet. Diese Verbindungen wurden als kolloidbasierte Radiopharmaka, radioaktiv markierte Nanokolloide oder einfach Radiokolloide bekannt. Wie bei passiven Targeting-Mechanismen moderner Nanopartikelsysteme basiert ihre vorteilhafte Gewebeanreicherung auf ihrer Partikelgröße und ihrer physikochemischen (Partikeloberflächen-) Eigenschaften.
Als am Ende des 20. Jahrhunderts die Kolloidchemie als "Nanotechnologie" und ihre medizinischen Anwendungen als "Nanomedizin" wiedergeboren wurde, haben sich die Ansprüche an die Herstellung neuer Generationen von diagnostischen und therapeutischen Arzneimitteln erhöht. Molekulare Bildgebungsverfahren sind für die Entwicklung neuer, zielgerichteter Drug-Delivery-Partikelsysteme hervorragende Werkzeuge. Gleichzeitig bietet dieser Ansatz die Möglichkeit, innovative diagnostische und/oder therapeutische Radiopharmaka zu entwickeln.
Im Vergleich zu herkömmlichen, kleinen Molekülen können nanodimensionale, kolloidale Partikel eine größere Menge Radioisotope und Medikamente transportieren. Durch passive Anreicherung und molekulare Targeting-Vektoren, die an ihre Oberfläche gebunden sind, können Nanopartikel selektiv und effizient kranke Gewebe und Organe adressieren. Unter idealen Bedingungen zirkuliert ein Nanopartikel für eine relativ lange Zeit im Körper und kann sich daher im Zielgewebe kontinuierlich anreichern. Durch Modifizierung von Nanopartikeln können Spezifität, Wirksamkeit und Bioverfügbarkeit optimiert und damit Nebenwirkungen verringert werden.
Zusammen mit unseren Kooperationspartnern stellen wir uns folgenden radiopharmazeutischen Herausforderungen:
- Nano-Radiopharmaka: Entwicklung neuer Nanopartikel-basierter Radiopharmaka zur Diagnose und Therapie von Tumorerkrankungen und Infektionen.
- Präklinische Evaluierungen: Mit Hilfe von molekularen Bildgebungsverfahren werden neue Nano-Radiopharmaka und nanodimensionale Drug-Delivery-Systeme auf ihr pharmakologisches Potential getestet.
- Controlled Drug Release Imaging: Visualisierung und quantitative Überwachung kontrollierter Arzneimittelfreisetzungssysteme, die auf externe Remote-Stimuli reagieren können.
Bakterielle Infektionen stellen in der Diagnostik immer noch eine große Herausforderung dar. Die zurzeit genutzten invasiven Verfahren sind zeitaufwändig, umständlich und eine große Belastung für die Patienten. Eine frühe Diagnose ist für die Prävention und die Behandlung entscheidend. Insbesondere im Falle von Implantaten ist eine schnelle Differenzierung zwischen einer septischen und aseptischen Entzündung essentiell und hat direkte Auswirkungen auf die Therapieentscheidung. Eine nicht-invasive, spezifische Bildgebung wie die nuklearmedizinische Positronen-Emissions-Tomographie (PET) zeigt hier sehr großes Potential.
In dieser Forschungsarbeit werden neue Radiotracer entwickelt, die spezifisch von Bakterien über einen Transporter aufgenommen werden. Dieser Transporter wird nicht auf Säugetierzellen exprimiert und stellt daher ein exklusives Target dar. Ziel ist es, Radiotracer für eine spezifische Bildgebung von bakteriellen Infektionen zu entwickeln, die eine Differenzierung zu sterilen Gewebeentzündungen erlaubt.