Nachhaltige Präventionskonzepte beinhalten neben der Anwendung von karies- oder parodontitisinhibierenden Agenzien, wie z.B. Zahnpasten und Mundspüllösungen, auch die Vermittlung von suffizienten Mundhygienestrategien. Über die Beobachtung von Mundhygienegewohnheiten verbessern wir das Verständnis für diese Form von Gewohnheitstätigkeiten und -mustern. Weiterhin ermitteln wir die Effektivität von Mundhygieneedukationen in der Kindheit und der Adoleszenz. Das übergelagerte Ziel unserer Arbeiten ist es, neue Strategien zur Änderung von Gewohnheitsmustern unter besonderer Berücksichtigung motologischer und kognitiver Aspekte zu entwickeln, um die Mundgesundheit von Kindheit an und bis ins hohe Alter aufrecht zu erhalten. Neben der allgemeinen Bevölkerung profitieren vor allem Personen mit einem hohen Präventionsbedarf, wie Personen mit einer schweren Grunderkrankung, die eine Auswirkungen auf die orale Gesundheit hat, aber auch manuell eingeschränkte Personen in einem hohen Maß von diesen Forschungstätigkeiten.
Der Verbund zwischen zahnärztlichen Werkstoffen wie kompositbasierten oder vollkeramischen Materialien und der Zahnhartsubstanz (Schmelz/Dentin) ist hochkomplex und unterliegt intraoral (in vivo) verschiedensten Einflüssen, die wir mit entsprechenden etablierten Versuchsaufbauten in vitro nachstellen. Dabei untersuchen wir im Rahmen unserer Forschungstätigkeiten die Auswirkung verschiedenster Parameter auf die Verbundzone zwischen den o.g. Werkstoffen und/oder zur Zahnhartsubstanz. Unser Hauptfokus liegt dabei auf der Etablierung von Studien, deren Ergebnisse sich von der in vitro- („Laborsituation“) direkt in die in vivo-Situation („Mundhöhle“) transferieren lassen.
Folgende Verfahren werden in unserem Werkstoffkundeprüflabor und in enger Kooperation mit weiteren Instituten und Kliniken der MHH zur Überprüfung materialspezifischer Parameter durchgeführt:
- Mikrozugversuche von adhäsiv befestigten Werkstoffen mittels des „Microtensile Bond Strength“ Verfahrens
- Simulation intraoraler Degradation des adhäsiven Verbundes durch thermische Wechselbelastung
- Lichtmikroskopische Frakturanalysen
- Rasterelektronenmikroskopische Analysen
- Transmissionselektronenmikroskopische Analysen der Hybridschicht
- Randanalysen mittels Farbstoffpenetration
- Verschleißsimulationen unter erosiven, abrasiven oder erosiv-abrasiven Bedingungen
In klinischen Studien untersuchen wir restaurative Materialien hinsichtlich ihrer intraoralen Langzeitstabilität mittels etablierter Bewertungskriterien wie z.B. den modifizierten Ryge-Kriterien. Alle bei uns im Hause durchgeführten klinischen Studien werden im Einklang mit der Deklaration von Helsinki sowie nach den Grundsätzen der „Good Clinical Practice“ durch zertifizierte Prüfärzte durchgeführt.
Kinder mit angeborenen Herzfehlern sind aufgrund unterschiedlicher Faktoren für oralpathogene Veränderungen, wie der Karies und der Gingivitis, gefährdet. Gerade unversorgte kariöse Prozesse sind in Bezug auf einer möglichen infektiösen Endokarditis als Risikofaktor zu sehen. In Zusammenarbeit mit der Klinik für pädiatrische Kardiologie sollen Speichelanalysen bei Kindern mit Herzerkrankungen untersucht werden. Bei den Proben werden Analysen von Proteomen, Mikrobiomen und Metabolomen erstellt. Dabei soll gezeigt werden, welchen Einfluss diese Parameter auf die Mundgesundheit haben.
Der potentielle Verlust eines Frontzahnes oder eines Frontzahntraumas kann für den häufig noch jungen Patienten nicht nur ästhetische und funktionelle Folgen haben, sondern auch psychologische Auswirkungen und einen finanziellen Aufwand nach sich ziehen. Besonders bei Kindern im Wachstum ist eine adäquate Versorgung wichtig, um die Gefahr vor künftigen Kieferwachstumsstörungen zu minimieren. Ein langfristiger Therapieerfolg wird folglich schon direkt am Unfallort durch das Agieren der betroffenen Personen und der individuellen Primärbehandlung des vom Patienten aufgesuchten Zahnarztes beeinflusst. Die Arbeitsgruppe untersucht den Kenntnisstand zum Frontzahntrauma im Milch- und Wechselgebiss bei niedergelassenen Zahnärzten, Zahnärztinnen und Studierenden.
Einige seltene systemische Erkrankungen manifestieren sich an den Zähnen oder dem Zahnhalteapparat. Da in diesen Fällen häufig nicht nur einzelne Zähne Veränderungen zeigen, sondern alle Zähne betroffen sind, zieht dieses umfangreiche Behandlungen nach sich. Bei der wissenschaftlichen Leitlinie „Versorgung Seltener, genetisch bedingter Erkrankungen der Zähne“ (AWMF Registernummer 083 – 048) sollen einige dieser Erkrankungen charakterisiert und evidenzbasierte Empfehlungen für deren Versorgung erarbeitet werden.
Hypophosphatasie ist eine dieser seltenen Erkrankungen. Bei einem Erkrankungsbeginn im Kindes- oder Jugendalter besteht die Möglichkeit der Langzeit-Enzymersatztherapie, um die Knochenmanifestationen der Krankheit zu behandeln. Diese Behandlung scheint auch günstige Effekte auf die Zahnentwicklung zu haben. Zähne, die unter dieser Enzymersatztherapie gebildet wurden, sollen untersucht und im Vergleich zu entsprechenden Zähnen gesunder Probanden beschrieben werden.
Durch die Mitarbeit an der S3-Leitlinie „Fissuren- und Grübchenversiegelung“ (AWMF-Registernummer 083-002) sowie an der S3+Leitliniengruppe „Kindesmisshandlung, -missbrauch, -vernachlässigung unter Einbindung der Jugendhilfe und Pädagogik (Kinderschutzleitlinie)“ (AWMF Registernummer 027 – 069) sollen wissenschaftlich basierte Empfehlungen erarbeitet und aktualisiert werden.
Restaurative Zahnsanierungen können bei Patienten, die nicht oder nur eingeschränkt bei einer Behandlung mitarbeiten können, unter Narkose erfolgen. Liegen Risiken vor, die eine peri- oder postoperative Überwachung erfordern, können solche Behandlungen nur in einem stationären Umfeld erfolgen. Da die zahnerhaltenden Behandlungen zeitintensiv sind, können sie unter den derzeitigen Bedingungen nicht kostendeckend abgerechnet werden. Es soll erreicht werden, dass eine kostendeckende Abrechnung der erbrachten Leistungen gegenüber den Kostenträgern ermöglicht wird.
Mit Einführung der neuen zahnärztlichen Approbationsordnung (ZApprO) gewinnt das Fach Kinderzahnheilkunde an Umfang und Bedeutung. Im Bereich der Lehrforschung wird der Fragestellung nachgegangen, inwieweit sich die Prüfungsform Objektive Structured Clinical Examination (OSCE) in einem bundesweiten Assessmentprozess integrieren lässt.
- Biokompatibiltät zahnärztlicher Werkstoffe
Alle zahnärztlichen Kunststoffe setzen nach der Polymerisierung (Materialaushärtung) Moleküle wie (Ko)monomere, Initiatoren und Akzeleratoren der Polymerisierungsreaktion in die Mundhöhle frei. Wir untersuchen, wie Zellen oralen Ursprungs in konventionellen Zellkulturen und gewebenahen Kulturmodellen auf diese organischen Inhaltsstoffe reagieren. Unser Ziel ist zu verstehen, wie durch zahnärztliche Materialien ausgelöste zelluläre Effekte zur Aktivierung unterschiedlicher Zellreaktionen, wie einer Modulation des Redoxhaushalts, Gentoxizität, Zelltod oder zellulärer Seneszenz (Zellalterung), führen, inwiefern inflammatorische Zellprozesse beeinflusst werden und welche redoxsensitiven zellulären Faktoren daran beteiligt sind. Die Identifizierung und Aufklärung dieser Wirkmechanismen ergibt wichtige Daten für die Einschätzung von klinischen Risiken und für die Entwicklung biokompatibler Alternativen zu den bisher klinisch verwendeten Kunststoff-modifizierten Biomaterialien.
- Orale Stammzellen
Mesenchymale Stammzellen sind die Stammzellen des Bindegewebes und im Organismus verantwortlich für die Regeneration geschädigten Gewebes und der Aufrechterhaltung der Gewebshomöostase. Wir arbeiten mit Stammzellen oralen Ursprungs. Nach der Gewinnung der Zellen erfolgen die Weiterverarbeitung und Konservierung in tiefkaltem flüssigen Stickstoff sowie umfangreiche Qualitätskontrollen. Die Zellen werden in Zellkulturverfahren verwendet, um sie hinsichtlich ihrer Differenzierungsfähigkeit in Zelltypen zu analysieren, die bei der Zahnbildung und/oder der Regeneration von Defekten des Zahnhalteapparats eine Rolle spielen, und um den Einfluss von durch zahnärztliche Materialien induziertem oxidativen Stress zu untersuchen. So erhalten wir Grundlagen für das Verständnis der molekularen Vorgänge bei der Wundheilung, die für die Planung von Strategien zur Regeneration oralen Gewebes von Bedeutung sind.
- Statistische Beratung, Studiendesigns und Fallzahlberechnungen insbesondere zu klinischen Studien im Bereich der Zahnmedizin
Klinische Studien sind eine wesentliche Grundlage für den medizinischen Fortschritt und ermöglichen systematischen Erkenntnisgewinn, der über die Erfahrungen aus der Behandlung einzelner Patienten hinausgeht. Die Wahl des richtigen Studiendesigns einerseits sowie eine studienbezogene Fallzahlplanung andererseits sind dabei von entscheidender Bedeutung. Eine besondere Herausforderung bei Studien im zahnmedizinischen Bereich stellen dabei mehrfache Beobachtungen auf Patientenniveau dar, sei es durch Erhebung zahnspezifischer Faktoren oder Behandlungen an mehr als einem Zahn je Patient.
- Erweiterung des Methodenspektrums bei klinischen Studien im Bereich der Zahnmedizin und Verbesserung der Kommunikation von Studienergebnissen
Klinische Studien können auf ein breites, allgemeines Methodenspektrum zurückgreifen. Innovative Ansätze in der zahnmedizinischen Forschung wie die verstärkte Berücksichtigung prognostischer und prädiktiver Faktoren, die Nutzung neuer Zielgrößen wie zum Beispiel das Mikrobiom, oder die verstärkte Berücksichtigung von Fragen aus dem Bereich der Versorgungsforschung erfordern es aber, das im Bereich der Zahnmedizin bisher übliche Spektrum zu erweitern.
Durch die Nutzung digitaler Mess- und Erhebungsmethoden kommt es auch in der zahnmedizinischen Forschung zu einer zunehmenden Datenfülle. Dies erfordert neue Wege der Datenvisualisierung und Ergebnispräsentation. Die Verbesserung der Kommunikation von Studienergebnissen – auch durch geeignete Veranschaulichung theoretisch-statistischer Maßzahlen, ist daher ein weiterer Schwerpunkt.