Forschung
Experimentelle Neurochirurgie
Die klinische Forschung der Klinik für Neurochirurgie beinhaltet schwerpunktmäßig Projekte aus der funktionellen Neurochirurgie, insbesondere der tiefen Hirnstimulation bei Bewegungsstörungen und neuropathischen Schmerzsyndromen.
Weiterhin werden in der spinalen Neurochirurgie Studien zum Einsatz verschiedener Implantate und der damit verbundenen Lebensqualität durchgeführt.
In der Hydrocephalusforschung wird die Pathophysiologie und die Hydrodynamik dieser Störung untersucht, sowie neue Shunttechnologien getestet. In der Schädelbasischirurgie werden neue minimalinvasive operative Zugänge entwickelt. Innerhalb des geplanten Cancer Center Hannover werden Studien zum Einsatz von Chemotherapeutika und Neuroimaging bei Gehirntumoren bearbeitet.
Der Schwerpunkt der tierexperimentellen Forschung liegt auf der Translation klinischer Fragestellungen. Dies beinhaltet Studien zur tiefen Hirnstimulation bei Tiermodellen für Bewegungsstörungen und neuropsychiatrischen Erkrankungen, die zudem verhaltensbiologisch, pharmakologisch und neuroanatomisch charakterisiert werden. Zudem werden Studien zur Effektivität oberflächlicher und intrakortikaler elektrischer Stimulation des primär visuellen Kortex durchgeführt.
Ein weiterer Schwerpunkt ist die neuroonkologische Forschung mit heterolog implantierten Tumoren aus Primärzellen humaner hirneigener Tumoren, sowie mit Tumorzelllinien. Im Verbundzentrum für Biokompatibilität und Implantationsimmunologie „CrossBIT“ werden Elektroden entwickelt, die für neuroelektrische Schnittstellen einsetzbar sind. Zudem werden neue Apparaturen für die neurochirurgische Anwendung am Tiermodell getestet.
Weitere Informationen
Prof. Dr. med. Joachim K. Krauss
Prof. Dr. Kerstin Schwabe
Projekte aus der funktionellen Neurochirurgie umfassen zahlreiche klinische Studien zur tiefen Hirnstimulation (deep brain stimulation, DBS), Basalganglienstörungen (Dystonie, Parkinson) und neuropathischen Schmerzsyndromen. Der Schwerpunkt liegt auf der Entwicklung von Behandlungsalgorithmen für die multifokale tiefe Hirnstimulationen bei seltenen Bewegungsstörungen. Dafür werden klinisch genutzte Zielregionen aus den Basalganglien und dem Thalamus verwendet, aber auch neue potentielle Zielregionen getestet. Extrazelluläre Einzelzellableitungen mit hochohmigen Elektroden, die für die optimale Positionierung der DBS Elektroden genutzt werden, tragen zur Aufklärung der Physiologie und der Pathophysiologie neuronaler Aktivität bei den verschiedenen Erkrankungen bei.
Da Basalganglienstörungen zunehmend als Imbalance zwischen synchronisierter oszillatorischer Aktivität in verschiedenen Frequenzbändern dargestellt werden, leiten wir zur weiteren Aufklärung dieser Zusammenhänge von den verschiedenen Kontakten der DBS Elektroden lokale Feldpotentiale ab, während diese für die klinische Evaluation des Stimulationserfolges externalisiert sind. Während der Ableitungen werden von den Patienten verschiedene motorische und kognitive Paradigmen bearbeitet. Zudem ist die Klinik für Neurochirurgie an zwei deutschlandweiten Multicenter-Studien zur Evaluation des Effekts der tiefen Hirnstimulation bei der cervicalen und der tardiven Dystonie beteiligt. Nach Implantation der Elektroden in den Globus pallidus wird der Schrittmacher in der postoperativen dreimonatigen Phase für den Patienten und den Arzt geblindet. Somit können unvoreingenommen klinische Effekt der Stimulation beurteilt werden.
In einer weiteren Studie die in Kooperation mit der Klinischen Psychiatrie wird der Effekt der tiefen Hirnstimulation bei Patienten mit Tourette-Syndrom untersucht. Hierbei werden vier Elektroden in den Globus pallidus und den Thalamus implantiert, um die Effekte der DBS beider Zielpunkte zu untersuchen.
Ausgewählte Literatur
Alam A et al, 2016, J Neural Transm (Vienna), 231-40 (Pubmed)
Kooperationen
PD Dr. med. C. Blahak, Neurologische Klinik, Universitätsklinikum Mannheim
Prof. Dr. med. H. J. Bäzner, Direktor Neurozentrum – Katharinenhospital, Klinikum Stuttgart
Prof. P. Brown, Sobell Department of Motor Neuroscience and Movement Disorders, Institute of Neurology, Oxford, UK
Prof. Dr. med. A. Kühn, Klinik für Neurologie, Charité, Campus Virchow Klinikum, Berlin
Prof. Dr. med. D. Dressler, Klinik für Neurologie, MHH
Dr. med. C. Schrader, Klinik für Neurologie, MHH
Prof. Dr. med. K. Müller-Vahl, Klinik für Psychiatrie, Sozialpsychiatrie und Psychotherapie, MHH
Bei der tiefen Hirnstimulation (deep brain stimulation, DBS) stimulieren chronisch implantierte Elektroden unterschiedliche Gehirnregionen. Bewegungsstörungen werden wirkungsvoll und ohne Nebenwirkungen behandelt. Einzelfallstudien weisen darauf hin, dass die DBS auch bei neuropsychiatrischen Erkrankungen erfolgversprechend ist. Bisher wurden verschiedene Kerngebiete mit unterschiedlichem Erfolg getestet. Extrazelluläre Einzelzellableitungen mit hochohmigen Elektroden, die für die optimale Positionierung der DBS Elektrode genutzt werden, tragen dabei zur Aufklärung der Physiologie und der Pathophysiologie neuronaler Aktivität bei den verschiedenen Erkrankungen bei. Die zugrunde liegenden Mechanismen der Wirkung der DBS sind noch nicht vollständig geklärt. Wir untersuchen bei verschiedenen Tiermodellen für neurologische Erkrankungen (6-Hydroxydopamin Parkinsonmodell, experimentell induziertes Defizit der Präpulsinhibition) die funktionellen Auswirkungen der DBS auf Verhaltensebene (einfache und komplexe motorische Leistungen, kognitives und emotionales Verhalten), sowie auf Zellebene mit neurophysiologischen (extrazelluläre Einzelzellableitungen, lokale Feldpotentiale) und neuroanatomischen Methoden (Immunhistochemie, anatomische Tracer). Diese Untersuchungen tragen zum Verständnis der komplexen Interaktion neuronaler Systeme bei und geben neue Einblicke in die Plastizität und die Modulation von Funktionsschleifen des Zentralen Nervensystems unter physiologischen und pathologischen Bedingungen.
Neuropsychiatrische Erkrankungen mit neurowissenschaftlichen Methoden zu beschreiben, ist ein relativ neuer Trend. Die Schizophrenie bspw. wurde lange als soziale oder psychologische Störung beschrieben, die nicht mit neuropathologischen Veränderungen im Gehirn einhergeht. Die Ätiologie und die molekularen Mechanismen neuropsychiatrischer Erkrankungen sind daher noch weitgehend unklar, ebenso die Möglichkeiten zur Prävention und Behandlung. Schizophrenie ist eine Erkrankung, die sich durch Halluzinationen und soziale Inkompetenz auszeichnet. Der Ansatz zur tierexperimentellen Untersuchung solcher Erkrankungen hat sich in den letzten Jahren stark verändert. Derzeit werden zunehmend kognitive (z.B. Lern- und Gedächtnisstörungen) und emotionale (z.B. Motivationsdefizite, Angst) Störungen mit neuropsychiatrischen Störungen in Zusammenhang gebracht. Profile mit kognitiver und emotionaler Störungen werden als Endophänotypen beschrieben, also physiologische Marker, die biologisch mit der Erkrankung zusammenhängen und als Verbindungsglied zwischen dem klinischen Symptom und den biologischen Grundlagen gelten. Solche Endophänotypen werden genutzt, um die neurobiologischen Grundlagen neuropsychiatrischer Erkrankungen auf tierexperimenteller Ebene zu untersuchen. Beispiele sind Gedächtnisstörungen, reduzierte Verhaltensflexibilität und Defizite sensomotorischer Bahnungsprozesse, die tierexperimentell durch lokale oder systemische Eingriffe in Transmittersysteme oder neuronale Netzwerke induziert werden. Diese Tiermodelle testen neurochirurgische oder pharmakologische Interventionen.
Kooperation
Prof. Dr. M. Koch, Institut für Hirnforschung, Universität Bremen
Die Präpulsinhibition (PPI) der akustischen Schreckreaktion ist ein Modell zur Messung sensomotorischer Bahnungsprozesse, die bei verschiedenen neuropsychiatrischen Erkrankungen gestört sind. Ein endogenes PPI-Defizit wurde bei Ratten durch eine selektive Zucht induziert, was durch das Antipsychotikum Haloperidol antagonisierbar ist. Zudem zeigen Ratten Verhaltensdefizite, die auch bei neuropsychiatrischen Erkrankungen beobachtet werden. Wir testen bei Ratten mit zuchtverminderter PPI die Effekte typischer und atypischer Antipsychotika auf die PPI und die Verhaltensdefizite, sowie die Effekte von spezifischen Rezeptoragonisten und Antagonisten, um den ursächlichen Transmitterdefekt aufzudecken. Wir planen, zudem mit elektrophysiologischen Methoden, die neuronale Aktivität in kortikalen und subkortikalen Gehirngebieten zu untersuchen. Ferner werden wir das dopaminerge und GABAerge System mit histologischen Methoden untersuchen. Ratten mit zuchtinduziertem PPI-Defizit können zukünftig genutzt werden, um die neurobiologischen Grundlagen sensomotorischer Bahnungsprozesse zu untersuchen und therapeutische Strategien für neuropsychiatrische Erkrankungen zu testen.
Ausgewählte Literatur
The anterior and posterior pedunculopontine tegmental nucleus are involved in behavior and neuronal activity of the cuneiform and entopeduncular nuclei. Jin X, Schwabe K, Krauss JK, Alam M. Neuroscience. 2016 May 13;322:39-53 (Pubmed)
Electrophoretic deposition of ligand-free platinum nanoparticles on neural electrodes affects their impedance in vitro and in vivo with no negative effect on reactive gliosis. Angelov SD, Koenen S, Jakobi J, Heissler HE, Alam M, Schwabe K, Barcikowski S, Krauss JK. J Nanobiotechnology. 2016 Jan 12;14:3 (Pubmed)
Coherence of neuronal firing of the entopeduncular nucleus with motor cortex oscillatory activity in the 6-OHDA rat model of Parkinson's disease with levodopa-induced dyskinesias. Jin X, Schwabe K, Krauss JK, Alam M. Exp Brain Res. 2016 Apr;234(4):1105-18 (Pubmed)
Neuronal Entropy-Rate Feature of Entopeduncular Nucleus in Rat Model of Parkinson's Disease. Darbin O, Jin X, Von Wrangel C, Schwabe K, Nambu A, Naritoku DK, Krauss JK, Alam M. Int J Neural Syst. 2016 Mar;26(2):1550038 (Pubmed)
Globus pallidus internus neuronal activity: a comparative study of linear and non-linear features in patients with dystonia or Parkinson's disease. Alam M, Sanghera MK, Schwabe K, Lütjens G, Jin X, Song J, von Wrangel C, Stewart RM, Jankovic J, Grossman RG, Darbin O, Krauss JK. J Neural Transm (Vienna). 2016 Mar;123(3):231-40 (Pubmed)
Cortical electroconvulsive stimulation alleviates breeding-induced prepulse inhibition deficit in rats. John N, Theilmann W, Frieling H, Krauss JK, Alam M, Schwabe K, Brandt C. Exp Neurol. 2016 Jan;275 Pt 1:99-103 (Pubmed)
Eine Theorie zur Entstehung neuropsychiatrischer Erkrankungen sind frühkindliche Störungen der neuronalen Entwicklung, die aufgrund der fortlaufenden Vernetzung des reifenden Gehirns kompensatorisch Veränderungen induzieren, die später die Manifestation neuropsychiatrischer Störungen begünstigen. Ein tierexperimenteller Ansatz für diese Hypothese ist die Induktion von Läsionen in der frühen postnatalen Entwicklungsphase von Ratten und die Untersuchung der Auswirkungen auf das Verhalten beim erwachsenen Tier. Die Läsionierung kortikaler Regionen bei neugeborenen Ratten bewirkt pathomorphologische Veränderungen und Verhaltensstörungen beim adulten Tier, wie Defizite bei der Verhaltensflexibilität und beim Belohnungslernen. Neuroanatomische Untersuchungen zeigen zudem weitreichende subkortikale Veränderungen des GABAergen inhibitorischen Systems und Störungen der Myelinisierung, die wir mit immunhistochemischen und elektrophysiologischen Techniken genauer untersuchen werden.
Ein weiterer Schwerpunkt ist die Untersuchung von Störungen, die möglicherweise durch die Entfernung von Mittelhirntumoren, häufig in der hinteren Schädelgrube auftreten. Zur chirurgischen Entfernung wird der Kleinhirnwurm gespalten, wobei unklar ist, welche Auswirkungen dies auf spätere kognitive und motorische Entwicklung dieser Kinder hat. Wir untersuchen daher die motorischen und kognitiven Eigenschaften von adulten Ratten nach neonataler Spaltung des Kleinhirnwurms.
Ausgewählte Literatur
Harich et al., 2008 Neuroscience 153: 918-928, (Pubmed)
Klein et al., 2008 Experimental Neurology, 209: 199-212 (Pubmed)
Trotz erheblicher Fortschritte in der neuroonkologischen Forschung ist die Behandlung von hirneigenen Tumoren weiterhin problematisch. Insbesondere für gutartige Tumore wie Meningeome und Schwannome, die durch ihr verdrängendes Wachstum fokale Symptome bewirken, aber aufgrund ihrer anatomischen Lokalisation nicht oder nicht vollständig resezierbar sind oder häufig rezidivieren, gibt es keine erfolgreichen systemischen oder lokalen chemotherapeutischen Ansätze. Unser Schwerpunkt liegt auf der Erstellung von Tiermodellen zur Untersuchung der neurobiologischen Grundlagen und der Entwicklung möglicher Therapieansätze zur Wachstumshemmung dieser gutartigen hirneigenen Tumoren. Hierfür werden primäre Tumorzellen von neurochirurgisch resezierten Tumoren aus unserer Klinik verwendet, die bei thymuslosen Mäusen in die physiologische Umgebung der Tumoren, also bei Meningeomen nahe der Hirnhäute und bei Schwannomen nahe der Nervenscheide, injiziert werden. Mäuse mit derart induzierten Tumoren werden dann genutzt, um neue systemische oder lokale Behandlungsstrategien zu testen. In einer Kooperation mit der Klinik für Nuklearmedizin untersuchen wir die gezielte lokale Wirkung von Alpha-Strahlen auf das Wachstum von heterolog implantierten Glioblastomzellen bei Ratten. Eine effektive systemische Therapie ist bei diesem bösartigen Hirntumor nicht verfügbar oder aufgrund der erforderlichen hohen Substanzdosis zur Erzielung einer wirksamen Dosis der Agenzien am Zielort und den damit verbundenen Nebenwirkungen nur eingeschränkt möglich. Zur Induktion der intrakraniellen Tumoren verwenden wir eine Glioblastom-Zelllinie.
Inoperable und rezidivierende Meningeome stellen ein großes gesundheitspolitisches Problem dar, da sie eine hohe Prävalenz haben und zu einer starken Beeinträchtigung des Patienten führen können. Eine effektive Chemotherapie ist für die überwiegend gutartigen, langsam wachsenden Tumoren epithialer Herkunft bisher nicht verfügbar. Es wurde jedoch in zahlreichen Studien beschrieben, dass Tumoren epithelialer Herkunft pharmakologisch durch die Inhibition des Enzyms Cyclooxygenase-2 (Cox-2) im Wachstum gehemmt werden.
Wir untersuchen die Effekte einer pharmakologischen Behandlung mit dem Cox-2 Hemmer Celecoxib auf das Wachstum benigner Meningeome. Hierzu charakterisieren wir das Wachstum von primären Zellkulturen aus neurochirurgisch resezierten Meningeomen in vitro und nach heterologer Transplantation bei immunkompromittierten Nacktmäusen. Ein möglicher wachstumshemmender Effekt von Celecoxib wird zudem nach systemischer Applikation untersucht, sowohl als Monotherapie als auch in Kombination mit verschiedenen Angiogenesehemmern. Zudem wird die lokale Wirkung des Cox-2 Hemmers nach intrakranialer Verabreichung getestet.
Die zu erwartenden Befunde tragen dazu bei, chemotherapeutische Ansätze zu entwickeln, mit denen das Tumorwachstum von benignen Meningeomen unterdrückt werden kann.
Projektförderung
Else Kröner-Fresenius-Stiftung
Kooperation
Dr. R. Klein, Institut für Pathologie der MHH
Vestibularisschwannome, die häufig auch als Akustikusneurinome bezeichnet werden, sind meist langsam wachsende, gutartige Tumore, die aber aufgrund der Nähe zu wichtigen Hirnnerven zu einer starken Beeinträchtigung der Patienten führen können. Die mikrochirurgische Tumorresektion ist mit nicht unerheblichen prozeduralen Risiken verbunden. Insbesondere können ein Hörverlust und eine Lähmung des Gesichtsnervs auftreten.
Bei verschiedenen primären Gehirntumoren wurde bereits eine tumorale Expression des Enzyms Cox-2, sowie eine Wachstumshemmung durch Cox-2 Hemmer in der Zellkultur und im Tiermodell beschrieben. Wir quantifizieren daher zunächst die Expression des Enzyms Cox-2 bei humanen Schwannomen. Außerdem prüfen wir eine etwaige Wachstumshemmung von primären Zellkulturen aus operativ entfernten Schwannomen durch die Behandlung mit verschiedenen Dosen des Cox-2-Hemmers Celecoxib. Zusätzlich planen wir die Etablierung eines in vivo Tiermodells, bei dem das Wachstumsverhalten von Schwannomzellen nach Implantation in die Nervenhülle peripherer und zentraler Nerven bei Nacktmäusen bestimmt wird.
Langfristig dient das Versuchsvorhaben der Etablierung eines Tumormodells zur Untersuchung der neurobiologischen Grundlagen des Wachstums von Vestibularisschwannomen, sowie zur Prüfung von Behandlungsstrategien für diese Tumorart.
Projektförderung
Stiftung Tumorforschung Kopf-Hals, Kerstin Schwabe
Kooperation
Dr. R. Klein, Institut für Pathologie der MHH
Höhergradige oder maligne Gliome stellen die größte Gruppe aller malignen hirneigenen Tumoren dar. Trotz erheblicher Fortschritte in der Behandlung ist deren Prognose nach mikrochirurgischer Resektion aufgrund der hohen Rezidivneigung und des infiltrativen Wachstums weiterhin ungünstig. Ein Ansatz zur spezifischen zielgerichteten Tumortherapie basiert auf der Überregulation von membranständigen Aminosäuretransportern im malignen Tumorgewebe, die aus der stark erhöhten Zellteilungsrate resultiert. Die Aminosäure Phenylalanin wird bevorzugt von Tumorzellen aufgenommen, was auch nach Kopplung an den α-Strahler 211-Astat (211-At-Phenylalanin) gilt. Die emittierten Alpha-Partikel haben eine geringe Reichweite und Halbwertszeit, sodass sie ihre Wirkung gezielt am Tumor entfalten und die Gefahr von Nebenwirkungen auf das umgebende Gewebe, sowie nach systemischer Abschwemmung gering ist.
Zunächst wird das Wachstum einer Glioblastom-Zelllinie nach stereotaktischer intrakranieller Injektion und anschließender lokalen Resektion bei Ratten charakterisiert. Danach wird die wachstumshemmende Wirkung von 211-At-Phenylalanin nach systemischer Injektion oder nach lokaler Injektion in das Tumorgewebe selbst, sowie in die Resektionshöhle nach Entfernung des Tumorgewebes, getestet. Die zu erwartenden Befunde tragen dazu bei, radiotherapeutische Ansätze mit Alpha-Strahlern zu entwickeln, mit denen das Tumorwachstum von malignen Gliomen unterdrückt werden kann.
Projektförderung
EU-Rahmenprogramm