„Mein Herz tut mir fast weh vor Dankbarkeit“
Heinz ist seit 30 Jahren herztransplantiert.
Im Juni 1991, ein Jahr nach der deutschen Wiedervereinigung, befand sich Heinz zum wiederholten Male zur Behandlung seiner krankhaften Herzerweiterung, auch dilatative Kardiomyopathie genannt, im Universitätsklinikum in Halle/Saale. Trotz intensiver medizinischer Behandlung verschlechterte sich sein Zustand. Seine Herzleistung betrug noch 15 Prozent. Als Ausweg blieb nur eine Herztransplantation.
In den Bundesländern der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik (DDR) transplantierten nur die Ärzt*innen der Berliner Charité. Sie gaben Heinz keine Hoffnung, in absehbarer Zeit dort transplantiert zu werden. Sein Lebensmut sank von Tag zu Tag. Im Vertrauen schlug der zuständige Oberarzt vor, den Oberarzt (OA) Haverich, heute Professor und Direktor der MHH-Klinik für Herz,-Thorax-, Transplantations- und Gefäßchirurgie, in Hannover zu kontaktieren. Ehefrau Helga und Sohn Raik traten umgehend mit ihm in Verbindung.
OA Haverich initiierte Heinz Verlegung nach Hannover. Dies war aufgrund der damaligen politischen und wirtschaftlichen Umbruchphase nicht leicht: Größtes Problem war unter anderem die Kostenübernahme seitens der Krankenkasse, speziell für den Hubschraubertransport.
Heinz schöpfte mit der Verlegung Anfang August 1991 nach Hannover wieder neuen Lebensmut, verbrachte die Wartezeit im Vinzenzkrankenhaus und bekam Anfang Oktober 1991 sein erstes Herz transplantiert.
Die Erleichterung, Freude und Dankbarkeit, auch bei seiner Familie, waren riesengroß! „Der Gedanke an den Spender und dessen Verwandte und der ewige Dank an alle, die an meinem neuen Leben beteiligt waren, insbesondere die Ärzte, Schwestern und Pfleger, wird mich ein Leben lang begleiten“, erzählt der in Quedlinburg im Harz lebende zweifache Vater.
1997 wurde bei einer Herzkatheter-Kontrolluntersuchung eine irreparable Transplantatvaskulopathie, Merkmal einer chronischen Abstoßung, festgestellt. Im Juli musste er ein zweites Mal transplantiert werden. Der Eingriff verlief nicht ohne Komplikationen, aber erfolgreich. „Durch die beiden Transplantationen ist mir noch bewusster geworden, dass das Leben endlich ist. Diese Erkenntnis hat mich nicht erschreckt, sondern dazu veranlasst, in meinem weiteren Leben Unwichtiges wegzulassen und keine Zeit mit Nebensächlichkeiten zu verschwenden“, berichtet er.
Nicht ohne Nebenwirkungen
30 Jahre Organtransplantation bedeuten auch 30 Jahre Medikamente, die das Immunsystem unterdrücken und vor einer Abstoßung schützen. Die Nebenwirkungen der Medikamente sind nicht spurlos an Heinz vorbeigegangen. „Ich kann zwar noch ein fast normales Leben führen, aber leider auch mit zunehmenden Begleiterkrankungen, unter anderem Niereninsuffizienz, Dialyse nicht ausgeschlossen sowie weißer Hautkrebs, der aber rechtzeitig erkannt, gut behandelbar ist“, berichtet der heute fast 80-jährige.
30 gemeinsame Jahre
Auch deshalb feierte die Familie im Oktober 2021 das 30-jährige Jubiläum. „Mein Herz tut mir fast weh vor Dankbarkeit“, sagte Heinz anlässlich des Jubiläums. „Meine Transplantations-Jahrestage habe ich bewusst bisher aus Respekt vor den Angehörigen der Spender nie gefeiert. Es ist deren Todestag!“
Ehefrau Helga und den beiden Söhnen Raik und Torsten ist es insbesondere zu verdanken, dass sein „30. Geburtstag“ nach der ersten Transplantation gefeiert wurde. „Trotz aller Ängste und Sorgen, die wir überstehen und bewältigen mussten, wurden uns 30 wundervolle gemeinsame Jahre geschenkt“, berichteten alle drei übereinstimmend.
Heinz ist auch nicht zurückhaltend mit der Dankbarkeit gegenüber seiner Ehefrau und betont: „Ohne Helga hätte ich bestimmt die 30 Jahre nicht erreicht. Sie hat immer zu mir gehalten, mich motiviert und eine große Last tragen müssen. Das tut sie jetzt immer noch, indem sie mich insbesondere mit gesunder und ganz spezieller Kost am Leben erhält“.
Die erfolgreichen Herztransplantationen und die bis zur Gegenwart anhaltende gesundheitliche Stabilität waren und sind auch für die Söhne von Heinz ein Glücksfall. „Dass unser Vater durch die Transplantation ein kaum erkennbar eingeschränktes Leben führen durfte und noch darf, war und ist für uns wertvoller als ein Sechser im Lotto. Unvorstellbar, unsere Kinder hätten ohne Opa aufwachsen müssen, zumal alle vier ein Großteil ihrer Kindheit bei den Großeltern verbrachten. Von der Unterstützung für uns ganz zu schweigen“, war es von Raik und Torsten gleichermaßen zur Jubiläumsfeier zu hören.
Helga brachte es schließlich auf den Punkt: „Wir als Familie sind einfach nur glücklich über jeden Tag, den wir mehr oder weniger gemeinsam verbringen durften und hoffentlich noch lange können.“
Heinz engagiert sich seit 1991 im Bundesverband der Organtransplantierten e.V. für die Organspende und setzt sich dabei insbesondere für die Einführung der Widerspruchslösung ein.
Er ist seit mehreren Jahren Mitglied der MHH-Förderstiftung.