Dy@EoL
Interaktion am Lebensende in Dyaden von Eltern und erwachsenen Kindern
Hintergrund
In einer älter werdenden Gesellschaft steigt die Zahl der Eltern, die mit einer schweren Erkrankung ihres erwachsenen Kindes konfrontiert sind. Allein in Deutschland sterben jährlich rund 16.000 Erwachsene noch vor Erreichen des 45. Lebensjahres. Zugleich sind erwachsene Kinder mit lebensbedrohlichen Erkrankungen ihrer Eltern konfrontiert.
Bisher ist wenig bekannt über die Interaktion zwischen schwer erkrankten Kindern am Lebensende und ihren Eltern(-teilen) sowie zwischen schwerstkranken Elternteilen und ihren erwachsenen Kindern. Die Unterstützung, Begleitung und Versorgung Schwerstkranker und Sterbender sowie ihrer Angehörigen kann nur dann qualitativ hochwertig erfolgen, wenn die spezifischen Bedürfnisse von Patienten und Angehörigen bekannt sind und psychosoziale Unterstützungsmaßnahmen zur Verfügung stehen.
Ziele
Im Projekt stehen zwei Dyaden im Fokus: (1) unheilbar erkrankte erwachsene Kinder und ihre Eltern und (2) unheilbar erkrankte Elternteile und ihre erwachsenen Kinder. Mit dem Forschungsprojekt wurde das Ziel verfolgt, die Besonderheiten der Interaktion zwischen beiden Patienten- und Angehörigengruppen zu beschreiben. Anhand der Ergebnisse sollten Hypothesen und ein theoretisches Rahmenwerk der Spezifika, Gemeinsamkeiten und Unterschiede innerhalb und zwischen den beiden Studiengruppen entwickelt werden. Anschließend sollten hieraus klinische Schlussfolgerungen abgeleitet werden, wie Betroffene bestmöglich unterstützt und begleitet werden können.
Methoden
Bei der Datenerhebung wurde ein gemischt-methodischer Ansatz verfolgt:
- Über leitfadengestützte Interviews mit Patienten und ihren Angehörigen wurde die dyadische Interaktion in Hinblick auf Kommunikation, Rollenerleben, Krankheitswissen und Unterstützung näher untersucht. Dabei standen insbesondere individuelle Erfahrungen, Erwartungen und Wünsche im Vordergrund. Die Interviewdaten wurden entsprechend den Prinzipien der Grounded Theory ausgewertet.
- Zudem wurden etablierte quantitative Fragebögen zur Erfassung von sozialer Unterstützung, emotionaler Nähe und Bindung eingesetzt. Die quantitativen Daten wurden entsprechend vorliegender Manuale analysiert.
- Mittels eines soziodemographischen Fragebogens wurden Interview- und Fragebogendaten kontextualisiert.
Anschließend wurden Hypothesen über die Interaktion in Eltern-erwachsenes Kind-Dyaden abgeleitet und unter Einbeziehung eines Expertenbeirats Empfehlungen für psychosoziale Unterstützungsmaßnahmen entwickelt. Die Empfehlungen wurden mittels Delphi-Technik deutschlandweit konsentiert.
Weitere Informationen: Abbildung zum Projektablauf
Dy@EoL-Broschüre mit Handlungsempfehlungen
Die auf Grundlage der im Dy@EoL-Projekt erhobenen empirischen Daten entwickelten Empfehlungen wurden von der Projektgruppe Dy@EoL in Kooperation mit der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin in der Broschüre „Zum Umgang mit Belastungen am Lebensende – Empfehlungen für psychosoziale Unterstützungsmaßnahmen für Eltern und erwachsene Kinder“ (pdf) herausgegeben. Die Empfehlungen richten sich an professionell und ehrenamtlich Mitarbeitende in der stationären und ambulanten Hospiz- und Palliativversorgung.
Publikationen
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Gawinski L, Stiel S, Schneider N, Herbst FA. Communication in dyads of adult children at the end of life with their parents and parents at the end of life with their adult children: Findings from a mixed‐methods study. Psycho‐Oncol 2021; DOI: 10.1002/pon.5728 (PubMed)
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Herbst FA, Gawinski L, Schneider N, Stiel S. Consensus-based recommendations for psychosocial support measures for parents and adult children at the end of life: Results of a Delphi study in Germany. Support Care Cancer. 2021; DOI: 10.1007/s00520-021-06452-x (PubMed)
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Herbst FA, Gawinski L, Schneider N, Stiel S. ‘Mums are sacred, and mums don’t die’: A mixed-methods study of adult child–parent dyadic relationships at the end of life. J Psychosoc Oncol 2021; DOI: 10.1080/07347332.2021.1902452 (PubMed)
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Herbst FA, Gawinski L, Schneider N, Stiel S. ‘She can’t support me because she’s so old’: A mixed-methods study of support experiences and needs in adult child–parent dyads at the end of life. Omega-J. Death Dying 2021; DOI: 10.1177/00302228211008748 (PubMed)
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Herbst FA, Gawinski L, Schneider N, Stiel S. „Sie kann mich nicht unterstützen, weil sie selbst schon so alt ist“: Forschungsteam der Medizinischen Hochschule Hannover entwickelt Empfehlungen für psychosoziale Unterstützungsmaßnahmen für erwachsene Kinder und Eltern am Lebensende. Hospiz-Dialog Nordrhein-Westfalen (Schwerpunkt: Spezielle Aspekte der Palliativversorgung). 2021; 86: 17-19 (Hospiz-Dialog NRW)
- Herbst FA, Gawinski L, Stiel S, Schneider N. Zum Umgang mit Belastungen am Lebensende – Empfehlungen für psychosoziale Unterstützungsmaßnahmen für Eltern und erwachsene Kinder. Herausgeber: Projektgruppe Dy@EoL des Instituts für Allgemeinmedizin der Medizinischen Hochschule Hannover & Deutsche Gesellschaft für Palliativmedizin e.V. 2020. ISBN-Nr. 978-3-00-067516-4 (pdf)
- Gawinski L, Stiel S, Schneider N, Zimmermann T, Herbst FA. Methodological reflections on the recruitment of adult child-parent dyads for end-of-life research in Germany: Experiences from the Dy@EoL study. J Pain Symptom Manag. 2020; DOI: 10.1016/j.jpainsymman.2020.10.016 (PubMed)
- Herbst FA, Gawinski L, Schneider N, Stiel S. Adult Child-Parent Dyadic Interactions at the End of Life: A Scoping Review. BMJ Support Palliat Care. 2020; 10(2): 175-185 (PubMed)
- Herbst FA, Schneider N, Stiel S. Die Rolle von Expertenbeiräten in der Palliativforschung. Z Palliativmed. 2019; 20(1): 23-28
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Roewer HAA, Stiel S, Herbst FA. The Influence of Family Communication on Experienced Relief and Burden at the End of Life—An Explorative Analysis of Qualitative Data of Parent–Adult Child Dyads. Illn Crisis Loss. 2023: DOI: 10541373231195448 (SAGE)
- Stiel S, Stelzer E-M, Schneider N, Herbst FA. Exploring end-of-life interaction in dyads of parents and adult children: a protocol for a mixed-methods study. BMC Palliat Care 2018, 17: 68 (PubMed)
Auszeichnungen
Das Projektteam Dy@EoL wurde mit dem Förderpreis 2021 der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin (DGP) für die Arbeit „Dy@EoL – Interaktion am Lebensende in Dyaden von Eltern und erwachsenen Kindern“ ausgezeichnet. Der Förderpreis Palliativmedizin wird an Personen und Institutionen vergeben, die einen wichtigen Beitrag zur Weiterentwicklung der wissenschaftlichen Palliativmedizin geleistet haben. Lesen Sie die Pressemitteilung der DGP hier.
Förderung
Das Forschungsprojekt wurde im Rahmen der Maßnahme „Richtlinie zur Förderung von Forschung in der Palliativversorgung – Projekte des wissenschaftlichen Nachwuchses“ des BMBF vom 01.10.2017 bis 31.12.2020 gefördert (Förderkennzeichen 01GY1711).
Dy@EoL – Kontakt:
PD Dr. Franziska Herbst (Projektleitung)
Dy@EoL – Projektbüro:
Tel.: +49 511 532-4991
Anschrift:
Medizinische Hochschule Hannover
Institut für Allgemeinmedizin und Palliativmedizin
Carl-Neuberg-Straße 1
30625 Hannover