Forschung

AG Ethik und Theorie der Digitalisierung im Gesundheitswesen

 

  • Digitale Bioethik

DFG-Netzwerk „Digitale Bioethik“, gefördert von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), Laufzeit 2023-2026, geleitet von Prof. Dr. med. Dr. phil. Sabine Salloch

Symposium „Digital Bioethics: Methods, Approaches and Ethical Perspectives”, gefördert von der Volkswagen Stiftung, Laufzeit 2024-2025, geleitet von Dr. Frank Ursin

Das Feld der Digitalen Bioethik hat zwei Bedeutungen. Zum einen verstehen wir darunter ethische Forschung zum Einsatzes digitaler Technologien in der Biomedizin, d.h. wir untersuchen die ethischen Implikationen des Einsatzes von Technologien wie Künstlicher Intelligenz, Big Data und digitaler Gesundheitsanwendungen in lebenswissenschaftlicher Forschung, Prävention, Screening, Diagnostik, Therapie und Rehabilitation. Zum anderen bedeutet digitale Bioethik in Anlehnung an die Digital/Computational Humanities den Einsatz digitaler Methoden in der bioethischen Forschung: Digitale Bioethik nutzt digitale Werkzeuge und computergestützte Methoden, wie Textmining, Simulationen und KI-gestützte Analysen, um neue Zugänge zu ethischen Fragestellungen zu schaffen und traditionelle bioethische Ansätze zu erweitern. Dabei verbindet die Projekte die interdisziplinäre Perspektive um den Dialog zwischen Ethik, Medizin und Informatik zu fördern.

Benzinger L, Epping J, Ursin F, Salloch S (2024): Artificial Intelligence to support ethical decision-making for incapacitated patients: A survey among German anesthesiologists and internists. BMC Medical Ethics 25:78. https://doi.org/10.1186/s12910-024-01079-z   

Salloch S, Ursin F (2023): The birth of the “digital turn” in bioethics. Bioethics 37(3):285–291. https://doi.org/10.1111/bioe.13099  

Benzinger L, Ursin F, Balke WT, Kacprowski T, Salloch S (2023): Should Artificial Intelligence be used to support clinical ethical decision-making? A systematic review of reasons. BMC Medical Ethics 24: 48. https://doi.org/10.1186/s12910-023-00929-6  

 

  • Mein Doktor, die KI und ich: Künstliche Intelligenz in der Gesundheitsversorgung aus der Sicht von Bürger:innen und Ärzt:innen

gefördert vom Niedersächsischen Ministerium für Wissenschaft und Kultur im Rahmen des Programms „Zukunftsdiskurse“
Laufzeit: 1. Oktober 2023 bis 31. Dezember 2024

Künstliche Intelligenz wirkt als neuer Mitspieler auf allen Ebenen der Gesundheitsversorgung auf die Beziehungen und Rollenverständnisse der Beteiligten. Besonders betroffen davon ist die Begegnung von Patient:innen und Ärzt:innen. Wir adressieren mit unserem Zukunftsdiskurs eine Reihe neuartiger und bisher ungeklärter Fragen: Sollten Ärzt:innen diagnostische Systeme auf Basis Künstlicher Intelligenz als „Kolleg:innen“ oder als ein Werkzeug zur Entscheidungsfindung ansehen? Wie sollten Patient:innen damit umgehen, wenn Ärzt:innen nicht einer Meinung mit den Empfehlungen einer Künstlichen Intelligenz sind? Welche neuen Kompetenzen brauchen Patient:innen und Ärzt:innen, wenn Künstliche Intelligenz beteiligt ist, und wie sollten Patienteninformation und -aufklärung gestaltet werden?
Ziel des Projekts ist die Entwicklung von Zukunftskonzepten zur ethischen Implementierung von Künstlicher Intelligenz auf der kommunikativen Mikroebene der Gesundheitsversorgung, nämlich in der Begegnung von Patient:innen und Ärzt:innen. Anhand eigens entwickelter narrativer und illustrierter Fallvignetten als „patient journey“ bzw. „physician journey“ soll ein multiperspektivischer Diskursraum eröffnet werden. Der Diskurspfad führt über vier Diskursstationen, in denen die Bürger:innen in ihrer Rolle als potenzielle Patient:innen sowie Ärzt:innen in das Themenfeld eingeführt werden und die Fallvignetten als Grundlage für lösungsorientierte Zukunftskonzepte diskutieren werden. Diese Zukunftskonzepte sollen in ein „living document“ mit Handlungsempfehlungen für die Begegnung von Ärzt:innen und Patient:innen einfließen für den Fall, wenn Künstliche Intelligenz beteiligt ist.

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  • DESIREE - DEcision Support In Routine and Emergency HEalth Care: Ethical and Social Implications

BMBF-Verbundprojekt, Laufzeit 2020-2023

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  • Ebenen der Erklärbarkeit für medizinische Künstliche Intelligenz: Was brauchen wir und was können wir bekommen?

Der Oberbegriff „Explizierbarkeit“ bezieht sich auf Bemühungen, den Black-Box-Charakter von Systemen der Künstlichen Intelligenz (KI) zu verringern. Diese Bemühungen werden als entscheidend für diagnostische KI-Anwendungen angesehen, da es Kompromisse zwischen Genauigkeit und Undurchsichtigkeit (Opazität) gibt. Die zentrale Bedeutung der Explizierbarkeit lädt dazu ein, über die ethischen Anforderungen an diagnostische KI-Systeme zu reflektieren. Diese Anforderungen ergeben sich aus der treuhänderischen Arzt-Patienten-Beziehung und beinhalten Aspekte der informierten Einwilligung. Ziel des Projekts ist es, die für ethisch vertretbare Einwilligungsprozesse erforderlichen Explizierbarkeitsebenen zu ermitteln und zu untersuchen, wie diese von Entwicklern medizinischer KI technisch erfüllt werden können.

Ursin F, Lindner F, Ropinski T, Salloch S, Timmermann C (2023): Levels of explicability for medical artificial intelligence: What do we normatively need and what can we technically reach? Ethik in der Medizin 35:173-199. doi: 10.1007/s00481-023-00761-x

 

  • Die falsche Dichotomie von Wettbewerb und Kooperation: Wie künstliche Intelligenz neue Rollenbilder von Radiolog:innen prägen wird

Die Debatte über die Auswirkungen der künstlichen Intelligenz (KI) auf die professionelle Rolle von Radiolog:innen hat identitätsbedrohende Ängste geschürt, durch Maschinen ersetzt zu werden. Radiolog:innen entgegneten, dass KI den radiologischen Arbeitsablauf lediglich erweitern würde. Das Projekt verfolgt das Ziel, die ethischen Implikationen der Metaphorik von KI als Werkzeug oder als neuem Kollegen zu bestimmen. Methodisch gründen wir unsere ethische Analyse von Verantwortungszuschreibungen auf einer Metaphernanalyse des radiologisch-wissenschaftlichen Diskurses.

Ursin F, Fürholzer K, Salloch S (2025): Metaphors in Digital Radiology: Ethical Implications for responsibility assignments of Human-AI Imaginaries. AI & Society (akzeptiert).

 

  • Hologrammtechniken für die digitale Chirurgie: Eine Analyse der ethischen Aspekte intraoperativ eingesetzter Mixed und Augmented Reality Technologien

Extended-Reality-Brillen, die Patient:innen mit dreidimensionalen Hologrammen ihrer individuellen anatomischen Strukturen überlagern, sind für die Chirurgie von besonderem Interesse, da sie die chirurgischen Operationsstandards und -techniken in Zukunft dramatisch verändern dürften. Das Projekt wird die ethischen Fragen der neu eingeführten Mixed- und Augmented-Reality-Technologien bei chirurgischen Eingriffen im Operationssaal explorieren und analysieren.

Ursin F, Timmermann C, Benzinger L, Salloch S, Tietze FA (2024): Intraoperative application of mixed and augmented reality for digital surgery: A systematic review of ethical issues. In: Frontiers in Surgery 11. doi:10.3389/fsurg.2024.1287218