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Hintergrund

Als eine Betrachtungs- und Arbeitsweise des Fachgebiets Psychiatrie und Psychotherapie stehen bei der Sozialpsychiatrie besonders die sozialen Faktoren und Ursachen psychischer Störungen im Vordergrund, mit dem Ziel Ansätze und Konzepte zum Aufbau von dezentralen, partizipativen Versorgungsstrukturen zu entwickeln und diese in die Praxis umzusetzen. Sie betont ein ganzheitliches Verständnis von Krise und Erkrankung und versucht, soziale Ausgrenzung und Stigmatisierung der betroffenen Menschen und ihrer Angehörigen zu vermeiden sowie neben den Beeinträchtigungen auch die Ressourcen einzubeziehen. Zusätzlich werden psychische Krisen und Erkrankungen als  subjektiv sinnhafte und verstehbare Erlebnisse betrachtet, für die es in besonderem Maße gilt, individuelle Lösungen zu entwickeln. In diesem Zusammenhang nimmt auch die Berücksichtigung von Intersektionalität, also Einflüssen von race, gender, culture etc. bei diesem Fachgebiet einen entscheidenden Stellenwert ein. 

Ein Forschungs- und Arbeitsgebiet der Sozialpsychiatrie stellt die Sicherstellung und Verbesserung der Versorgung von Migrant:innen mit psychischen Erkrankungen dar. Mehr als jede vierte in Deutschland lebende Person hat heute einen Migrationskontext, wobei diese Personen aufgrund unterschiedlicher Herkunftsländer und Einbettungen in verschiedene kulturelle, soziale bzw. sozioökonomische Kontexte eine sehr heterogene Gruppe darstellen. Psychisch erkrankte Personen mit Migrationskontext benötigen eine auf sie abgestimmte psychiatrisch-psychotherapeutische Versorgung, die mit entsprechend professioneller interkultureller Kompetenz ihre besondere Lebenssituation berücksichtigt.

Mögliche sprachliche und kulturelle Verständnisschwierigkeiten als auch strukturelle Barrieren können für Betroffene sowie Angehörige den Zugang zum (psychiatrisch-psychotherapeutischen) Gesundheitssystem erschweren. Dieser Umstand kann einerseits zu einem erhöhten Risiko für fehlerhafte Anamnesen sowie daraus folgende Diagnosen und Behandlungen beitragen andererseits auch zu Unterdiagnostizierung und Nichtbehandlung führen. Der Einbezug individueller Erklärungsmodelle zum Verständnis von Gesundheit und Krankheit sowie die Berücksichtigung sprachlicher, kultureller, sozialer als auch struktureller Faktoren könnten entscheidend zu einer Verbesserung der Versorgung beitragen. Trotz zahlreicher Fortschritte in der psychiatrisch-psychotherapeutischen Versorgung psychisch erkrankter Personen mit Migrationskontext ist das Gesundheitssystem bislang nur eingeschränkt in der Lage, eine angemessenen Zugang zu und Durchführung von Behandlungen für diese Patient:innengruppe zu gewährleisten.

Übergeordnete Ziele

Ziel dieser Forschungsgruppe ist zum einen soziale Faktoren und zugehörige Ursachen psychischer Störungen zu untersuchen, insbesondere bei besonders vulnerablen bzw. hoch belasteten Gruppen. Zum anderen mittels konkreter Ansätze und Maßnahmen einen Einbezug in das psychiatrisch-psychotherapeutische Versorgungssystem vorzunehmen. Themen- / Forschungsschwerpunkte sind:                                                                                                                                                                                      

  • Symptom-, Behandlungs- und Versorgungserleben auf Ebene von Betroffenen und Behandler:innen in Abhängigkeit spezifischer individueller Merkmale und Faktoren wie Geschlecht und Gender, sozialer Kontext und soziale Bedingungen, Teilhabe, sprachliche, kulturelle und sozioökonomische Gegebenheiten etc.
  • Faktoren und Maßnahmen, die zu einer Stabilisierung bei chronifizierten psychischen Erkrankungen bzw. severe mental illness (SMI) beitragen und Implikationen zur Umgestaltung von Versorgungsstrukturen bei SMI geben
  • Wirkung von interkultureller Öffnung, stepped-care Ansätzen sowie schnittstellenübergreifender Versorgung auf eine Reduktion des sogenannten treatment gap bei Migrant:innen und Geflüchteten

Qualifikationsarbeiten

Es besteht die Möglichkeit in unserer Forschungsgruppe Qualifikationsarbeiten (Bachelor-, Master- sowie Doktorarbeiten) sowie forschungsbezogene Praktika durchzuführen. Bei Interesse melden Sie sich gerne bei: 

 

Forschungsgruppenmitglieder

Forschungsgruppenleitung

Prof. Dr. Iris Tatjana Graef-Calliess

Ärztliche Direktorin, Zentralbereichsleitung Forschung und Lehre

ZfP Südwürttemberg, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie I der Universität Ulm (Weissenau)

Weingartshofer Str. 2, D-88214 Ravensburg

Telefon: 0751/7601-2256

Telefax: 0751/7601-2790

Calliess.Iris@mh-hannover.de

IrisTatjana.Graef-Calliess@ZfP-Zentrum.de

www.zfp-web.de

Psychiatrie und Psychotherapie I | Universitätsklinikum Ulm


Exzellenz auf einem Blick: 

  • Mitglied der Expertengruppe zur Erstellung der S3 Leitlinien „Psychosoziale Therapien bei schweren psychischen Erkrankungen“ für den Bereich Transkulturelle Psychiatrie & Psychotherapie und Migration
  • Mitglied des Arbeitskreises „Migration & öffentliche Gesundheit“ bei der Beauftragten der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration (Unterarbeitsgruppe „Krankenhaus“) – Neuauflage „Das kultursensible Krankenhaus“
  • Co-Chair der Sektion Interkulturelle Psychiatrie und Psychotherapie, Migration der DGPPN
  • Chair der Section on Cultural Psychiatry der Europäischen Psychiatriegesellschaft (EPA)

 

Prof. Dr. med. Stefan Bleich

Ärztlicher Direktor, AMSP-Vorsitzender

Klinik für Psychiatrie, Sozialpsychiatrie und Psychotherapie, MHH

Telefon: +49 511 532-6748

bleich.stefan@mh-hannover.de

Medizinische Hochschule Hannover : MHH

 

PD Dr. Dr. Felix Wedegärtner

Oberarzt & Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie

Klinik für Psychiatrie, Sozialpsychiatrie und Psychotherapie, MHH

Telefon: +49 511 532-5525

Telefax: +49511 532 5526

wedegaertner.felix@mh-hannover.de

Medizinische Hochschule Hannover : MHH

Weitere Forschungsgruppenmitglieder