Die Solidarität für unsere von Abschiebung bedrohte Intensiv-Pflegefachfrau Farah Demir ist groß. Jetzt ist eine Petition für sie im Bundesinnenministerium übergeben worden.
Stand: 25. Juni 2021
Im Alter von zwei Jahren flüchtete Farah Demir mit ihrer Familie vor dem Bürgerkrieg aus dem Libanon. Das war 1986. Seitdem lebt sie in Deutschland, für sie ihr Heimatland. Die 37-Jährige arbeitet als Fachpflegekraft für Intensivpflege auf der Covid-19-Intensivstation der MHH. Dort setzt sie sich täglich für das Leben schwerkranker Menschen ein. Ihre Arbeit ist systemrelevant, Pflegekräfte wie sie werden in Deutschland händeringend gesucht. Und doch wird sie von den Behörden nur geduldet, weil sie ihre Herkunft und Identität nicht ausreichend belegen kann. Farah Demir drohen der Entzug der Arbeitserlaubnis, Isolationshaft, hohe Geldstrafen und Abschiebehaft mit anschließender Abschiebung. Ihre Kolleginnen und Kollegen wollen das verhindern. Auch ihr Arbeitgeber steht hinter ihr. Der MHH-Personalrat startete im Dezember 2020 die Online-Petition „Eine unbefristete Aufenthaltsgenehmigung in Deutschland für Farah Demir“. Fast 37.000 Menschen unterschrieben die Petition an Bundesinnenminister Horst Seehofer. Heute früh übergab Nils Hoffmann vom Personalrat die Unterschriftenliste in Berlin.
Frau Demir, wie fühlt es sich an, in einem Land systemrelevante Arbeit zu leisten, aber dennoch nur geduldet zu sein?
Das ist schwierig zu beschreiben. Einerseits erfahre ich eine unglaubliche Wertschätzung und Unterstützung von meiner Familie, meinen Freunden, meinen Kolleginnen und Kollegen, meinem Arbeitgeber, meinen Nachbarn und vielen Mitmenschen. Bei ihnen fühle ich mich sehr willkommen. Andererseits wollen mich die Behörden hier nicht haben und stufen mich herab. Das Ganze macht mich traurig und lässt mich verzweifeln. Während meiner Arbeit kämpfe ich um das Leben meiner Patienten und wenn ich nach Hause komme, erinnere ich mich daran, dass ich auch noch um meine Existenz in diesem Land kämpfen muss.
37.000 Menschen haben die Petition des Personalrats unterschrieben. Was sagen Sie dazu?
Ich bin einfach überwältigend. Das ist ja schon die zweite Unterschriftensammlung, die erste lief bereits 2019 mit 10.000 Unterschriften. Dass sich die Menschen so für mich einsetzen, löst Freude und Glück bei mir aus. Es zeigt mir, dass sie mich nicht allein lassen bei der Auseinandersetzung mit den Behörden.
Was wünschen Sie sich?
In den vergangenen 15 Jahren habe ich nur von Duldung zu Duldung gelebt. Mal beträgt die Zeit, die mir in Deutschland gewährt wird, ein paar Wochen, mal ein paar Monate. Daher wünsche ich mir natürlich aus diesem Albtraum aufwachen zu können und eine unbefristete Aufenthaltsgenehmigung sowie einen deutschen Pass zu bekommen. Ich hoffe von Herzen, dass der Einsatz und das Engagement der vielen Menschen, die mich unterstützen, nicht umsonst ist.
Die Fragen stellte Tina Götting