Urkundenverleihung und zwei Preise: Promotionsfeier an der MHH.
Die Freude über ihren Erfolg und den Doktortitel war den insgesamt 169 Doktorandinnen und Doktoranden der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) am Freitag während der feierlichen Promotionsfeier anzusehen. „Es ist schön, so viele fröhliche Gesichter auf einmal zu sehen. Ihre gute Laune ist ansteckend“, freute sich Professor Dr. Frank Bengel, Forschungsdekan der Hochschule, mit ihnen.
Alle Studienfächer vertreten
Die MHH hat seit November 2023 insgesamt 169 Doktortitel an 117 Doktorandinnen und 52 Doktoranden vergeben. Darunter sind alle Studienfächer der Hochschule vertreten: 86 Medizinerinnen und 45 Mediziner, 14 Zahnmedizinerinnen, zwölf Naturwissenschaftlerinnen und drei Naturwissenschaftler, fünf Humanbiologinnen und zwei Humanbiologen sowie zwei Doktoranden der Bevölkerungsmedizin (Public Health). Insgesamt 27 von ihnen haben „mit Auszeichnung“ abgeschlossen, zwei erhielten die mit je 2.500 Euro dotierten Promotionspreise der Gesellschaft der Freunde der MHH e.V. als herausragende Auszeichnung.
MHH-Präsident Professor Dr. Michael P. Manns überreichte die Promotionsurkunden während der Feierstunde im Hörsaal F an die Promovenden. Gemeinsam mit Forschungsdekan Professor Dr. Frank Bengel, zeichnete Professor Dr. Siegfried Piepenbrock, Vorstand der Gesellschaft der Freunde der MHH e.V., anschließend die beiden Promotionspreisträger für ihre herausragende Forschungsarbeit aus: Dr. med. Thorben Pape (26), Arzt in Weiterbildung an der Klinik für Pneumologie und Infektiologie der MHH, und Dr. Bibiana Costa (31), PhD-Absolventin am TWINCORE, Zentrum für Experimentelle und Klinische Infektionsforschung, einer Gemeinschaftseinrichtung der MHH mit dem Helmholtz-Zentrums für Infektionsforschung (HZI).
Warum kommt es bei Sepsis zu Multiorganversagen
Dr. med. Thorben Pape hat in der Arbeitsgruppe von Professor Dr. med. Sascha David, Klinik für Nieren- und Hochdruckerkrankungen, während eines Stipendiums im strukturierten Doktorandenprogramm (StrucMed) erfolgreich eine translational-experimentelle Dissertation unter dem Titel „Modulation des Permeabilitäts-induzierenden Faktors Angiopoietin-2 mittels Bifonazol bei systemischer Inflammation” durchgeführt. Die Arbeitsgruppe untersucht, warum es bei einer Blutvergiftung (Sepsis) zu einer massiven Durchlässigkeit der Blutgefäße, und damit zum Multiorganversagen kommt. Das Interesse der Forschergruppe richtet sich dabei auf ein Molekül namens Angiopoietin-2, das bei Ausschüttung ins Blut eine problematische Durchlässigkeit der Gefäße auslöst.
Der Doktorand screente bereits zugelassene Medikamente auf Nebeneffekte, die die Ausschüttung von Angiopoietin-2 beeinflussen, und konnte das Antimykotikum Bifonazol (BIFO) identifizieren. Dieses recht alte Medikament reduzierte die Ausschüttung von Angiopoietin-2 in Endothelzellen sowohl in Ruhe als auch nach Stimulation mit verschiedenen Botenstoffen der Entzündung. Zudem konnte Bifonazol im experimentellen Zellmodell eine entzündungsbedingte Gefäßdurchlässigkeit reduzieren. Dr. Pape untersuchte außerdem den zugrundeliegenden Wirkmechanismus. Dr. Pape untersuchte außerdem den zugrundeliegenden Wirkmechanismus. Seine Befunde sind von hoher translationaler Relevanz, so dass bereits eine klinische Studie geplant ist. Sie soll zeigen, ob dieses relativ harmlose Medikament tatsächlich die Angiopoietin-2 Spiegel senken und damit die Durchlässigkeit der Gefäße stoppen kann. Die Ergebnisse konnten in der Fachzeitschrift „Shock“ publiziert werden:
Pape T et al. Modulation of the Permeability-Inducing Factor Angiopoietin-2 Through Bifonazole in Systemic Inflammation. Shock. 2021 Dec 1; 56(6):1049-1056. https://journals.lww.com/shockjournal/fulltext/2021/12000/modulation_of_the_permeability_inducing_factor.22.aspx
HCM-Virus im Visier
Dr. Bibiana Costa hat ihre PhD-Doktorarbeit im Fach Biochemie mit dem Titel „Analysis of pro-anti-viral responses of cytomegalovirus stimulated human myeloid cells“ am TWINCORE, erstellt. Die Doktorandin hat an einem Projekt zur Einzelzell-RNA-Sequenzierung von dendritischen Zellen des Menschen geforscht, welche mit dem Humanen Cytomegalovirus (HCMV) infiziert wurden. Bei HCMV handelt es sich um einen humanspezifischen Erreger, mit dem zwischen 60 und 90 Prozent der Menschen infiziert sind. Eine Infektion verläuft normalerweise unauffällig, bei immungeschwächten Menschen und insbesondere bei Patientinnen und Patienten, die sich einer Transplantation unterziehen mussten, kann der Erreger jedoch lebensbedrohliche Erkrankungen verursachen. Das Virus ist in der Lage, das Immunsystem zu unterwandern und auch Immunzellen, wie etwa dendritische Zellen (DC), zu infizieren.
Die Doktorandin ging der Frage nach, ob in dendritischen Zellen die Expression bestimmter Gene die Anfälligkeit für eine aktive HCMV-Infektion beeinflussen. Dabei entdeckte sie, dass von Monozyten abgeleitete dendritische Zellen (moDC) aus verschiedenen Zelluntergruppen bestehen, die unterschiedlich anfällig für eine HCMV-Infektion sind. Durch die Identifizierung von Mustern exprimierter Gene (DEG) konnte Dr. Costa einen mutmaßlichen Mechanismus formulieren, wie es HCMV gelingt, diese Immunzellen produktiv zu infizieren.
Sie konnte das Zusammenspiel mehrerer Wirtsgene entschlüsseln, die entweder ein pro- oder antivirales Potenzial haben, und so dazu beitragen, dass nach HCMV-Exposition von moDC nur ein kleiner Prozentsatz der Zellen produktiv infiziert wird. Die Ergebnisse ihrer Doktorarbeit tragen zu einem besseren Verständnis der Wechselwirkungen zwischen HCMV und dem menschlichen Immunsystem bei und ebnen den Weg für die Entwicklung neuer therapeutischer Maßnahmen. Ihre Relevanz wurde durch eine Veröffentlichung in der Fachzeitschrift „Nature Communications“ hervorgehoben: Costa, Becker et al. Human cytomegalovirus exploits STING signaling and counteracts IFN/ISG induction to facilitate infection of dendritic cells. Nat Commun 15, 1745 (2024). https://www.nature.com/articles/s41467-024-45614-3
Text: Bettina Dunker