Frauen in der Wissenschaft Teil 3: Die polyglotte Biochemikerin
Stand: 09. Februar 2022
„Eine gute Position in der akademischen Welt zu bekommen – das ist für alle Forschenden schwierig, nicht nur in Deutschland”, sagt Professorin Dr. Françoise Routier, Gruppenleiterin am Institut für Klinische Biochemie. „Man muss exzellente Forschung betreiben, Glück haben, politische Unterstützung bekommen und sehr viel arbeiten – ohne, dass das Gehalt den Arbeitsumfang aufwiegt.” Dies sei wahrscheinlich der Grund, warum viele junge Menschen heutzutage lieber in die Privatwirtschaft gehen. „Für Frauen ist eine akademische Karriere möglicherweise noch etwas schwieriger als für Männer. Ich habe viele talentierte und ehrgeizige Wissenschaftlerinnen erlebt, die ihren Traum von einer akademischen Karriere nach ihrer Promotion oder Postdoc-Phase aufgegeben haben”, sagt die Biochemikerin.
Professorin Routier promovierte an der Universität Lille (Frankreich) und war anschließend als Postdoktorandin am University College London (England), an der Universität Dundee (Schottland) und an der Universität Utrecht (Niederlande) tätig, wo sie von der Europäischen Union ein Marie-Curie-Stipendium erhielt. Im Jahr 2001 ging sie gemeinsam mit ihrem Mann und ihrer einjährigen Tochter nach Deutschland und an die MHH. Von 2003 bis 2010 war sie Juniorprofessorin und seit 2011 hat sie eine Assistenzprofessur inne. Um eine feste Stelle zu erhalten, musste sie jedoch viel Geduld aufbringen.
„Frauen stellen oft die Familie in den Mittelpunkt ihres Lebens. So müssen sie in der Zeit, die ihnen für ihre Forschung zur Verfügung steht, extrem effizient arbeiten”, sagt die zweifache Mutter. Mit ihrem Team untersucht sie die Biosynthese von Kohlenhydraten, die die Zellwand und den Biofilm von krankheitserregenden Pilzen bilden, um deren Rolle zu definieren und potenzielle Angriffspunkte für Medikamente zu identifizieren. Ihre Forschung im Rahmen des Exzellenzclusters RESIST zielt auch darauf ab, Medikamente gegen Pilze zu entwickeln, insbesondere gegen den tödlichen Pilz Aspergillus fumigatus, der Menschen mit einem schwachen Immunsystem befällt.
Frauen in der Forschung – da habe sich schon Vieles verbessert.
„Gerty Cori hat im Jahr 1947 als erste Frau den Nobelpreis für Physiologie/Medizin erhalten und erst anschließend eine Professur“, erzählt sie mit leicht ironischem Schmunzeln. Es gäbe gute Maßnahmen zur Förderung der Karrieren von Frauen in der Forschung. „Die umstrittene Frauenquote ist nur ein Mittel, um die Unterrepräsentation von Frauen in Machtpositionen zu korrigieren, die auf vergangene (und gegenwärtige) Diskriminierung zurückzuführen ist. Ich freue mich auf die Zeit, in der sie nicht mehr notwendig sein wird.“
Autorin: Bettina Bandel