Privatdozent Dr. Nico Lachmann erhält renommierte Auszeichnung „ERC Starting Grant“
Sie ist eine der höchsten Auszeichnungen für exzellente Forschungsarbeit: die begehrte Wissenschaftsförderung der Europäischen Union. Jetzt ist Privatdozent Dr. Nico Lachmann vom Europäischen Forschungsrat (European Research Council, ERC) mit seinem „iPSC2Therapy“-Projekt in der Nachwuchskategorie mit dem renommierten „ERC Starting Grant“ ausgezeichnet worden. Der Biomediziner ist Mitarbeiter am Institut für Experimentelle Hämatologie und am REBIRTH-Forschungszentrum für translationale und regenerative Medizin der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH). Er erhält nun über fünf Jahre eine Förderung in Höhe von 1,5 Millionen Euro. In seinem Forschungsprojekt will er untersuchen, wie humane Makrophagen (Fresszellen) in der Lunge entstehen. Die Erkenntnisse sollen helfen, Fresszellen direkt in die Organe zu transplantieren und somit neue Therapien gegen Mykobakterien zu entwickeln, die unter anderem schwere Lungenerkrankungen hervorrufen.
Wie entstehen Makrophagen in der frühen Entwicklung des Menschen?
Für seine Arbeit setzt der Wissenschaftler auf sogenannte induzierte pluripotente Stammzellen (iPS-Zellen). Diese Alleskönner entstehen zwar im Labor, sind jedoch den Zellen eines frühen Embryos ähnlich und können somit jede Zelle des menschlichen Körpers hervorbringen. Anhand dieser Zellen soll untersucht werden, wie Makrophagen in der frühen Entwicklung des Menschen entstehen. Die Fresszellen gehören zu den weißen Blutkörperchen, sind Teil des Immunsystems und beseitigen Krankheitserreger wie zum Beispiel Mykobakterien. Funktioniert das nicht oder nicht ausreichend, sind schwere Infektionen die Folge, die sogar tödlich enden können.
Auf dem Weg zu neuartigen Therapien
„Das Wissen über die genaue Entstehung der Makrophagen soll in eine völlig neuartige Therapie führen“, sagt Dr. Lachmann. Sie hat zum Ziel, eine vorhandene aber fehlgesteuerte Immunantwort der Lunge direkt mit im Labor gezüchteten, gesunden Makrophagen zu ersetzen und zu behandeln. Dabei werden – ähnlich wie bei einer Knochenmarktransplantation – kranke Fresszellen durch gesunde ersetzt. „Dieser Ansatz ist völlig neu und hat viele Vorteile“, erklärt der Biomediziner. So gibt es zum einen weniger unerwünschte Nebenwirkungen, da die therapeutischen Fresszellen vom Patienten lediglich inhaliert werden müssten. Eine begleitende Chemotherapie, wie bei einer Knochenmarktransplantation üblich, wäre nicht erforderlich. Zum anderen haben Makrophagen offenbar ähnliche Eigenschaften wie Stammzellen: Einmal in der Lunge etabliert, bleiben sie ein Leben lang im Körper. Diesen Prozess zu erforschen, erlaubt neue Einblicke in bisher unbekannte Therapien in der Lunge.
Fresszell-Transplantation mit großem Potenzial
„Makrophagen direkt als therapeutische Intervention nutzen zu können, wäre spektakulär und hat großes Potenzial“, urteilt Dr. Lachmann. Diese neue Methode der Fresszell-Transplantation ließe sich dann auf andere Erkrankungen der Lunge ausdehnen, und könnte den Grundstein für neue Behandlungswege bei Tuberkulose oder andere Lungenerkrankungen wie Mukovoszidose oder Asthma legen. Außerdem ließe sich die Indikation auf andere Organe erweitern, bei denen defekte Makrophagen schwere Störungen verursachen – etwa chronisch entzündliche Erkrankungen im Darm oder neuronale Störungen im Gehirn.
Das „iPSC2Therapy“-Projekt setzt dabei auf eine nationale und internationale Zusammenarbeit und bündelt die einzigartige Expertise von Infektion, Regeneration und Transplantation an der MHH. Gemeinsam mit Professor Dr. Ulrich Kalinke, Geschäftsführender Direktor des Twincore, Professorin Dr. Gesine Hansen, Direktorin der MHH-Klinik für Pädiatrische Pneumologie, Allergologie und Neonatologie, sowie mit weiteren Forschern aus dem REBIRTH-Zentrum soll der Grundstein für den neuartigen Therapieansatz mit Fresszellen gelegt werden.