Forschung

Innovatives Implantat gegen Hörsturz siegt bei Start-up-Förderwettbewerb

Niedersächsischer Forschungsinkubator Institute for Biomedical Translation (IBT) unterstützt MHH-Projekt Bacta Implants mit 770.000 Euro.

Dr. Verena Scheper im Labor vor einem Modell des Ohrs.

Dr. Verena Scheper möchte mit ihrem Rundfensternischen-Implantat die Folgen von Hörstürzen heilen. Copyright: Karin Kaiser / MHH

Drei Frauen halten einen symbolischen Scheck in den Händen, eine davon auch einen Blumenstrauß.

Freut sich über den Sieg beim IBT-Start-up-Wettbewerb: Das Team des MHH-Projekts „Bacta Implants“ (von links) mit PD Dr. Verena Scheper, Martina Knabel und Annika Buchholz. Copyright: Marek Kruszewski

Das Institute for Biomedical Translation (IBT) will biomedizinische Spitzenforschung in die klinische Praxis bringen. Dafür hat das IBT in der zweiten Förderrunde Anschubfinanzierungen in Höhe von mehr als 1,6 Millionen Euro vergeben. Neun Forschungsvorhaben haben an der Endrunde des Wettbewerbs um die Fördermittel teilgenommen, zwei Sieger kürte jetzt die Jury. Einer davon ist das Projekt Bacta Implants unter der Leitung von Privatdozentin Dr. Verena Scheper, Wissenschaftlerin an der Klinik für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde (HNO) der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH). Gemeinsam mit ihrem Team entwickelt sie Implantate für die Behandlung von Hörstörungen. Das Projekt wird vom IBT nun mit rund 770.000 Euro über zwei Jahre unterstützt. „Diese Förderung ermöglicht uns, eine klinische Studie durchzuführen, um beweisen zu können, dass unsere Idee funktioniert“, sagt PD Dr. Scheper. Auch MHH-Präsident Professor Dr. Michael Manns freut sich über den Erfolg: „Die Translation von klinischer Spitzenforschung in die Anwendung ist der Motor für eine bessere Krankenversorgung. Das IBT beschleunigt diesen Transfer als Inkubator durch die Start-up-Förderungen.“

Implantat setzt lokal Wirkstoffe frei

Bacta Implants ermöglicht die gezielte Abgabe von Wirkstoffen in schwer zugängliche Bereiche des Körpers. Das erste Ziel der Plattformtechnologie ist die Bekämpfung von Hörsturz. Im 3-D-Druck mit einem Bio-Plotter entsteht dabei aus Silikon ein elastisches Implantat, das einen Wirkstoff gegen Hörverlust enthält und exakt auf die individuelle Patientenanatomie angepasst ist. Das Implantat lässt sich unter örtlicher Betäubung über einen kleinen Schnitt am Trommelfell direkt in die sogenannte Rundfensternische einsetzen, die das Mittelohr mit dem Innenohr verbindet. Bislang wird ein Hörsturz durch Tabletten oder durch Spritzen behandelt. Das Problem dabei ist, dass so nur geringe Anteile der eingesetzten Wirkstoffe ins Innenohr gelangen. Daher ist entweder die Heilwirkung zu gering oder die Dosis muss so hoch sein, dass unerwünschte Nebenwirkungen entstehen. „Beides kann durch unser Implantat vermieden werden, weil der Wirkstoff keinen Umweg nehmen muss und sich gezielt an der richtigen Stelle entfalten kann“, betont PD Dr. Scheper.

Individuelle Heilversuche bereits erfolgreich

In individuellen Heilversuchen wurde das Rundfensternischen-Implantat (RNI) bereits wirksam an Patientinnen und Patienten nach einem Hörsturz erprobt. Doch bevor PD Dr. Scheper mit ihren beiden Kolleginnen aus der HNO-Klinik ein eigenes Unternehmen gründen und ihre innovative Entwicklung in die Anwendung bringen kann, muss das Team in einer klinischen Studie nachweisen, dass das RNI das Medikament tatsächlich an das Innenohr bringt. „Diese erste Studie ist Voraussetzung, damit wir eine Zulassungsstudie durchführen können“, sagt die Wissenschaftlerin. Nun freut sie sich gemeinsam mit ihren Kolleginnen darüber, dass die Siegprämie aus dem IBT-Start-up-Wettbewerb ihnen diesen Nachweis finanziell ermöglicht.

An der zweiten Wettbewerbsrunde des Institute for Biomedical Translation (IBT) Lower Saxony haben jeweils drei Projekte der MHH, der Universitätsmedizin Göttingen (UMG) und des Helmholtz-Zentrums für Infektionsforschung (HZI) teilgenommen. Neben dem Projekt Bacta Implants hat das HZI-Projekt PROTON die Jury überzeugt. Es entwickelt eine Technologie zur Verhinderung von gefährlichen bakteriellen Infektionen und erhält eine Förderung von rund 890.000 Euro.

Text: Kirsten Pötzke