Forschung

Kognitive Einschränkungen bei Menschen mit seltener Erkrankung MOGAD

Große multizentrische Studie unter Leitung der MHH-Neurologie bestätigt Defizite bei Wortflüssigkeit und visueller Informationsverarbeitung.

Erforschen die Autoimmunerkrankung MOGAD: Privatdozent Dr. Martin Hümmert, Professorin Dr. Corinna Trebst und Sarah Passoke; Copyright: Karin Kaiser / MHH

MOGAD ist eine seltene Autoimmunerkrankung des zentralen Nervensystems. Schätzungen zufolge sind ein bis drei von 100.000 Menschen davon betroffen. Sie können unter Sehstörungen, Lähmungen, Inkontinenz und Schmerzen leiden. Aber haben sie auch kognitive Einschränkungen? Kleinere wissenschaftliche Untersuchungen lieferten dazu bisher widersprüchliche Aussagen. Ein Studienteam unter Leitung der Klinik für Neurologie mit Klinischer Neurophysiologie der Medizinischen Hochschule (MHH) ging der Frage deshalb erstmals in einer großen multizentrischen Studie nach. Ergebnis: Insbesondere bei der visuellen Informationsverarbeitungsgeschwindigkeit und der Wortflüssigkeit weisen einige Patientinnen und Patienten mit MOGAD Defizite auf. MOGAD steht für Myelin Oligodendrozyten Glykoprotein Antikörper-assoziierte Erkrankung.

Teilnehmende aus 14 NEMOS-Zentren

„Unser Ziel war es, das Ausmaß und die Merkmale möglicher kognitiver Defizite über einen längeren Zeitraum zu untersuchen“, erklärt Privatdozent (PD) Dr. Martin Hümmert von der Klinik für Neurologie. Gemeinsam mit seinen Kolleginnen Professorin Dr. Corinna Trebst, Sarah Passoke, Carlotta Stern und dem Neuropsychologen Professor Dr. Bruno Kopp startete er die Beobachtungsstudie CogniMOG mit 122 erwachsenen MOGAD-Patientinnen und -Patienten. Die Teilnehmenden waren aus 14 Zentren des Netzwerks der deutschen Neuromyelitis optica-Studiengruppe (NEMOS) rekrutiert worden. Diese Zentren sind auf die Behandlung und Erforschung von MOGAD und ähnlichen Erkrankungen spezialisiert und erheben umfangreiche Daten der Betroffenen in standardisierter Weise.

Drei neuropsychologische Tests

Das Studienteam ermittelte die individuellen kognitiven Leistungen der Studienteilnehmenden mithilfe von drei neuropsychologischen Tests: der Paced Auditory Serial Addition Task, dem Symbol Digit Modalities Test und der Multiple Sklerose Inventarium Cognition. Zusätzlich analysierte es mögliche Zusammenhänge zwischen den kognitiven Leistungen und soziodemografischen und klinischen Faktoren. Die Ergebnisse wurden mit maßgebenden Daten gesunder Kontrollgruppen verglichen. „Um die langfristige Entwicklung der kognitiven Leistungsfähigkeit zu beobachten, wiederholten wir die neuropsychologischen Tests nach einem und nach zwei Jahren“, erläutert Sarah Passoke, Doktorandin und Erstautorin der Studie. 

Elf Prozent der Betroffenen haben Defizite

Mit der CogniMOG-Studie konnte das Team nachweisen, dass elf Prozent der MOGAD-Patientinnen und -Patienten kognitive Defizite haben. Diese betreffen hauptsächlich die Verarbeitungsgeschwindigkeit von visuellen Informationen und die semantische Gewandtheit, also die Wortflüssigkeit. Das Team stellte fest, dass krankhafte Veränderungen des Großhirns ein wichtiger Prädiktor, also eine Vorhersagevariable, für die kognitiven Einschränkungen sind. Bei den Wiederholungen der Tests nach ein und zwei Jahren wurde keine Verschlechterung der kognitiven Fähigkeiten beobachtet.

Die CogniMOG-Studie ist die erste, in der ein detailliertes kognitives Profil von MOGAD-Patientinnen und Patienten erstellt wurde. „Die Stärke unserer Untersuchung liegt in der großen, klinisch gut charakterisierten Patientenstichprobe aus den Zentren des NEMOS-Netzwerks“, betont PD Dr. Hümmert. „Die Studienergebnisse helfen uns dabei, die Krankheitslast bei MOGAD besser zu verstehen, Rehabilitationsbedürfnisse besser zu berücksichtigen und die Behandlung zu optimieren.“

Die Originalstudie finden Sie hier. Sie wurde im Journal of Neurology, Neurosurgery & Psychiatry veröffentlicht.

Text: Tina Götting