Forschende der Klinik für Rehabilitations- und Sportmedizin liefern erstmals konkrete Messdaten
Stand: 13. April 2023
Wie hoch ist der Trainingseffekt für Nutzerinnen und Nutzer von Elektrofahrrädern, auch Pedelecs genannt? Welche positiven Effekte für die Gesundheit sind zu erwarten? Diesen Fragen sind Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Klinik für Rehabilitations- und Sportmedizin der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) in einer fast dreijährigen Studie nachgegangen. Ihre Forschungsergebnisse wurden nun im Journal BMJ Open Sport & Exercise Medicine veröffentlicht.
Für ihre Studie haben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zwischen 2017 und 2020 bundesweit die Daten von 1250 Pedelec-Fahrern und 629 Nutzern herkömmlicher Fahrräder ausgewertet. Dabei wurden die Fahrerinnen und Fahrer aber nicht nur befragt.
„In unserer Studie haben wir 58.833 Fahrten von E-Bikern und Radfahrern analysiert und jeweils die Herzfrequenzen und Geschwindigkeiten gemessen. Im Gegensatz zu anderen großen E-Bike Studien haben wir zum ersten Mal auch tatsächliche Messdaten prospektiv erhoben, nicht nur Fahrer befragt“, erläutert Prof. Dr. Uwe Tegtbur, Direktor der Klinik für Rehabilitations- und Sportmedizin.
Herz-Kreislaufsystem wird gefordert
Die Herzfrequenz der Pedelecfahrer lag dabei während des Radelns, unter Berücksichtigung der Therapien mit ß-Blockern, nur fünf Schläge pro Minute unter der der Fahrradfahrer. „Entgegen vieler Vorurteile zeigen die Zahlen, dass Muskeln und das Herz-Kreislaufsystem beim Pedelecfahren nahezu so gefordert werden wie beim herkömmlichen Radfahren“, erklärt Dr. Hedwig Theda Boeck, wissenschaftliche Mitarbeiterin der Klinik und einer der Erstautorinnen der Studie. „Wir haben zudem herausgefunden, dass die Pedelecfahrer öfter das Auto durch ihr Pedelec ersetzen als es die anderen Radfahrer tun – ein klarer Mehrwert für ihre Gesundheit.“
Die Motorunterstützung erleichtere den Einstieg in eine alltägliche körperliche Aktivität und sei auch für ältere, übergewichtige und weniger trainierte Menschen eine gute Möglichkeit, ihre Aktivitäten zu steigern. „Viele Pedelecnutzer waren vorher nicht unbedingt Radfahrer. Die Hemmschwelle ist deutlich niedriger, wenn auch in hügeligem Gelände oder bei starkem Gegenwind auf die Motorunterstützung zurückgegriffen werden kann“, ergänzt Dr. Boeck.
Über 35 Prozent der teilnehmenden E-Bike Fahrer haben Vorerkrankungen wie zum Beispiel einen Herzinfarkt, Bluthochdruck oder Gelenkverschleiß. Hier hilft das E-Bike, überhaupt wieder draußen in Bewegung zu bekommen.
Jeder Schritt zu mehr Aktivität, jede Unterbrechung des Sitzens und jeder Aufstieg auf das Rad sind ein Beitrag für ein gesünderes und aktiveres Leben.
„Wir haben gezeigt, dass die E-Biker 135 Minuten pro Woche unterwegs waren, davon ein Großteil mit einer gesundheitlichen effektiven Belastung. Allein dadurch konnten sie zwei Drittel des WHO-Bewegungsziels von 150 Minuten moderater Aktivität pro Woche erreichen“, erklärt Prof. Tegtbur.
Neben der gemessenen Zweiradaktivität gaben die E-Biker an, insgesamt 54,8 MET (metabolische Äquivalent = Berechnung für Energieverbrauch, 1 Stunde moderates Radfahren entspricht 7,5 MET) Stunden pro Woche und die Radfahrenden 55,2 MET Stunden pro Woche aktiv zu sein.
Insgesamt reduzieren sie Ihr Risiko, einen Herzinfarkt zu erleiden, um über 40 Prozent. Auch das Risiko einer Krebs- oder Diabeteserkrankung sinkt mit zunehmender Aktivität.
Die Gruppe der Pedelec Nutzer und Nutzerinnen war im Durchschnitt etwas älter als die Nutzer herkömmlicher Räder, hatte einen höheren Body-Mass-Index und litt auch häufiger an Vorerkrankungen wie Bluthochdruck, Diabetes, Asthma, oder Herzerkrankungen.
Das Projekt wurde vom Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) aus Mitteln zur Umsetzung des Nationalen Radverkehrsplans (NRVP) 2020 gefördert. Kooperationspartner sind außerdem die MHH-Institute für Biometrie und Verkehrsunfallforschung sowie die Institute für Versicherungsbetriebslehre und das Center for Health Economics Research (CHERH) der Leibniz Universität Hannover.
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