Forschung

Mit umgebautem Pocken-Impfstoff gegen das Coronavirus

Niedersächsisches Wissenschaftsministerium unterstützt MHH-Forschungsprojekt mit 1,7 Millionen Euro.

Professor Dr. Reinhold Förster vom MHH-Institut für Immunologie. Copyright: Nico Herzog

Auf der Suche nach einem geeigneten Impfstoff gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 setzt die Wissenschaft mitunter auf alte Bekannte. In Kooperation mit der Ludwig-Maximilans-Universität (LMU) München testet das Institut für Immunologie der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) unter der Leitung von Professor Dr. Reinhold Förster einen vielversprechenden Impfstoff auf Basis eines Pockenvirus. Das Modifizierte Vakzinia Virus Ankara (MVA) wird schon seit Anfang der 1990er Jahre als Fähre genutzt, um Genmaterial in Körperzellen einzuschleusen und eine Immunreaktion auszulösen. Im aktuellen Fall wollen die Wissenschaftler in den Pockenimpfstoff zusätzlich die Bauanleitung für das sogenannte Spike- oder S-Protein einfügen, das sich auf der Oberfläche von SARS-CoV-2 befindet und die Infektion von Zellen ermöglicht. Das Virusstückchen soll nach erfolgter Impfung die körpereigene Immunabwehr anregen, schützende Antikörper gegen das Coronavirus zu bilden. Das Niedersächsische Ministerium für Wissenschaft und Kunst (MWK) unterstützt dieses Projekt mit 1,7 Millionen Euro.

„Ein gentechnisch modifiziertes MVA wurde von meinem Münchner Kollegen Professor Dr. Gerd Suttner bereits gegen das verwandte MERS-Virus entwickelt und erfolgreich an Dromedaren getestet“, erklärt Professor Förster. „Die Tiere waren nach erfolgter Impfung gegen das MERS-Virus immun.“ Dass die Impfung auch beim Menschen wirkt, ist in einer weiteren Untersuchung gerade erst bestätigt worden. Jetzt soll der Pockenimpfstoff gegen SARS-CoV-2 eingesetzt und zunächst an Mäusen getestet werden.

Impfstoff wird über Atemwege verabreicht

Auch die LMU will den neuen Impfvektor testen und Mäuse mit dem genetisch modifizierten MVA impfen. Doch anders als in München probieren die MHH-Wissenschaftler einen neuen Ansatz aus. Sie verabreichen den Impfstoff über die Atemwege. „Das Impfen durch Inhalation hat aus unserer Sicht den Vorteil, dass dadurch eine besonders starke Immunantwort genau dort ausgelöst wird, wo das Virus besonders heftig zuschlägt – nämlich in der Lunge“, sagt der Immunologe.

Ist die Impfung im Tierversuch erfolgreich, soll MVA-SARS-CoV-2-S auch an Menschen getestet werden. Dafür will das Institut für Immunologie zusammen mit klinischen Partnern eine Studie mit 30 Teilnehmenden durchführen. Doch die Wissenschaftler_innen wollen nicht nur untersuchen, ob die Impfung tatsächlich Antikörper gegen das Virus hervorbringt. Professor Förster möchte zudem einen neuen Test zum Nachweis von SARS-CoV-2 entwickeln. Mit diesem neuen Test sollen nicht nur Antikörper gegen das Virus nachgewiesen werden, sondern auch die Frage beantworten werden, wie gut diese vor erneuter Infektion schützen. „Das ist wichtig, um all die Menschen zu identifizieren, die eine Infektion ohne Krankheitssymptome durchgemacht haben und nun immun sind, ohne es zu wissen.“

Professor Förster ist Co-Sprecher des Exzellenzclusters RESIST, der von der MHH geleitet wird. In dieser Forschungsgruppe untersuchen 40 Teams, warum Menschen ganz unterschiedlich anfällig für Infektionen sind. Das Ziel ist es, besonders anfällige Menschen besser vor Infektionen schützen zu können. Partner sind MHH, HZI, Twincore, TiHo, CSSB und CCi. Weitere Informationen finden Sie im Internet unter www.RESIST-cluster.de.