Aus der MHH

Professor Dr. Christian Mühlfeld ist neuer Direktor des Instituts für Funktionelle und Angewandte Anatomie

Schwerpunkt Lungenforschung soll weiter ausgebaut, die Anatomie in der Lehre präsenter werden.

Ein Mann in einem blauen Pullover steht neben einem Schnittpräparat.

Mehr Kompetenzen für die Anatomie: Professor Dr. Christian Mühlfeld ist neuer Institutsleiter. Copyright: Karin Kaiser / MHH

Der alte Chef ist der neue: Beinahe sechs Jahre lang hat Professor Dr. Christian Mühlfeld das Institut für Funktionelle und Angewandte Anatomie der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) kommissarisch geleitet. Zum 1. Dezember 2024 durfte er nun endgültig das Amt des Direktors übernehmen. Obwohl sich auf den ersten Blick vermeintlich nichts ändert, bringt dieser Schritt dem Institut doch etwas sehr Entscheidendes: Planungssicherheit. Und die gilt nicht nur für personelle Entscheidungen, sondern auch für solche zu Forschung, Lehre und Institutsstruktur. „Ich kann jetzt meinem Team eine langfristige Perspektive geben, vieles auf den Weg bringen, das auf die Zukunft gerichtet ist“, freut sich Professor Mühlfeld. So möchte er den Schwerpunkt Lungenforschung breiter aufstellen und neben Krankheitsursachen und -entwicklung auch den biografischen Ansatz der Lungengesundheit von der Entwicklung des Atmungsorgans bis zum Einfluss von Ernährungsgewohnheiten und Bewegung einbeziehen – auch in Bezug auf die nachfolgende Generation. „Das ist ein transgenerationaler Ansatz, bei dem wir die Lunge über die gesamte Lebensspanne eines Menschen und darüber hinaus im Blick haben“, erklärt der Wissenschaftler.

Wechsel zur Medizin aus Liebe zur Anatomie

Die Anatomie faszinierte ihn schon als junger Biologiestudent in Kiel, wo er freiwillig Vorlesungen in diesem Fach hörte und davon beeindruckt zur Medizin wechselte. Das Strukturelle habe ihn gereizt, erinnert sich Professor Mühlfeld, der unmittelbare Zugang zum Körper und die ganzheitliche Betrachtung, sowie das praktische Arbeiten mit Präparaten und am Mikroskop. Sein besonderes Interesse galt schon immer der Lunge. Auch hier liegt der Grund für seine Vorliebe in der Struktur. „Bei der Lunge sind Aufbau und Funktion ganz eng aneinander gekoppelt“, erklärt er. Anhand der Architektur lasse sich unmittelbar auf den funktionellen Zustand des Organs schließen. Denn je mehr Lungenbläschen ihre Arbeit tun, desto besser funktioniert auch die Atmung. „Darüber hinaus kann man sich beim Mikroskopieren auch an der Schönheit, der Ästhetik, mit der der Körper aufgebaut ist, erfreuen.“

Lücke in der Lungenforschung geschlossen

Die Lungenforschung führte Professor Mühlfeld von Göttingen über Bern zunächst an die Justus-Liebig-Universität Gießen. 2011 wechselte der gebürtige Siegener dann an die MHH. Bereits ein Jahr später engagierte er sich als Wissenschaftler am Deutschen Zentrum für Lungenforschung, 2019 übernahm er an der MHH die kommissarische Leitung des Instituts sowie die wissenschaftliche Leitung der Zentralen Forschungseinrichtung Elektronenmikroskopie. Im Elektronenmikroskop konnten er und sein Team 2021 auch erstmals menschliche Lipofibroblasten nachweisen. Diese bestimmte Sorte von Bindegewebszellen war bis dahin nur in Nagerlungen beschrieben worden, ihre Existenz in der menschlichen Lunge blieb jedoch umstritten. Um Ergebnisse vom Tiermodell auf den Menschen übertragen zu können, müssen Zelltypen und Signalwege jedoch übereinstimmen. Die Forschenden um Professor Mühlfeld konnten so eine Lücke in der Lungenforschung schließen.

Strukturen modernisieren

In seiner neuen Position möchte Professor Mühlfeld nicht nur die Lungenforschung vorantreiben und neue Verbünde schließen, sondern auch die Strukturen seines Instituts modernisieren. „Wir wollen den Mikroskopiersaal sanieren, außerdem solle die Prosektur erneuert werden, in der unsere Studierenden das Präparieren an Körperspenden erlernen.“ Ein weiteres Anliegen ist der Neuaufbau der Anatomiesammlung. Sie soll nach modernen ethischen und didaktischen Gesichtspunkten erfolgen und interessierten Besucherinnen und Besuchern mit Erklärungen und Erläuterungen einen bewussten Zugang zu den Präparaten ermöglichen.

Mehr Anatomie in die Lehre bringen

Auch die Lehre hat der neue Institutsleiter im Blick. Dass ihm die Ausbildung der künftigen Ärztinnen und Ärzte am Herzen liegt, wissen auch die Studierenden zu schätzen. 2023 verlieh der Allgemeine Studierendenausschuss die ersten drei Plätze der Lehrpreise für das erste Studienjahr an Professor Mühlfeld und sein Team. Außerdem erhielt er eine Auszeichnung für das Modul „Anatomische Grundlagen der Medizin“. Für die weiteren Studienjahre ging die Anatomie allerdings leer aus – zwangsläufig, denn das Fach steht nur auf dem Lehrplan für das erste Studienjahr. „Das ist nicht sehr nachhaltig“, bedauert Professor Mühlfeld. „Wissen um die Anatomie ist Grundlage der Medizin und wird in jeder klinischen Untersuchung benötigt“, betont er. Sein Wunsch: die Integration anatomischer Inhalte in späteren Studienjahren, etwa mit Ultraschall am Lebenden im SkillsLab oder durch Auffrischungsvorlesungen im Hörsaal. Sicher ist, dass sich Professor Mühlfeld vom 1. April an noch ausführlicher mit Fragen rund um die Lehre beschäftigen wird: als neuer Studiendekan der MHH.

Text: Kirsten Pötzke