Erfolgreiche Teamarbeit: MHH-Hämatologen führten 2020 insgesamt 96 Blutstammzellübertragungen durch – trotz Corona-Bedingungen
Stand: 11. März 2021
Die Transplantation von Knochenmark- und Blutstammzellen ist ein kompliziertes und für die Patientinnen und Patienten sehr belastendes Verfahren. Dennoch stellt sie oft die einzige Chance auf Heilung dar. In der Klinik für Hämatologie, Hämostaseologie, Onkologie und Stammzelltransplantation der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) wurden 2020 insgesamt 96 allogene Stammzelltransplantationen vorgenommen – so viele wie nie zuvor. „Allogen“ bedeutet, dass die Stammzellen von einer Spenderperson kommen, also von einem Verwandten oder einer anonymen Person. Klinikdirektor Professor Dr. Arnold Ganser freut sich über den Rekord: „Wir konnten vielen Betroffenen helfen, obwohl die Abläufe rund um die Transplantationen durch die Corona-Pandemie erschwert waren.“ Möglich war das vor allem durch die gute Teamarbeit aller beteiligten Bereiche und Fachleute. 2019 waren in der Klinik 90 Stammzelltransplantationen durchgeführt worden.
Bei erwachsenen Patientinnen und Patienten werden Stammzelltransplantationen vor allem bei bösartigen Erkrankungen der Blutbildung vorgenommen. „Meistens handelt es sich dabei um Leukämien, also Blutkrebs, oder um Lymphome, das sind Tumore im Lymphgewebe“, erklärt Professor Dr. Matthias Eder, stellvertretender Klinikdirektor. Eine Stammzellübertragung ist beispielsweise angezeigt, wenn eine Chemotherapie nicht den erwünschten Erfolg gebracht hat. Die Zellen stammen meistens aus dem Blut, seltener aus dem Knochenmark der Spenderin oder des Spenders.
Langwieriger Prozess
Für die Transplantation werden die Betroffenen zunächst „konditioniert“, das heißt, ihr eigenes Knochenmark und die erkrankten Zellen werden zerstört. Danach erfolgt – sozusagen als Ersatz für das zerstörte Knochenmark – die Übertragung der Spenderstammzellen. Diese siedeln sich dann in den Markhöhlen der Knochen an und beginnen neue funktionstüchtige Blutzellen zu bilden. „Wenn keine Komplikationen auftreten, dauert der Prozess etwa sechs Wochen“, erläutert Dr. Gernot Beutel, Oberarzt der Station für allogene Stammzelltransplantationen.
Nach der Transplantation sind die Patienten extrem infektionsanfällig. Außerdem sind Abstoßungsreaktionen möglich. Durch die zum Teil monatelange Einnahme von Medikamenten sollen diese verhindert werden. „In dieser kritischen Phase werden die Betroffenen zunächst wöchentlich, später jährlich ambulant nachbetreut“, sagt Dr. Michael Stadler, Oberarzt der Ambulanz für Knochenmark- und Blutstammzelltransplantation.
Rekord durch Teamarbeit
Die Blutstammzelltransplantation ist ein extrem durchorganisiertes Verfahren. Viele Bereiche und Fachleute arbeiten dabei Hand in Hand: Ärztinnen und Ärzte sowie Pflegerinnen und Pfleger auf der Station und in der Ambulanz, Fachleute der Koordination und der Dokumentation sowie Expertinnen und Experten des Instituts für Transfusionsmedizin und Transplant Engineering sowie des Cellular Therapy Centre. Die Corona-Pandemie hat die Abläufe deutlich erschwert. So ist es beispielsweise nicht mehr sicher, der vorher ermittelten Spenderperson genau zum passenden Zeitpunkt Stammzellen entnehmen zu können. „Es könnte ja sein, dass die betreffende Person an Corona erkrankt ist oder sich in Quarantäne befindet“, erklärt Professor Eder. „Dann hätten wir den Patienten oder die Patientin konditioniert und die dringend benötigten Spenderstammzellen wären nicht da.“
Um solchen lebensgefährdenden Situationen vorzubeugen, werden die Transplantate vor Beginn der Konditionierung eingefroren und erst zum Transplantationszeitpunkt auf der Station aufgetaut. Erst wenn das Transplantat in der Klinik ist, wird mit der Konditionierung des Patienten oder der Patientin begonnen. „Das alles bedeutet ein deutliches Mehr an Organisation. Aber durch die hervorragende Teamarbeit haben wir es im vergangenen Jahr sogar zu dem Rekord gebracht “, stellt Klinikdirektor Professor Ganser fest.
SERVICE:
Weitere Informationen erhalten Sie bei Professor Dr. Matthias Eder, eder.matthias@mh-hannover.de, Telefon (0511) 532-9207.