MHH-Forschende legen Metaanalyse zur Therapie der resistenten Hypertonie vor.
Bluthochdruck ist einer der größten Risikofaktoren für Herz-Kreislauferkrankungen. Krankheiten, die mit Bluthochdruck zusammenhängen, sind die häufigste Todesursache weltweit. Wirkstoffe gegen Hypertonie gehören zu den am häufigsten verschriebenen Medikamenten in Deutschland. Doch es gibt Menschen, deren Blutdruck nicht unter den angestrebten Zielwert sinkt, obwohl sie bereits drei oder mehr verschiedene Blutdruck-Medikamente einnehmen. Resistente Hypertonie heißt die Diagnose dann. Sie erhöht das Risiko für Schlaganfall, Herzinfarkt und chronische Nierenerkrankungen bis hin zum Nierenversagen. Diese Patientinnen und Patienten haben überdies eine deutlich kürzere Lebenserwartung.
Die Behandlung der resistenten Hypertonie ist eine medizinische Herausforderung. Zum Einsatz kommen verschiedene Medikamente, aber auch interventionelle, also nicht-operative und operative Eingriffe. Dazu gehören die sogenannte Nieren-Denervation und der Barorezeptor-„Schrittmacher“. Bei der Nieren-Denervation werden über einen Katheter feinste Nervenbahnen im Bereich der Nierenschlagader verödet, mit dem Ziel, den Blutdruck zu senken. Der Barorezeptor-Schrittmacher stimuliert Nervenzellen im Bereich der Halsschlagader, was ebenfalls einen Einfluss auf die Blutdruckregulation hat.
Ein Team um Professor Dr. Bernhard Schmidt, Oberarzt an der Klinik für Nieren- und Hochdruckerkrankungen der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH), hat nun untersucht, welche therapeutischen Maßnahmen die wirksamsten sind, um den Blutdruck bei resistenter Hypertonie zu senken. Dafür haben die Forschenden in einer Netzwerk-Metaanalyse eine Vielzahl bereits veröffentlichter wissenschaftlicher Studien zusammengefasst und so die Wirksamkeit der verschiedenen Behandlungsmethoden verglichen. Das Ergebnis: Der Wirkstoff Spironolacton, der das Hormon Aldosteron an seiner Wirkung hindert, hatte den stärksten blutdrucksenkenden Effekt. Auch eine Änderung des Lebensstils zeigte bei dieser schweren Hypertonie eine deutliche positive Wirkung. Dagegen waren die Effekte der anderen medikamentösen und interventionellen Verfahren geringer ausgeprägt. Die Meta-Analyse ist in der Fachzeitschrift Cardiovascular Research veröffentlicht worden.
Vergleich der Wirkstärke unterschiedlicher Bluthochdrucktherapien
Bei der Blutdruck-Messung werden zwei Werte bestimmt. Der erste heißt Systole und entspricht dem Druck, der in den Gefäßen herrscht, wenn der Herzmuskel das Blut in den Körper pumpt. Der zweite, die Diastole, gibt den niedrigsten Druck in den Gefäßen an, wenn der Herzmuskel entspannt ist. Gemessen wird der Blutdruck in „Millimeter Quecksilbersäule“, abgekürzt mmHg. Ein zu hoher Blutdruck beginnt bei einem Wert von mehr als 140/90 mmHg. Um bis zu 50 Prozent sinkt das Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall, wenn der Blutdruck dauerhaft auf unter 140/90 mmHg gesenkt wird. Der Idealwert liegt bei 120/80 mmHg.
„Resistente Hypertonie besteht, wenn der Blutdruck über 140/90 liegt trotz gleichzeitiger Einnahme von drei verschiedenen Klassen von blutdrucksenkenden Medikamenten bei maximal verträglicher Dosierung“, erklärt Professor Schmidt. Zu den Medikamentenklassen gehören neben den Diuretika auch die ACE-Hemmer, die Sartane und die Beta-Blocker. Für die Metaanalyse analysierten die Forschenden insgesamt 24 Studien, die unterschiedliche Therapien bei resistenter Hypertonie testeten. Auch wenn jede dieser Studien für sich genommen jeweils nur eine Blutdruckbehandlung im Vergleich zu Scheintherapien (Placebo) untersuchte, konnte durch die spezielle Methodik der Netzwerk-Metaanalyse ein Vergleich der unterschiedlichen Behandlungsformen über die unterschiedlichen Studien hinweg ermöglicht werden. „Dabei konnten wir sehen, dass alle Therapien einen Effekt hatten, aber in unterschiedlicher Stärke“, sagt Professor Schmidt.
Therapietreue als Voraussetzung für die Behandlung
Auch die Therapietreue, also die Bereitschaft, ärztlichen Anweisungen zu folgen, spiele bei der Behandlung von Bluthochdruck eine große Rolle. „Interessanterweise hatten auch die Placebo-Behandlungen in den Studien positive Wirkung, vermutlich weil die Patientinnen und Patienten besser mitarbeiteten, wenn sie das Gefühl haben, dass sie ärztlich betreut werden“, vermutet Professor Schmidt. Nimmt der Patient die Medikamente nicht oder nicht wie verordnet ein und der Blutdruck bleibt hoch, spricht die Medizin von pseudoresistenter Hypertonie. „Das müssen die behandelnden Ärztinnen und Ärzte natürlich im Blick haben.“ Doch etwa zehn Prozent der Bluthochdruck-Betroffenen leiden unter tatsächlicher resistenter Hypertonie. „Hier haben unsere Untersuchungen gezeigt, welchen überraschend großen Einfluss die Änderung des Lebensstils hatte“, stellt der Nephrologe fest. Wer sich gesund und salzarm ernähre, sich ausreichend bewege, Übergewicht vermeide und den Konsum von Nikotin und Alkohol reduziere, könne selbst sehr viel gegen Bluthochdruck tun. In Kombination mit Spironolacton lassen sich die größten blutdrucksenkenden Effekte erwarten.
Doch Spironolacton hat auch Nebenwirkungen wie etwa eine Vergrößerung der Brustdrüse bei Männern. Zudem verändert es den Elektrolythaushalt im Blut. Das kann erhöhte Kaliumwerte zu Folge haben, die sich negativ auf das Herz auswirken. Es gibt aber schon vielversprechende Studien zu ähnlich wirkenden Alternativen, die weniger Nebenwirkungen haben. „Bis die auf dem Markt sind, bleibt der seit Jahren bewährte Wirkstoff Spironolacton der Goldstandard in der Behandlung“, sagt Professor Schmidt.
Eine Zusammenfassung der Originalarbeit „Efficacy of pharmacological and interventional treatment for resistant hypertension – a network meta-analysis“ finden Sie hier.
Text: Kirsten Pötzke