Dr. Johanna Doll-Lee ist ausgebildete Pianistin und Assistenzärztin in der Neurologie der MHH. Wie bekommt sie diese beiden Karrieren unter einen Hut?
Eigentlich war schon immer klar, dass Dr. Johanna Doll-Lee eines Tages Pianistin wird. Daran gab es keinen Zweifel. Über Umwege landete sie an der MHH, inzwischen als Assistenzärztin in der Klinik für Neurologie mit Klinischer Neurophysiologie, mit einem ganz frischen Doktortitel. Doch das Klavierspielen hat die 33-Jährige trotzdem nie aufgegeben. Am 26. September gibt sie zugunsten der Erforschung von Parkinson und anderen Bewegungsstörungen im Hörsaal F der MHH ein Benefizkonzert.
Schon im jungen Alter von 3 Jahren war Dr. Johanna Doll-Lees Interesse am Klavierspiel so groß, dass sie ihren Vater dazu bringen konnte, sie zu unterrichten. Und bei Karl Maria Doll handelte es sich nicht um irgendeinen Lehrer. „Ich bin in einer Musikerfamilie aufgewachsen. Mein Vater war Dirigent und Komponist“, erzählt Doll-Lee. Zuhause gab er Klavierunterricht und seine Tochter wollte unbedingt so sein wie die großen Schüler. „Man wollte ja immer sein wie die Älteren.“ Und mit einem Klavierlehrer Zuhause und einer halben Stunde üben am Tag dauerte es nicht lange, bis Dr. Doll-Lee ihre ersten kleinen Konzerte gab. Aus einer halben Stunde wurden irgendwann vier bis fünf Stunden und mit 16 Jahren erhielt Dr. Doll-Lee dann die Chance, an der Universität Mozarteum in Salzburg ein Jungstudium im Fach Klavier zu beginnen. „Nebenbei habe ich dann noch mein Abitur gemacht. Dazu gehörte natürlich sehr viel Disziplin“, erzählt sie. Im Anschluss ging es zurück nach Bayern. In München fing sie mit 18 Jahren ihr Studium an der Musikhochschule an – Konzertfach Klavier. „Das ist schon sehr kompetitiv, es bewerben sich etwa 400 Menschen aus aller Welt und nur 5 bekommen einen Platz“, erzählt sie ganz unaufgeregt.
Entscheidung zum Medizinstudium
Doch es gab einen Wendepunkt in ihrem Leben, als ihre Eltern beide kurz nacheinander an Krebserkrankungen verstarben. „Ich lebte damals wie in zwei Welten. Auf der Bühne mit viel Glanz und in einer sehr harten Realität“, beschreibt sie heute. Es musste eine Veränderung her. „Ich wollte irgendetwas Positives daraus machen, sonst hätte ich das nicht überstanden.“ So habe sie beschlossen, Menschen zu helfen, Ärztin zu werden. „Ich habe mich im Prinzip nur aus Spaß noch für die Meisterklasse in München beworben. Da gab es aber sogar nur noch zwei Plätze“, erinnert sich Dr. Doll-Lee. Sie sei damals davon ausgegangen, dass sie eh keinen dieser Plätze bekommen würde und habe sich deswegen um einen Studienplatz in der Medizin beworben. „Dann haben die mich aber doch genommen“, erzählt sie lächelnd. „Das musste ich dann noch durchziehen.“ Zwei Jahre später begann sie dann ihr Medizinstudium in Hannover. „Inzwischen bin ich Assistenzärztin“, erzählt sie zufrieden.
Eigentlich habe sie aufgrund ihrer persönlichen Geschichte Onkologie machen wollen. „Doch dann habe ich mich in die Neurologie verliebt“, sagt sie. In keinem anderen Fach würde man die Patienten so gut kennenlernen, ist sie überzeugt. Sie müsse die Menschen berühren, um zu schauen, ob sie etwas spüren, sie müsse ganz viel mit ihnen sprechen und über sie erfahren, um eine Diagnose stellen zu können, erklärt sie das. Und die Wahl habe sie nicht bereut. Es sei sehr vielschichtig, sie könne wichtige Forschungsthemen vorantreiben und vor allem arbeite sie in einem tollen Team, dass sie und ihre private Leidenschaft vollkommen unterstützt. Denn das Klavier ist keineswegs aus Dr. Doll-Lees Leben verschwunden. Im Gegenteil. „Wenn ich nach einem anstrengenden Tag nachhause komme, macht mich nichts so glücklich, wie Klavier üben.“ So eine Art „Runners-High“ an den Tasten.
Synästhesie: Am Flügel um die Welt reisen
Einen Teil dazu trägt vielleicht auch Dr. Doll-Lees Synästhesie bei. Es handelt sich dabei um eine Art Verknüpfung der Sinneswahrnehmungen. Man sieht Buchstaben in einer bestimmten Farbe oder riecht Zahlen. „Ich sehe, was ich spiele“, erklärt sie das. Während ihre Finger über die Tasten gleiten, rudert sie auf einer Gondel durch Venedigs Kanäle oder wandert entlang eines Flusses durch ein sattgrünes Tal. Sie reise durch die Welt – während sie im Wohnzimmer am Flügel sitzt. „Und wenn ich vor Publikum spiele, versuche ich, die Leute mit auf diese Reisen zu nehmen“, erzählt sie strahlend. Ein Grund, davon ist sie überzeugt, warum sie erfolgreiche Konzerte gibt. Mal in New York, mal in Südfrankreich, häufig in Bayern. „Da bin ich bekannt“, sagt sie leise.
Und ja – dieses Leben sei schon ein Spagat, erfordere stets Disziplin. Doch ein Problem sieht Dr. Doll-Lee darin nicht. Es mache sie glücklich. Und zum Glück stoße sie nicht nur bei der Arbeit auf Verständnis. Ihr Ehemann ist auch Mediziner – und ein begabter Geiger. „Er versteht mich.“
Wer sich ein Bild von Dr. Johanna Doll-Lee am Klavier machen möchte, kann sich am 26. September das kostenlose Benefizkonzert organisiert von MHH Plus im Hörsaal F der MHH anschauen. Die 33-Jährige spielt dort Werke von Schubert, Liszt und Ravel. Los geht es um 19 Uhr, der Eintritt ist frei, es wird um Spenden für die Erforschung von Parkinson und anderen Bewegungsstörungen gebeten.
Text: Janna Zurheiden