Hebammenstudierende lernen für ihren späteren Beruf an Simulationsmodellen.
„Hier können wir Hand anlegen, den Bauch abtasten und mit einem Pinard-Stethoskop abhören, wie es dem Fetus geht“, erklärt Lia Grünwald. Sie steht im SkillsLab für Hebammen vor einem Geburtsmodell, das einen schwangeren Bauch simuliert, und tastet vorsichtig die Bauchdecke ab. Lia Grünwald studiert im sechsten Semester Hebammenwissenschaft an der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) und ist damit eine der ersten Studierenden, nachdem die Ausbildung von Hebammen deutschlandweit 2020 auf ein akademisches Studium umgestellt wurde.
Insgesamt 86 junge Menschen sind im Studiengang Hebammenwissenschaft an der MHH eingeschrieben, die ersten stehen mittlerweile vor ihren staatlichen Prüfungen und werden im März nächsten Jahres ihr Studium abschließen. Um Interessierten einen Einblick in ihr Studium sowie die praktische Vorbereitung auf den Beruf der Hebamme zu geben, lud der Examensjahrgang jetzt gemeinsam mit Modulleiterin Kerstin Schulze anlässlich des Internationalen Hebammentages zu einem Tag der offenen Tür ein.
Das Studium wird stetig weiterentwickelt
Im dualen Studium wechseln sich theoretische und praktische Lernwochen ab. Dabei wird das Gelernte zunächst im Skills Lab an Modellen geübt und dann in der jeweiligen Klinik an Schwangeren und Wöchnerinnen angewendet. Praxispartner sind neben der Frauenklink der MHH die Diakovere-Krankenhäuser Henriettenstift und Friederikenstift, das Vinzenzkrankenhaus Hannover, die KRH-Kliniken in Gehrden, Großburgwedel und Neustadt, das Krankenhaus Celle, das Städtische Klinikum in Braunschweig sowie das Helios Klinikum Hildesheim.
„Das Studium befindet sich noch in den Kinderschuhen und wird stetig weiterentwickelt. Es ist erstaunlich, was wir in den ersten drei Jahren schon erreicht haben, um die Studierenden theoretisch wie praktisch gut auf ihren Beruf vorzubereiten. Das lässt sich vor allem hier im SkillsLab sehen, das uns seit zwei Jahren zur Verfügung steht“, sagt Professorin Dr. Mechthild Groß, Leiterin der Forschungs- und Lehreinheit Hebammenwissenschaft an der MHH.
Seit Ende 2022 profitieren die angehenden Hebammen von modernen Schulungsräumen im SkillsLab. Hier können die angehenden Hebammen unter Anleitung und in geschützter Lernatmosphäre die wichtigsten Handgriffe für ihren späteren Beruf an Simulationsmodellen erlernen und üben. Es stehen ein vollständig eingerichteter Kreißsaal, ein Raum für die Versorgung der Neugeborenen, Schwangeren und Mütter im Wochenbett sowie ein Multifunktionsraum zur Verfügung. „Wir sind sehr dankbar, dass es diese Möglichkeit hier für uns gibt und fühlen uns durch die praktischen Übungen im SkillsLab gut auf die Praxiseinsätze in unserem Studium vorbereitet“, erklärt Lia Grünwald.
Vor der Praxis in Ruhe üben
Gemeinsam mit ihren Kommilitoninnen führte die angehende Hebamme die Besucherinnen und Besucher durch die Übungsräume des SkillsLabs und erklärte ihnen an den verschiedenen Modellen und Lernsituationen, was sie hier jeweils praktisch üben können. So nahm Studentin Zoë Searle einen dünnen Schlauch in die Hand und führte ihn mit einer kleinen Sonde in die Öffnung eines Unterleib-Modells ein. Darin liegt verdeckt eine Orange, die den Kopf des Fetus simuliert und der Studentin das Gefühl vermitteln soll, wie sie eine Kopfschwartenelektrode an den Kopf eines Fetus anbringt. „Damit können wir die kindlichen Herztöne erfassen, wenn eine externe Ableitung nicht funktioniert“, erklärt sie. Zoë Searle ist froh, dass sie hier in Ruhe üben kann, bevor sie das zum ersten Mal in der Praxis anwenden muss. „Das bringt mir sehr viel und gibt mir die nötige Sicherheit für den Praxiseinsatz, weil ich weiß, worauf ich achten muss.“
Natürlich üben die angehenden Hebammen auch die Geburt – ganz plastisch und anschaulich. Auf einem normalen Kreißsaalbett liegt ein Geburtssimulator, aus dem mit den richtigen Handgriffen ein Baby geboren wird und im Anschluss auch noch die Plazenta. Die Studierenden schlüpfen im SkillsLab immer wieder in unterschiedliche Rollen, mal sind sie die Hebamme, dann die fehlende Hand, um den Gegendruck der werdenden Mutter zu simulieren oder der Hebamme zur Hand zu gehen, und mal die Schwangere, die Schmerzen hat oder einfach nur beraten werden möchte.
In zwei der insgesamt fünf Räumen duftet es noch ganz frisch nach Farbe, hier wird das SkillsLab aktuell ergänzt, damit ab Oktober mit dem dann startenden vierten Jahrgang für alle Studierenden genügend Räume zum Üben zur Verfügung stehen. Darunter ist auch ein Raum, in dem aufrechte Geburtsmethoden wie der Geburtshocker eingesetzt werden können.
Details zum dualen Studiengang Hebammenwissenschaft an der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) erhalten Interessierte hier.
Text: Bettina Dunker