MHH-Klinik setzt interstitielle Brachytherapie bei bösartigen Tumoren am Gebärmutterhals ein.
Die Strahlentherapie ist neben der Operation und der Chemotherapie eine der zentralen Säulen der Krebstherapie. Normalerweise wird bei einer Strahlentherapie ein Tumor von außen bekämpft. Eine Ausnahme bildet die sogenannte Brachytherapie. Denn bei dieser Methode wird die Strahlenquelle mit einem speziellen Gerät ins Körperinnere und so in die unmittelbare Nähe des Tumors gebracht. Die Klinik für Strahlentherapie und Spezielle Onkologie hält alle Formen dieser Therapie bereit – dazu gehört auch die komplexe interstitielle Brachytherapie. Dabei wird die Strahlenquelle direkt in den Tumor eingeführt. Die Krebszellen werden „vor Ort“ bekämpft. Bei der interstitiellen Brachytherapie handelt es sich um ein hochspezialisiertes Verfahren, das in Niedersachsen nur in wenigen Einrichtungen durchgeführt wird.
Eine Strahlentherapie zielt allgemein darauf ab, die Erbsubstanz der Krebszellen zu schädigen, so dass die Teilung dieser Zellen stoppt und sie absterben. Die Tumore werden dadurch kleiner oder verschwinden sogar. „Einige Tumore sind aber von außen schlecht mit einer ausreichenden Dosis erreichbar“, erklärt Professor Dr. Hans Christiansen, Direktor der Klinik für Strahlentherapie. Dies trifft beispielsweise auf bösartige Geschwulste am Gebärmutterhals zu. „In solchen Fällen gehört die interstitielle Brachytherapie zur Standardtherapie.“ In seiner Klinik werden daher vor allem Patientinnen mit dieser Diagnose mit dem Verfahren behandelt. Dafür gibt es ein spezialisiertes Team unter der Leitung von Dr. Daniela Meinecke, die nicht nur Fachärztin für Strahlentherapie, sondern auch für Gynäkologie ist.
„Perlen“ entfalten ihre Wirkung
„Mit der interstitiellen Brachytherapie kommen wir nicht nur in die Nähe des Tumors, sondern direkt in ihn hinein“, erklärt Dr. Meinecke. Die Strahlenquelle wird in Form von kleinen Perlen über Schläuche und dünne Nadeln in den Tumor gebracht. Dabei können bis zu 18 Nadeln gleichzeitig platziert und die Strahlung millimetergenau gesetzt werden. Das alles geschieht unter Computertomografie-Kontrolle. Die Strahlenquelle wirkt jeweils nur wenige Minuten und wird anschließend gleich wieder entfernt. „So können wir mit einer hohen Strahlendosis arbeiten und das umliegende Gewebe weitgehend schonen“, sagt Dr. Meinecke. Die Patientinnen befinden sich während des Vorgangs in Vollnarkose. Eine Behandlungsprozedur dauert rund zwei Stunden und muss im Abstand von jeweils etwa einer Woche drei- bis viermal wiederholt werden. Für jede Sitzung wird gemeinsam mit Medizinphysikern ein neuer Behandlungsplan erstellt.
„In Kombination mit einer äußeren Strahlentherapie und einer Chemotherapie zeigt die interstitielle Brachytherapie eine sehr gute Wirkung. Die lokale Kontrolle bei Gebärmutterhalskrebs liegt so bei 80 bis 90 Prozent“, stellt Professor Christiansen fest. Er ist froh, den oft jungen Patientinnen diese Behandlung anbieten zu können. „Dieses Verfahren ist sehr aufwändig und erfordert die Expertise vieler verschiedener Fachleute. Wir haben das Glück, dass alle im Team an einem Strang ziehen.“ Besonders die interdisziplinäre Zusammenarbeit mit der Frauenklinik und der Klinik für Anästhesiologie sei sehr gut. Das Ziel ist es, die Brachytherapie zukünftig auch für Tumore der Haut und im Kopf-Hals-Bereich zu etablieren.
Nachwuchstreffen
Die Klinik für Strahlentherapie und Spezielle Onkologie engagiert sich in der Förderung des Nachwuchses in der Radioonkologie. So organisierte Dr. Robert Blach das diesjährige Frühjahrssymposium der Jungen DEGRO (Deutsche Gesellschaft für Radioonkologie) mit rund 90 Teilnehmenden in der MHH. Infos gibt es hier.
Text: Tina Götting