MHH an internationaler Studie zur akuten myeloischen Leukämie (AML) beteiligt
Stand: 31. Mai 2022
Die akute myeloische Leukämie (AML) ist eine bösartige Erkrankung, bei der sich die Vorläuferzellen des blutbildenden Systems unkontrolliert vermehren. Ursache dieser Blutkrebs-Form sind genetische Veränderungen im Knochenmark, die sich im Laufe des Lebens einstellen. Betroffen sind daher vor allem ältere Menschen. Unbehandelt führt AML innerhalb weniger Wochen zum Tod. Doch jetzt gibt es Hoffnung. Die Kombination zweier Medikamente sorgt dafür, dass sich die Überlebenszeit von Patientinnen und Patienten mit neu diagnostizierter AML verdreifacht. Das ergab eine internationale klinische Studie unter Beteiligung von Professor Dr. Michael Heuser, Leitender Oberarzt der Klinik für Hämatologie, Hämostaseologie, Onkologie und Stammzelltransplantation der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH), an der auch Patientinnen und Patienten der MHH-Klinik teilnahmen. Die Ergebnisse sind im New England Journal of Medicine veröffentlicht worden, einer der weltweit angesehensten medizinischen Fachzeitschriften.
Überraschend starke Wirkung auch beim Menschen
Bei den Medikamenten handelt es sich um die bislang einzeln gegen AML eingesetzten Wirkstoffe Ivosidenib und Azacitidine. Während der erste ein bestimmtes genverändertes Enzym namens IDH1 hemmt, das die Entwicklung von Blutkrebszellen begünstigt, hindert der zweite die Krebszellen daran zu wachsen. „Die Kombination beider Präparate haben wir bereits vor einigen Jahren im Mausmodell untersucht und bedeutende Synergieeffekte beobachtet“, sagt Professor Heuser. In der klinischen Studie konnten die Forschenden diesen Effekt nun auch an Menschen nachweisen, bei denen eine neu diagnostizierte AML mit Genveränderungen im Enzym IDH1 vorlag. „Wir waren überrascht, dass die Wirkung so stark ist“, betont der Mediziner. Das Zusammenspiel beider Wirkstoffe verursache quasi eine Vollbremsung im Teilungszyklus der Krebszellen und führe dazu, dass die Leukämieaktivität stark abnehme. Dadurch überleben die Patienten im Durchschnitt dreimal so lange.
Weniger unerwünschte Nebenwirkungen
„Die Behandlung ist vor allem eine Chance für Patientinnen und Patienten, bei denen eine intensive Chemotherapie zur Tumorbekämpfung nicht in Frage kommt“, sagt Professor Heuser. Ein weiterer Vorteil: Unerwünschte Nebenwirkungen wie Infektionen, Lungenentzündung oder Blutvergiftung treten seltener auf als bei anderen Therapien. „Durch die Behandlung werden die entarteten Vorläuferzellen des Blutsystems nicht einfach abgetötet, sondern dazu gebracht, ebenso wie bei gesunden Menschen zu weißen Blutkörperchen auszureifen“, erklärt der Hämatologe. So können gesunde Blutzellen nachwachsen und ein normal funktionierendes Immunsystem ausbilden. Bislang konnten nur die Teilnehmenden der klinischen Studie von dem neuen Behandlungsansatz profitieren. Das soll sich jetzt ändern. „Eine Zulassung der Kombinationstherapie ist beantragt und wird hoffentlich schon bald den Alltag von AML-Betroffenen verändern und ihre Überlebenschancen deutlich verbessern.“
SERVICE:
Weitere Informationen erhalten Sie bei Professor Dr. Michael Heuser, heuser.michael@mh-hannover.de, Telefon (0511) 532-3720.
Die Originalarbeit „Ivosidenib and Azacitidine in IDH1-Mutated Acute Myeloid Leukemia” finden Sie hier.
Die Publikation zu den Untersuchungen am Mausmodell „Synergistic activity of IDH1 inhibitor BAY1436032 with azacitidine in IDH1 mutant acute myeloid leukemia“ finden Sie hier.