Im Mai 2023 wurde sie als zweiter Sieger mit dem Deutschen Kita-Preis ausgezeichnet – nun muss sie jedoch mittelfristig ihren Betrieb einstellen: Für einen dringend benötigten Neubau fehlt das Geld.
In der Betriebskita Campuskinder der Medizinischen Hochschule Hannover werden Kinder von Pflegekräften, Ärztinnen, Ärzten, Forschenden und anderen Mitarbeitenden der MHH betreut. Beim Deutschen Kita-Preis überzeugte die Einrichtung mit flexiblen und bedarfsgerechten Angeboten und einem modernen pädagogischen Konzept. Im deutlichen Kontrast dazu steht der Flachdachbau aus den siebziger Jahren, in dem die Kita untergebracht ist. Er gilt als „abgängig“ – so bezeichnen Fachleute eine Bausubstanz, für die eine Sanierung teurer ist als ein Neubau.
MHH darf Kita nicht aus regulärem Haushalt finanzieren
Der Abbruch ist für 2025 geplant. Wer allerdings die Kosten von etwa zehn Millionen Euro für den Neubau der Kita tragen soll, ist noch ungeklärt. Eine öffentliche Förderung gibt es ausschließlich für die etwa 100 neuen Plätze, die im Zuge des Neubaus entstehen sollen. Eine Finanzierungshilfe für die 189 bereits vorhandenen Plätze ist nicht vorgesehen. Und auch die Unterstützung für die neuen Plätze fällt deutlich geringer aus als für andere Kitas, weil die Betriebskita ausschließlich Kinder von MHH-Mitarbeitenden aufnimmt – die allerdings bei Schließung in städtische Kitas ausweichen müssten.
„Wir befinden uns hier in einem absoluten Dilemma: Im Wettbewerb um die klügsten Köpfe punktet die MHH derzeit auch mit ihrem herausragenden Kinderbetreuungsangebot“, erklärt MHH-Vizepräsidentin Martina Saurin, die an der MHH das Ressort Wirtschaftsführung und Administration leitet. „Aber: Anders als ein Unternehmen, das aus personalstrategischen Gründen eine Betriebskita betreibt, können wir als Landesbetrieb unser Budget nicht frei bewirtschaften. Wir erhalten die Investitionsmittel zweckgebunden für Forschung, Lehre und Krankenversorgung. Da Kinderbetreuung formal in keinen dieser Bereiche fällt, dürfen wir das Bauvorhaben nicht aus dem regulären Haushalt finanzieren.“
Spendenbeirat gegründet
Die Aussichten auf zusätzliche Mittel für den Kita-Neubau sind derzeit gering: Das Niedersächsische Ministerium für Wissenschaft und Kultur (MWK) sieht die Zuständigkeit bei der Stadt, die wiederum auf leere Kassen verweist. Martin Fulst, Leiter der Kindertagesstätte, hält die Haltung des MWK für kurzsichtig: „Ja, Kinderbetreuung ist erst mal Sache der Kommunen, und zehn Millionen Euro sind auch sicher viel Geld. Wenn aber gleichzeitig Millionenbeträge für medizinische Geräte ausgegeben werden und die Menschen, die sie bedienen sollen, fehlen, weil sie keine passende Kinderbetreuung haben, wird es paradox.“
Eine Reihe von Persönlichkeiten innerhalb der MHH, aber auch externe Fürsprecherinnen und Fürsprecher teilen diese Meinung und engagieren sich nun in einem eigens gegründeten Spendenbeirat für das Projekt. „Es ist zwar nicht zu erwarten, dass die Gesamtsumme allein über Spenden gedeckt werden kann, aber 500.000 Euro haben wir bereits im Topf und jeder weitere Euro bringt uns dem Ziel ein Stückchen näher“, sagt Dr. Eckhard Schenke, Mitglied des Spendenbeirats und Vorstand der Förderstiftung MHH plus. „Letztlich gilt es aber deutlich zu machen, dass sich die MHH hier in einer Situation befindet, die sie allein aus eigener Kraft nicht bewältigen kann.“
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Bislang führend bei der Kinderbetreuung
Die MHH ist eine Hochschule mit einem Krankenhaus der Maximalversorgung mit einem überregionalen Einzugsbereich. Die Forschungsschwerpunkte sind Transplantations- und Stammzellforschung/Regenerative Medizin, Infektions- und Immunitätsforschung sowie Biomedizinische Technik und Implantatforschung.
Die MHH beschäftigt 8.459 Vollkräfte. 2.891 Mitarbeitende haben von ihnen haben Kinder unter 18 Jahren. Mit 403 Kindergarten- und Krippenplätzen in drei Kindertagesstätten ist die MHH in puncto Kinderbetreuung führend unter den Hochschulen in Deutschland. Die Betriebskita Campuskinder stellt mit 189 Plätzen knapp die Hälfte der Plätze. Auf der Warteliste stehen trotzdem in der Regel rund 60 Krippen- und 30 Kindergartenkinder, für die es noch keinen Platz gibt. Daher sollen im Zuge des Neubaus zusätzlich 106 neue Plätze geschaffen werden.
Text: Annika Morchner