Medikamentöse Therapiemöglichkeiten beim fortgeschrittenen Prostatakarzinom
Das Prostatakarzinom wird im frühen- und organbegrenzten Stadium entweder chirurgisch oder mittels Bestrahlung kurativ behandelt.
Ein metastasiertes Prostatakarzinom sollte jedoch medikamentös behandelt werden. Gerne beraten wir Sie diesbezüglich in unserer onkologischen Sprechstunde (immer mittwochs 9:00 – 15:00 Uhr).
Da Prostatatumorzellen primär androgensensibel sind, wurde traditionell eine Hormonablation durch chirurgische Kastration durchgeführt. Nach pharmakologischer Entwicklung von LHRH-Analoga, GnRH Antagonisten und Androgenrezeptorantagonisten wird heute aber grundsätzlich auf die irreversible Orchiektomie mit den dazugehörigen psychischen Nebenwirkungen verzichtet.
Zunächst wird in der Regel eine Blockade der Androgenrezeptoren für 1-2 Wochen angestrebt und anschließend abgesetzt. Als nächster Schritt wird die Injektionstherapie mit LHRH-Analoga eingeleitet, das in verschiedenen Depot-Formen z. B. monatlich, für alle 3 Monate und für alle 6 Monate vorhanden ist.
In den ersten Wochen der Therapie mit LHRH-Analoga wird eine übermäßige und unerwünschte Ausschüttung der männlichen Hormone verzeichnet. Deshalb werden die Androgenrezeptoren primär für 1-2 Wochen medikamentös blockiert. Im Falle einer Therapie mit GnRH-Antagonisten ist die simultane Verabreichung von Androgenrezeptorantagonisten nicht notwendig. Leider entwickelt sich die androgensensible Erkrankung im Laufe der Zeit in eine kastrationsresistente Situation. Ab diesem Stadium ist die Therapie palliativ.
Weitere Informationen finden Sie unter Klinische Studien.
Informationen zu den Medikamenten
Im Jahre 2004 wurde eine Taxan-basierte Chemotherapie für die Therapie des kastrationsresistenten Prostatakarzinoms (CRPC) eingeführt. Docetaxel in Kombination mit Prednisolon verbesserte die mediane Überlebensrate auf ca. 2,9 Monate. Vor Beginn der Chemotherapie wird die Kontrolle des Testosteronspiegels empfohlen.
Vier neu entwickelte Substanzen (Cabazitaxel, Abiraterone, MDV 3100 und Tak-700) haben die Therapielandschaft des CRPC nach Taxanversagen oder sogar vor Beginn der Taxantherapie dramatisch geändert:
2010 wurde Cabazitaxel (Jevtana®) als semisynthetisches Taxanderivat nach Taxanversagen in Amerika und ein Jahr später in Deutschland zugelassen. Die Zulassungsstudie ergab einen signifikanten Überlebensvorteil von etwa 2,4 Monate im Vergleich zur Kontrollgruppe, allerdings mit schweren Nebenwirkungen.
2011 wurde Abiraterone acetat (Zytiga®), ein selektiver Inhibitor der Androgenbiosyntese in Nebenniere, Hoden und Prostatatumorzellen, bei Patienten mit CRPC nach Taxan-Therapie vorgestellt. Die Zulassungsstudie konnte eine signifikante Verlängerung des Gesamtüberlebens mit akzeptablem Nebenwirkungsprofil nachweisen.
MDV 3100, als vorläufiger Medikamentenname ein sogenanntes „Small-molecule“-Medikament, erzielt durch eine Translokation der Androgenrezeptoren in Kern indirekt eine antagonistische Wirkung der Androgene. Eine Phase –I/II-Studie mit 140 Patienten zeigte eine PSA-Abfall von 50% in 56% der Patienten. Bildgebende Untersuchungen ergaben 22% Tumorregression und bei fast 50% von Patienten eine stabile Erkrankung.
Anschließend an die antiandrogene Therapie vor oder nach Chemotherapie mit Docetaxel stehen durch den Einsatz bzw. die Verfügbarkeit der neuen Substanzen beim CRPC vielversprechende Möglichkeiten zur Verfügung.
Da viele der neuen Substanzen noch nicht genügend klinische Erfahrungswerte vorweisen können, sollten sich betroffene Patienten in einer onkologisch spezialisierten Klinik ausführlich aufklären und sich die gesamten Therapieoptionen leitlinienkonform vorstellen lassen. Im Idealfall kann ein Einschluss in ein klinisches Studienprogramm erfolgen.