Forschung

Die Brückenbauerin

Frauen in der Wissenschaft Teil 6: Dr. Yvonne Ziert ist Biometrikerin der medizinischen Forschung

Porträt Dr. Yvonne Ziert

Stand: 10. August 2022

Medizinische Forschung ist ohne Biometrie nicht möglich. Um verwertbare Ergebnisse zu erhalten und neue Erkenntnisse zu gewinnen, ist es notwendig, sich vorab ein paar Gedanken zu den Daten zu machen, die gesammelt und ausgewertet werden sollen. Dabei hilft Dr. Yvonne Ziert. „Als Biometrikerin unterstütze ich die Medizinerinnen und Mediziner schon vor Beginn ihrer klinischen Studien“, erklärt die Wissenschaftlerin. Sie ist verantwortlich für die medizinische Statistik, gibt Hinweise zur Messung und Analyse biologischer Daten und wählt die richtigen mathematischen Modelle aus, um diese anschließend zu beschreiben und zu bewerten. „Ich schlage sozusagen eine Brücke zwischen der Medizin und der Mathematik und sorge so dafür, dass die Forschenden am Ende der Studie auch möglichst gesicherte, allgemein übertragbare Schlüsse daraus ziehen können.“

Und das ist Maßarbeit, denn keine klinische Studie ist wie die andere. „Jeder medizinische Fachbereich hat seine Besonderheiten, die jeweils bei Planung, Durchführung und Auswertung von klinischen Studiendaten zu berücksichtigen sind“, betont Dr. Ziert. Zudem muss sie ihre biometrischen Methoden immer wieder neu an die aktuellen Forschungsinteressen anpassen. Aber genau das macht die Arbeit an der MHH für die 40-Jährige so spannend. „Gefühlt habe ich ein kleines Medizinstudium nachgeholt“, sagt sie und lacht.

Dabei war ihr Weg zur Biometrie eher untypisch. Nach einem Studium der Sozialwissenschaften sattelte sie ein Public Health-Studium an der MHH darauf. Parallel zu ihrem Zweitstudium arbeitete sie beim Kriminologischen Forschungsinstitut Niedersachen und pendelte zwei Jahre nach Göttingen zum Institut für angewandte Qualitätsförderung und Forschung im Gesundheitswesen. Der Wunsch, wieder stärker wissenschaftlich zu arbeiten, führte sie zurück an die MHH. „Die Wahl fiel dann auf die Biometrie, weil ich mich gerne mit klinischen Studien beschäftigen, und so einen Beitrag zur Therapieforschung leisten wollte.“ Ihre Promotion schloss die zweifache Mutter unter erschwerten Corona-Pandemie-Bedingungen ab. „Ohne private Hilfe bei der Kinderbetreuung und die berufliche Unterstützung durch meine Kolleginnen und Kollegen und meinen Chef hätte ich das kaum geschafft“, sagt sie.

Ein bisschen Durchhaltevermögen und Resilienz mag auch dazu beigetragen haben. Den Umgang mit Stress kann Dr. Ziert jedenfalls immer wieder trainieren, wenn Anträge für neue Forschungsvorhaben gestellt werden und bestimmte Deadlines zu beachten sind. „Da die Ärztinnen und Ärzte ihre Forschungsarbeit in der Regel neben dem Klinikalttag bewältigen müssen, besteht nicht selten massiver Zeitdruck, um die Studie auf den letzten Metern zu Ende zu bringen“, weiß die Biometrikerin. Abgeschreckt hat sie das alles nicht. „Mittlerweile arbeite ich elf Jahre in der Biometrie, und bin sicher, dass es die richtige Entscheidung war.“


Autorin: Kirsten Pötzke