Gesundheit

Corona-Folgen? Unter dieser Nummer gibt es Hilfe

Niedersachsen richtet unter (0511) 120 2900 Beratungshotline ein.

eine junge Frau mit braunen Haaren sitzt im Bild rechts and eine Glasfassade gelehnt, hat die Knie angewinkelt und stützt den Kopf mit der Hand ab

Wer nach einer überstandenen Covid-19-Infektion oder der Impfung unter Langzeitfolgen leidet, bekommt unter der neuen Hotline Hilfe. Copyright: Karin Kaiser / MHH

Auch nach dem Ende der Corona-Pandemie sind die gesundheitlichen Auswirkungen von Covid-19 für viele Menschen immer noch präsent. Mit Long- oder Post-Covid haben sich neue Erkrankungen entwickelt, die für die Betroffenen selbst ebenso wie für Medizin und Wissenschaft herausfordernd sind. Damit Erkrankte, ihre Angehörigen und auch Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber bestmögliche Unterstützung erhalten, hat die Landesregierung gemeinsam mit der AOK Niedersachsen und Unterstützung der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) ein neues telefonisches Beratungsangebot eingerichtet. Unter der Rufnummer (0511) 1202900 beantwortet geschultes Personal Fragen zu Long-/Post-Covid sowie zum Post-Vac-Syndrom. Das Beratungstelefon ist montags bis freitags in der Zeit von 10 bis 14 Uhr erreichbar.

Betroffene mit ihren Beschwerden ernst nehmen

„Für viele Menschen hält nach einer überstandenen Covid-19-Infektion der Leidensweg leider weiter an“, erklärte Niedersachsens Gesundheitsminister Dr. Andreas Philippi. Symptome wie Konzentrationsstörungen, chronische körperliche und geistige Erschöpfung bis hin zu Fatigue zählten ebenso wie beispielsweise Gelenk- und Muskelschmerzen zu den oft sehr in Dauer und Intensität schwankenden Symptomen von Long-oder Post-Covid. „Wir haben in Niedersachsen unter anderen aus dem Long-Covid-Expertenrat heraus sukzessiv die ambulanten und stationären Versorgungsangebote ausgeweitet und forschen weiter, um diese Krankheit besser zu verstehen und den Menschen noch besser helfen zu können“, sagte der Minister. „Das Wichtigste ist erst einmal für die Betroffenen, dass sie mit ihren Beschwerden ernst genommen werden und wissen, wo sie Hilfe bekommen. Es gibt bereits eine Vielzahl an Angeboten, die aber oftmals – gerade für Menschen ohne eine Hausärztin oder einen Hausarzt – nicht leicht zu durchschauen sind. Genau hier setzt die neue Hotline an.“ 

Neben professionellem Rat rund um Long-Covid steht die Hotline auch Personen offen, die mit langfristigen Folgenwirkungen nach der Corona-Schutzimpfung, dem so genannten Post-Vac-Syndrom zu kämpfen haben. „Die Impfung hat viele Menschen vor einem schweren Covid-19-Verlauf bewahrt, Todesfälle verhindert und ganz entscheidend zum Ende der Pandemie beitragen. Leider haben aber einige Menschen nach der Impfung mit längerfristigen Nebenwirkungen zu tun. Auch hier werden die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Beratungstelefons mit gutem Rat zur Seite stehen“, betonte der Minister.

Qualifizierte Informationen und Perspektiven geben

„Den betroffenen Menschen wollen wir mit der Hotline neben qualifizierten Informationen Orientierung und Perspektive geben, wie sie mit der Krankheit Long-Covid umgehen können“, ergänzte Dr. Jürgen Peter, Vorstandsvorsitzender der AOK Niedersachsen, „hierfür sind erfahrene Beraterinnen und Berater der AOK Niedersachsen im Einsatz. Sie nehmen die Sorgen der Menschen ernst.“

Verlässliche Aussagen zur Anzahl der Betroffenen sind schwierig, Studien weisen eine große Bandbreite auf. Die AOK Niedersachsen hat ihre Arbeitsunfähigkeitsdaten seit Januar 2021 bis heute ausgewertet. „Von 1,2 Millionen krankengeldberechtigten Mitgliedern waren 13.500 mit der Diagnose Long-Covid krankgeschrieben. Hochgerechnet auf alle Covid-Infizierten in Niedersachsen entspricht das einem Anteil von rund zwei Prozent“, sagte Dr. Peter. „Die Erkrankung kommt in sehr unterschiedlicher Ausprägung vor. Ungefähr 95 Prozent der Betroffenen sind wieder arbeitsfähig und die Krankschreibungen dauern inzwischen durchschnittlich noch 15 Tage. Die Daten weisen aktuell aber auch 700 schwerer betroffene Fälle aus. Diesen Menschen muss und kann in der Regelversorgung geholfen werden. Hier ist eine gute Steuerung entscheidend – vom Hausarzt bis zur Spezialambulanz.“

MHH schult das Service-Personal an der Hotline

Geschult wurden die Mitarbeitenden der Hotline von einem ärztlichen Team aus dem Institut für Allgemeinmedizin der MHH. Für Institutsdirektor Professor Dr. Nils Schneider ist das neue Angebot ein wichtiger Baustein im Hilfesystem. „Viele Menschen sind stark verunsichert. Das ist auch verständlich, denn Long-/Post-Covid ist ein komplexes Krankheitsbild sowohl in der Entstehung und Ausprägung als auch in der Versorgung. Die Vernetzung der einzelnen Versorgungsangebote spielt eine große Rolle. Da kann die neue Hotline die Informationen bündeln und gezielt weitergeben.“ Unter anderem werde es auch eine Kooperation mit der im September startenden virtuellen COVID-Rehabilitationsklinik (ViCoRek) der MHH geben.

In einem abgestuften System seien die Hausärztinnen und Hausärzte die erste Anlaufstelle für die Diagnostik und Behandlung sowie für die Weichenstellung, ob eine Überweisung zu Facharztpraxen oder Spezialambulanzen erforderlich sei, betonte Professor Schneider. Im besten Fall stehen Hausärztinnen und Hausärzte ihren Patienten kontinuierlich im gesamtem Krankheitsverlauf zur Seite. Professor Schneider ist es wichtig, Long-/Post-Covid ganzheitlich zu betrachten und das Zusammenspiel von körperlichen, psychischen und sozialen Faktoren stärker in den Blick zu nehmen. In der Versorgung seien auch psychotherapeutische Maßnahmen sehr wichtig. „Sie können den Betroffenen helfen, die Krankheit zu bewältigen, und den Verlauf positiv beeinflussen,“ betonte Professor Schneider. 

FAQ - Die wichtigsten Fragen zur Hotline

Wie und wann erreiche ich die Hotline?
Unter der Telefonnummer (0511) 120 2900 von Montag bis Freitag in der Zeit von 10 bis 14 Uhr.

Wer kann das Angebot nutzen?
Das Angebot richtet sich an alle Bürgerinnen und Bürger, die Beratungsbedarf zu Long-/Post-Covid oder Post-Vac haben. Das können die Betroffenen selbst sein oder auch deren Angehörige, Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber. Das Angebot ist unabhängig von ihrer Krankenversicherung.

Was bietet die Beratungshotline?
Die Beratungshotline ist eine landesweit zentrale Anlaufstelle, um Informationen über das Erkrankungsbild zu geben, eine Beratung anzubieten und Ansprechstellen zu vermitteln. Betroffene und Interessierte erhalten Unterstützung, um einen Weg in das Versorgungssystem zu finden, um allgemeine Informationen zum Erkrankungsbild zu bekommen, um relevante Adressen und Kontakte zu erfahren und um konkrete Antworten auf individuelle Fragen zu erhalten. Die speziell geschulten Beraterinnen und Berater nehmen jedes Anliegen ernst, hören zu, bieten Unterstützung an und zeigen Perspektiven auf.

Was kann die Beratungshotline nicht?
Die Beraterinnen und Berater sind keine Ärztinnen und Ärzte, so dass eine medizinische Beratung und Diagnosestellung ausgeschlossen sind. Daher ersetzt die Beratungshotline keinesfalls einen ärztlichen Kontakt. Es ist keine Terminvermittlung zu Haus- und Fachärzten möglich, da hierfür die Terminservicestelle zuständig ist (Telefon116 117). Bei konkreten sozialversicherungsrechtlichen Fragen hinsichtlich Krankengeldanspruch, Rehabilitations- und Rentenantragsstellung wird empfohlen, die eigene Krankenkasse zu kontaktieren.

Hintergrundinformationen

Was bedeutet Long- bzw. Post Covid?
Als Long- bzw. Post-Covid bezeichnet man Langzeitfolgen nach einer Ansteckung mit dem Coronavirus.
Man spricht von Long-Covid, wenn die Symptome vier Wochen nach der Covid-19-Erkrankung noch bestehen oder neu auftreten.

Dauern die Symptome mehr als drei Monate nach Ende der Covid-19-Erkrankung an, handelt es sich um das Post-Covid-Syndrom.  

Wie viel Fälle von Long- bzw. Post-Covid gibt es?
Es ist sehr schwer, eine verbindliche Zahl der Betroffenen zu benennen. Anfängliche Studien haben bis zu 40 Prozent der Corona-Infizierten als Long- bzw. Post-Covid-Betroffene vorhergesagt. Zwischenzeitlich wird von ca. 5 bis 10 Prozent der Infizierten ausgegangen, wobei die Symptome in sehr unterschiedlicher Ausprägung vorliegen. Seit Pandemiebeginn wurden in Niedersachsen rund 3,9 Millionen Infektionen an das RKI gemeldet. Die Zahl der betroffenen Niedersachsen könnte demnach zwischen 200.000 und 400.000 liegen, wobei ein Teil zwischenzeitlich genesen sein wird, da sich die Symptome von Long-/Post-Covid im Laufe der Zeit abschwächen. Der Anteil mit 5 Prozent bis 10 Prozent ist kein Widerspruch zu den vorgestellten AOK-Zahlen von 2 Prozent der infizierten krankengeldberechtigten Mitglieder. Hintergrund ist, dass es auch leichter Betroffene gibt, die nicht krankgeschrieben werden müssen.

Was bedeutet Post-Vac?
Für das als Post-Vac bezeichnete Long-Covid ähnliche Syndrom liegt bisher keine einheitliche Definition vor, zudem ist es noch nicht als eigenes Krankheitsbild anerkannt. Das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) erfasst in Deutschland Meldungen zu Impfschäden und wertet diese aus. Nach Angaben des PEI sind seit Beginn der Impfungen am 27. Dezember 2020 bis Mitte Mai 2023 1.547 Meldungen über Verdachtsfälle von Nebenwirkungen in unterschiedlichem zeitlichen Abstand nach Covid-19-Impfung eingegangen. Dabei handelt es sich um Long-/Post-Covid-ähnliche gesundheitliche Einschränkungen bis hin zum chronischen Erschöpfungssyndrom (Chronic Fatigue Syndrome/Myalgische Enzephalomyelitis, CFS/ME), posturales Tachykardiesyndrom (POTS), einschließlich der Beschwerden, die als Post-exertional Malaise (PEM, Unwohlsein nach Belastung) oder Beschwerden, die als Post-Vac bezeichnet werden.  

Weitere Informationen und Unterstützungsangebote für Betroffene gibt es unter anderem auf folgenden Internetseiten:

►www.niedersachsen.de/Coronavirus

►Informationen zu Hilfs- und Behandlungsangeboten der MHH

►BMG-Initiative Long COVID

►Webseite der BZgA zu Long COVID

►Deutsche Arbeitsgemeinschaft Selbsthilfegruppen (NAKOS) - Selbsthilfe und Corona

►Deutsche Rentenversicherung Bund: Reha bei Post COVID oder Long COVID

►WHO Broschüre: Empfehlungen zur Unterstützung einer selbstständigen Rehabilitation nach COVID-19-bedingter Erkrankung