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Leben mit Lipödem – Denise bekommt ihre langersehnte OP

Die Fettverteilungsstörung betrifft etwa 3,8 Millionen Menschen in Deutschland. Die Dunkelziffer wird allerdings sehr viel höher geschätzt.

 

Densie Haasper, Lipödem-Patientin steht im MHH Patientengarten und schaut in die Kamera

Denise Haasper hat sich an ihrem Lipödem operieren lassen. Copyright: Carolin Korth/MHH

Denise Haaspers Beine im Vergleich, vor und nach der OP.

Denise Haaspers Beine im Vergleich, vor und nach der OP. Copyright: Privat

Stand: 2. Februar 2023

Denise Haasper ist eine der Lipödem-Betroffenen. Nach vielen fehlgeschlagenen Therapieversuchen hat sie sich für eine OP entschieden, um das Fettgewebe absaugen zu lassen. Im Interview erzählt sie ihre Leidensgeschichte.

"Ich habe seit über zwei Jahren die Diagnose Lipödem Stadium II in Armen und Beinen. Ich hatte schon seit meiner Pubertät etwas stämmigere Beine, aber ich hatte nie Beschwerden.
2015 sind meine Hormone dann ein bisschen durcheinander geraten und ich habe 26 kg zugenommen. Ich habe versucht, die Kilos wieder abzunehmen, das hat aber nur teilweise funktioniert und meine Arme und Beine blieben dicker. Danach fing es an, dass meine Beine sich schwer angefühlt haben, sie haben beim Treppenlaufen gebrannt und irgendwann begannen sie, auch Wasser einzulagern. Ich hatte ständig Hämatome und wusste nicht, woher sie kamen und ich war total schmerzempfindlich. Das ging sogar so weit, dass ich mich zum Beispiel nicht mehr gegen Türrahmen lehnen konnte.

Als ich dann die Diagnose bekam, startete ich auch mit der konservativen Therapie. Das beinhaltet das ständige Tragen einer Flachstrickkompression (meist eine Strumpfhose bis hoch zur Taille) und manuelle Lymphdrainage 2 Mal pro Woche. Geholfen hat das aber nur bedingt und es nimmt einem viel Lebensqualität. Deshalb habe ich mich für die Lipödem-OPs entschieden. Da ich noch nicht im Stadium III bin, hatte ich leider auch keine Chance auf Kostenübernahme durch die Krankenkasse."

Was ist eine Liposuktion?
Denise: Eine Liposuktion ist quasi eine Fettabsaugung, bei der die krankhaften Fettzellen abgesaugt werden. Das bietet eine enorme Druckentlastung und das Lymphsystem ist nicht mehr gestaut. Für mich war es die einzige Möglichkeit, keine Schmerzen mehr zu haben, da die konservative Therapie mir nicht geholfen hat. Ich musste trotzdem jeden Abend auf dem Sofa die Beine hochlegen und konnte auch tagsüber nicht lange stehen.

Wie ist die Operation genau verlaufen?
Denise: Zunächst hat man in einer Klinik ein Beratungsgespräch, wo der bisherige Krankheitsverlauf und Therapieversuche besprochen werden. Danach wird die OP-Methode (WAL = Wasserstrahl assistierte Liposuktion) besprochen und mögliche Risiken. Darauf folgt eine körperliche Untersuchung durch Abtasten der Bereiche. Anhand der Untersuchung wird besprochen wie viele OPs man braucht und man bekommt einen Kostenvoranschlag.

Vor den OPs musste ich 6 Wochen lang die Flachstrickkompression tragen und im besten Fall schon zur Lymphdrainage gehen. Am OP-Tag habe ich mich zunächst angemeldet und wurde dann in mein Zimmer gebracht. Dann kam der Anästhesist und hat mich über die Narkose aufgeklärt und einen Zugang gelegt. Ich hatte die Wahl zwischen Vollnarkose und Dämmerschlaf. Ich habe den Dämmerschlaf gewählt, da ich Vollnarkosen nicht so gut vertrage. Danach kam meine Ärztin und hat meine Beine eingezeichnet. Gemeinsam sind wir dann in den OP gegangen, wo sie meine Beine komplett desinfiziert hat. 

Auf dem OP-Tisch hat der Anästhesist mit der Narkose begonnen und als sie angefangen hat zu wirken, hat meine Ärztin zunächst die Beine betäubt, dann die Schnitte gesetzt (insgesamt 20 Stück, 10 Stück pro Bein) und hat dann mit der Liposuktion begonnen. Es werden zum Schluss alle Schnitte mit einer einzelnen Naht genäht, bis auf die untersten beiden pro Bein, da diese noch zum Ablauf der Tumeszenzlösung dienen.
Die OP ging ca. 2 Stunden und als die Narkose beendet wurde, habe ich meine Beine noch auf dem OP-Tisch gesehen, bevor mir dann meine Flachstrickkompression angezogen wurde. Die Flachstrick musste ich 6 Woche Tag und Nacht tragen und dann nur noch tagsüber.

Man bekommt bei dieser Methode Tumeszenzlösung durch die Absaugkanüle injiziert, um das Fett zu lösen. Weil diese Lösung kälter ist als die Körpertemperatur friert man danach extrem und bekommt einen Heizlüfter unter die Decke. Schmerzen habe ich während der OP nicht gehabt und ich weiß noch, dass ich mich auch mit den Leuten im OP-Saal unterhalten habe, weiß aber nicht mehr so ganz worüber.

Während der OP wurden bei mir 4,9 L krankhaftes Fett aus den Oberschenkel Vorderseiten abgesaugt. Geplant war ursprünglich die Oberschenkel komplett zu operieren, aber das Volumen des Fetts war zu viel. Die saugen nur maximal 8% des Körpergewichts ab. Deshalb brauche ich statt 2 OPs 3.

Nach den ersten zwei Tagen fing es an, immer mehr weh zu tun. Was aber mit regelmäßigen Schmerzmedikamenten und kühlen erträglich war. Danach wurden die Schmerzen immer besser und ich beweglicher. Die Haut an den Beinen ist teilweise immer noch taub und sehr berührungsempfindlich, was aber normal ist und auch noch mehrere Monate andauern kann. Durch die große abgesaugte Menge hatte ich die ersten 9 Tage Kreislaufprobleme. Egal ob beim Duschen, beim An- und Ausziehen der Kompression oder beim längeren Stehen. Danach ging das aber besser. Wegen der Kreislaufproblematik musste ich eine Woche lang Unterstützung von meinem Freund haben.

Wie geht es Dir jetzt?
Denise: Auch wenn meine Beine noch nicht 100% beweglich sind, teilweise noch taub und berührungsempfindlich, geht es mir auch nach der ersten OP schon deutlich besser.
Ich kann jetzt schon besser Treppen laufen und muss meine Beine nicht mehr zwanghaft abends hochlegen.

Was erhoffst Du Dir von der Behandlung?
Denise: Ich erhoffe mir, dass ich keine Schmerzen mehr habe und deshalb weder im Alltag noch im Sport Einschränkungen habe. Ich möchte wieder lange auf Konzerten stehen können und wandern gehen.
Und auch wenn mir die Kompression und die Lymphdrainage unterstützend gut tun, möchte ich nicht mehr so viele Gedanken und Lebenszeit damit verbringen und mich wieder frei fühlen.

Welchen Tipp würdest Du anderen Betroffenen geben?
Denise: Ich habe lange an mir, an der Krankheit und an der Wirksamkeit der OPs gezweifelt, weil ich lange dachte, dass ich mir das nur einbilde, dass ich vielleicht doch nicht krank bin und meine Schmerzen abends jeder verspürt. Man weiß nicht mehr wie es sich "normal" anfühlt und das Lipödem war nicht deutlich ersichtlich bei mir Jetzt nach der ersten OP kann ich schon mit Sicherheit sagen: Das Lipödem ist eine Krankheit und ich habe es mir nicht eingebildet. Ich merke einen riesigen Unterschied zu vorher. Deshalb nehmt Euch selbst ernst und lasst es diagnostizieren, wenn Ihr vermutet betroffen zu sein. Auch wenn es Rückschläge gibt und diese Krankheit noch nicht überall bekannt ist. Und wenn Ihr die Chance habt, die OPs machen zu lassen, würde ich mit meinem bisherigen Wissen immer wieder dazu raten.

Welche Verbesserungen wünschst Du Dir für Betroffene?
Denise: Ich würde mir wünschen, dass die Krankheit generell bekannter wird und die OPs als Therapiemethode anerkannt werden und dementsprechend auch von der Krankenkasse bezahlt werden. Die Ärzte sollten für diese Krankheit sensibilisiert werden, besonders auch Frauenärzte, die die Frauen auch ausgezogen sehen und die Disproportionen dadurch am ehesten erkennen können. Nur dann kann eine frühe Diagnose gestellt und die Therapie früher begonnen werden.

►Wollt ihr mehr über die Krankheit erfahren? Hier kommt ihr zum Video.

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