OP und Station

Vorwarnung: Auf dieser Seite ist diskriminierende Sprache zu lesen

Es werden explizit Rassismus, Sexismus, Queerfeindlichkeit und weitere menschenfeindliche Haltungen in den uns eingesendeten Zitaten reproduziert. 

Kommentar:

Wir befinden uns im Prozess und internen Diskurs über das Dilemma zwischen Sichtbarmachen und Reproduzieren stark menschenfeindlicher Aussagen im Kontext des Gesundheitswesens.  Wir wollen nicht verschweigen, was immer wieder passiert. Auf der anderen Seite sind viele der Beispiele auch schwer zu ertragen und das Lesen kann retraumatisieren.

Eine endgültige Lösung haben wir noch nicht gefunden. Aktuell entscheiden wir uns noch für das (z.T. zensierte) Sichtbarmachen der meisten Einsendungen auf dieser Seite, auf Instagram versuchen wir Reproduktion noch expliziter zu vermeiden.

Bitte passt gut auf euch auf, und entscheidet euch bewusst für das Lesen der kommenden Seiten.  Wenn während des Lesens starke Gefühle entstehen,  hilft es vielleicht, aufkommenden Gedanken mit Freund*innen zu besprechen. Sehr gerne könnt ihr uns auch eine Email an sayit@mhh-asta.de schreiben, auch wenn ihr Gedanken zum o.g. Dilemma teilen mögt. Wir melden uns bei euch und stehen auch sehr gerne für ein persönliches Gespräch zur Verfügung.

Weitere Hilfeangebote findet ihr hier.

 

Zitatesammlung

  • Erfahrung einer weiblich gelesenen Medizinstudentin im Praktischen Jahr:
    „Bei einer Blutentnahme drückte ein Patient fest meine Hand zu und sagte mir, dass er mich hässlich findet aber mich trotzdem vergewaltigen möchte.“
  • Ein Oberarzt auf einer Intensivstation eines Lehrkrankenhauses, nachdem er erfahren hat, dass eine der Station bekannte Patientin aus einer geschlossenen psychiatrischen Klinik auf Station eingeliefert wird: "Ich wünschte, die würden sie direkt in der Notaufnahme erschießen." Ein anderer Oberarzt lacht. Beide schauen sich erwartungsvoll um, ob nicht noch weitere Menschen ins Gelächter einstimmen. Zu einem späteren Zeitpunkt kommt besagter Oberarzt ins Arztzimmer zur Übergabe mit folgendem Kommentar zu seinen acht beatmeten, schwer kranken, Patient*innen: "Ich habe da drüben nur Schrott liegen."
  • Der Oberarzt sagte über einen Patienten mit Tumorleiden: "Hier brauchen wir den Pallativdienst nicht einschalten. Im islamischen Kulturkreis gibt es keine Pallativmedizin." Auf kritische Nachfrage, ob nicht alle Kulturen schmerzlindernde Medizin kennen, folgte ein Monolog über die Begründung der Pallativmedizin in England. Darauf folgerte der Oberarzt, dass weiter östlich gelegene Länder immer weniger Pallativmedizinische Konzepte kennen als westlicher gelegene.
  • Eine Oberärztin kommentiert am Ende des Tages einen deutschen jungen Arzt, der im Ausland studiert und auf der Station hospitiert: "Wo er studiert hat, lernen die nicht einmal Blut abnehmen und Viggos legen, so etwas können wir eh nicht gebrauchen. Aber immerhin besser als die ganzen Schleiereulen. Heutzutage sind ja immerhin schon Deutschkenntnisse ein wichtiger Einstellungsgrund."
  • „Ich trage Kopftuch. Man sieht sofort, dass ich anders aussehe. Was viele nicht verstehen, ist, dass mein Kopftuch keine Einladung zu politischen/religiösen Diskussionen mit verletzenden Worten ist. Und nein, das Kopftuch hindert mich nicht an meinen Fähigkeiten und benebelt nicht meine Intelligenz. Nein, nur weil ich Kopftuch trage, heißt das nicht, dass ich nicht intelligent genug bin, Medizin zu studieren. Ja, natürlich spreche ich für meine Verhältnisse gut Deutsch, schließlich bin ich hier geboren, aufgewachsen und habe wie jede*r andere meiner Kommiliton*innen eine deutsche Schule besucht. Nein, ich bin hier nicht fehl am Platz. Nein, ich bin nicht unterdrückt. Nein, das Kopftuch hat nichts mit meiner Arbeit zu tun und wie gut ich diese vollbringe. Nein ich bin hier nicht fehl am Platz. Ja, ich bin hier richtig. Ja, ich gehöre dazu. Ja, ich kann etwas beitragen zum Wohle der Gemeinschaft. Egal ob Kolleg*innen, Professor*innen, Ärzt*innen, Pflegepersonal ja selbst die Patient*innen darüber gleicher Meinung sind oder nicht. Ich bin eine Frau mit Kopftuch und sehr gut in dem, was ich mache, und sehr stolz. Und, ja, ich trage eben ein Kopftuch, aber es ist auch nur ein Tuch und keine Barriere, kein Hindernis, keine Warnung, sich von mir fern zu halten. Es steht für Mut und Eigenbestimmung und Autonomie und steht dafür nicht auch Medizin?"
  • OP: Am Tisch sind ausschließlich Männer. Einer erzählt eine 'witzige' Geschichte: "Ohh das letzte Spenderorgan, da war was los. Diese Studentin, die die Organe bringt, hat die Gefäßversorgung total falsch beschrieben. Aber ich hab ihr verziehen, sie war hübsch."
  • Ich, PJlerin, rede während der OP mit dem Oberarzt. Er fragte mich, was ich später machen wolle. Auf meine Antwort, dass ich gerne ein chirugisches Fach lernen will, antwortet er: "Aber lieber nicht Unfallchirurgie, das ist nicht familienfreundlich".
  • Erfahrungen als PJlerin (weiß, she/her) am OP-Tisch: „Gynäkologen haben doch auch nur ihr Hobby zum Beruf gemacht“
  • Erfahrung als PJlerin (weiß, she/her) am OP-Tisch: Prof. zu OP-Schwester: „Wo ist denn meine xxx? Ich brauche jemanden, der meine Hände wärmt. Ich würde auch nie eine andere in mein Zimmer einladen. Wartet sie schon da auf mich?“
  • Erfahrungen als PJlerin (weiß, she/her) am OP-Tisch: Kommentare zu trans* Frauen: Jetzt wollen die auch noch Frauenklos verwenden. Ich würde auch nicht wollen, dass da so ein bärtiger Typ reinkommt wenn meine Tochter auf dem Klo ist, da hat Trump schon recht.“
  • Erfahrungen als PJlerin (weiß, she/her) am OP-Tisch: „Wenn ich einen Friseursalon hätte würde ich mir da einen Schwulen ins Foyer stellen, der alle mit seinen Attitüden begrüßt“
  • Erfahrungen als PJlerin (weiß, she/her) am OP-Tisch: „Die Frauen zuhause geben ja eh immer gleich das ganze Geld aus, was wir nach Hause bringen."
  • Im Blockpraktikum bei Gastroduenoskopie: komme mit dem Endoskop nicht durch die Bauhin-Klappe. Der Oberarzt hinter mir sagt: "Das mit dem Einlochen haben Sie wohl noch nicht so gelernt."
  • Ich (weiblich, Medizinstudentin) wurde während meiner Famulatur in einem chirurgischen Fach vom Anästhesisten gefragt: "Das wollen Sie doch nicht wirklich später beruflich machen? Die Chirurgen machen so viele Überstunden, das schaffen Sie später doch gar nicht. Sie haben ja als Frau neben dem Beruf noch so viele andere Verpflichtungen: Kinder, Haushalt, ..."
  • Ich (w.25) mache mit einem weiteren Famulanten (m.21) eine Famulatur in einer Notaufnahme. Bei einem Patienten wollen wir den Ellenbogen reponieren, dies erklärt uns der zuständige Arzt im Nebenzimmer. Er erklärt dem anderen Famulanten ausführlich, wie reponiert wird und simuliert dies an seinem Arm. Ich frage immer wieder dazwischen, damit mir das Verfahren ebenfalls gezeigt wird. Es wird kurz geantwortet und mit dem anderen Famulanten weitergesprochen. Zum Schluss bittet mich der Arzt, doch den Patienten zum Röntgen zu fahren, nimmt den anderen Famulanten mit und geht aus dem Zimmer. Ich wiederhole, dass ich ebenfalls Famulantin bin, dies wird ignoriert.
  • In meinem PJ in einer gefäßchirurgischen Abteilung kam es mehrfach zu der gleichen Konversation mit dem leitenden Oberarzt. Nachdem ich auf die Frage, welche Fachrichtung ich nach dem Studium machen wolle, "Chirurgie" antwortete, legte er mir mehrfach nahe, dass ich als Frau doch auf jeden Fall erst einmal ein Jahr in die Innere rotieren solle. Damit könne ich mich dann später besser niederlassen.
  • Ich, PJlerin und an Chirurgie interessiert, war in einer unfallchirurgischen Klinik. Zur selben Zeit war noch ein großer, breitschultriger Famulant (männlich) mit dabei. Bei der Einteilung des OP-Planes landete ich zunächst für die 2. Assistenz einer Hüft-OP auf dem Plan. Zumindest spricht der OP-Plan von "PJ Unfallchirurgie". Am Morgen der OP fing mich der Famulant ab. Er habe mit dem für den OP-Plan verantwortlichen Oberarzt gesprochen: er solle jetzt mit in diese OP gehen, da der Patient über 100kg auf die Waage bringe und das für die PJlerin nicht zu schaffen sei. Auch der OP-Plan wurde entsprechend um den Namen des Famulanten ergänzt. Ich habe übrigens im Studium bereits ca. 50 Hüften assistiert.
  • Chirurgie-PJ: Leistenbruch-OP beim wachen Patienten. Nach Freilegung des Samenstrangs fragt mich der Chefarzt, ob ich eigentlich einen Freund habe, denn dann könne ich ihm heute Abend berichten sein "Ding" heute in der Hand gehabt zu haben.
  • Ich, weibliche Studentin, beim Blutabnehmen am Bett eines älteren männlichen Patienten: "Magst du dich nicht lieber mit ins Bett setzen?"
  • Schwangere Angestellte: Nachdem eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung eingereicht wurde, kam von Vorgesetzten direkt die Empfehlung, sich  für den Rest der Schwangerschaft berufsunfähig schreiben zu lassen.  
  • Famulatur: Der Ehemann einer Patientin (beide ca. Ende 70), der mir immer hilfsbereit bei Verbandswechsel etc. zur Seite stand und lobte, was eine tolle Ärztin ich werden würde, fasste mir an meinem letzten Tag auf Station an den Hintern mit den Worten "Ich habe letzte Nacht von Ihnen geträumt, aber genauer erzählen kann ich das nicht vor meiner Frau".
  • Im Pausenraum des OPs kam es zu einer Diskussion über Sexismus. Im Rahmen dessen erwidert ein Arzt: "Also meinen Job (Praxis und Operationen als Belegarzt) kann man als Frau nicht machen." Auf meine Antwort, dass ich ja genau die gleiche Ausbildung habe wie er und ihm jetzt im Studium schon assistiere kommt nur: "Meinen Job kann man als Frau nicht machen, als Frau ist es maximal möglich, als Arzthelferin in der Praxis zu arbeiten."
  • Während einer Famulatur wurde ich regelmäßig von einem Arzt nicht mit meinem Namen sondern mit "Schätzchen" angesprochen.
  • Oberärztin im Vorbeigehen an einer Gruppe von Medizinstudierenden und PJ-lern von denen zwei Schwarz sind: "Super, für mich bleiben nur die B***o-Jobs."
  • Assistenzarzt zu mir, nachdem ich ihm mitteilte, dass ich mit einer der Schwestern per WhatsApp schreibe - "Willst du die ficken?"
  • Eine Hausärztin nannte ihre Arzthelferinnen konsequent nur Mädchen, obwohl selbige natürlich schon jahrzehntelang erwachsene Frauen sind.
  • Ich, Medizinstudent, probiere bei einer Patientin die Fibromyalgiedruckpunkte aus, welche eben am Gesäß sind. Als ich selbiges direkt vorher ankündige, meint sie: "Von so 'nem leckeren Mann lasse ich mir doch gerne an den Arsch fassen."
  • In kleiner Männerrunde meint ein Oberarzt über eine 18-jährige Patientin, welche er gerade oberkörperfrei sonografiert hat: "Joa, die war ganz brauchbar. Mit BH sieht man ja auch nichts."
  • Patient zu mir und dem Pfleger mit dem ich zusammen das Bett schiebe (beide nicht blond und blauäugig), er hat türkische Wurzeln, ich einen längeren Bart: "Kommt ihr aus Syrien daher?"
  • Angehöriger fragt mich über eine Praktikantin: "Wie heißt die, die ist geil, gib mal ihre Nummer!"
  • Patient über Schwester nachdem sie aus dem Raum ist: "Die darf sich gerne zu mir ins Bett legen."
  • Schwester über Patientin, welche mit akutem Abdomen eingeliefert wird und Asylbewerberin ist: "Toll, dafür dürfen jetzt wir alle zahlen."
  • Assistenzarzt über Patientin: "Wenn die nicht so fett wäre, wäre die nicht hier."
  • Männliche Patienten immer wieder: "Lächeln Sie doch mal, das steht Ihnen viel besser". Hören das Studenten auch so oft?
  • Famulatur in einer Praxis: Ich begleite einen der beiden Ärzte und stelle eine fachlich fundierte Frage. Der Patient (älterer, weißer Mann) verdreht nur die Augen und meint im abfälligen Ton: "Ach Mädchen."
  • Als Studentin mit Migrationshintergrund durfte ich mir im Krankenpflegepraktikum des öfteren anhören "Aus welchem Land bist DU denn zu uns gekommen". Die Pflegenden haben ihre Gespräche über "Ausländer" sofort unterbrochen, sobald ich den Raum betreten habe. Von Belästigungen seitens der Patient*innen will ich gar nicht anfangen. 
  • Im Pflegepraktikum: Relativ junger Patient sagte bei der Entlassung zu mir: "Mit 80 komm ich gerne nochmal wieder, um mich von so jungen, hübschen Dingern betüdeln zu lassen"
  • In einem Praktikum musste man sich Kommentare anhören wie "Ach du bist ja bloß ne Frau, dann weißt du nicht, wie's geht..." oder "Typisch Frau, kann nicht mal richtig zupacken.."  
  • Famulatur: Ich werde gebeten mit in den OP zu gehen. Dort stelle ich mich mit Namen vor. Einer der beiden Oberärzte, mit denen ich am Tisch stehe, nennt mich trotzdem konsequent "Frau Doktor". Später im Gespräch stellt er mir die Frage, wieso nur noch Frauen Medizin studieren würden. Seiner Meinung nach läge das an dem Helfersyndrom bei den meisten Frauen. Außerdem werde ich von ihm gefragt, wieso Frauen denn immer quatschen müssten, obwohl ich seit ca. einer halben Stunde nichts mehr gesagt habe und nicht unaufgefordert spreche. Später legt er mir ans Herz, dass doch eigentlich die Führung des Haushalts und Kinder die Erfüllung meiner Träume sein sollten. Meine Erwiderung darauf, dass ich sowohl als Ärztin arbeiten möchte und Kinder haben möchte, tut er mit der Äußerung ab, dass das ein Gedankenfehler meinerseits wäre und wo Deutschland denn hinkäme, wenn die Frauen alle keine Kinder mehr bekämen. Am Ende sagt er zu mir, ich sähe ja selbst wie fit man für diesen Beruf sein müsste und wie viel Kraft man bräuchte, ist aber selbst übergewichtig und lässt im Laufe des Gesprächs fallen, dass er schon einen Herzinfarkt hatte und eine künstliche Herzklappe habe. Der andere Oberarzt gibt mir nonverbale Signale, dass er die Meinung seines Kollegen nicht teilt, kommentiert die Äußerungen aber kaum.
  • Zwei Ärzte (männlich) unterhalten sich in meinem Beisein über die Pflegekräfte auf ihrer Station: "Die Kleine, die ist ganz lieb. Aber verheiratet willst du mit der auch nicht sein."
  •  "Schwester, kommen Sie mal!" - immer und immer wieder, alte, männliche Patienten, die nicht auf die Idee kommen, dass es auch weibliche Medizinstudentinnen/Ärztinnen gibt.
  • Situation im OP: Der Assistent fragt den Chefarzt, ob der Chefarzt mit mir zusammen die OP-Wunde verschließen kann, damit der Assistent schon mal den OP-Bericht verfassen kann. Daraufhin der Chefarzt zu mir: "Es gibt niemandem, mit dem ich lieber tackern würde als mit meiner Assistentin." Ein Vertreter einer Medizinproduktfirma, der mit im Saal war, daraufhin: "Sollen wir Sie beide zum Nageln lieber alleine lassen?"
  • Ein OP-Pfleger (m) zu mir (w, Werkstudentin im OP), als er mir den sterilen Kittel verschließen sollte: "Na, darf ich dir an die Wäsche gehen?"
  • Situation während Famulatur. Patient wird für sterilen Eingriff vorbereitet, der Arzt bittet eine weibliche Pflegende um Hilfe: "Könnten Sie mal eben kommen?". Als die Pflegende sich dem Patienten nähert, sagt dieser, sie anzüglich musternd: "Hm, mal sehen ob ich nicht zuerst komme"
Blaugrüner Schriftzug: SAY IT!