Neues von Kongressen
Prof. Dr. med. Christoph von Klot
Nierenzellkarzinom
CheckMate 9ER
Nach einer primären Analyse dieser Phase-III-Studie zum unbehandelten, fortgeschrittenen Nierenzellkarzinom und einem mittleren Follow-up von 18,1 Monaten wurden auf dem diesjährigen ASCO GU nun die Daten nach einem Follow-up von 55,6 Monaten präsentiert. In der Studie erhielten 323 Patienten Nivolumab 240 mg alle 2 Wochen in Kombination mit Cabozantinib 40 mg einmal täglich, während 328 Patienten Sutent 50 mg einmal täglich erhielten (4 Wochen eines 6-Wochen-Zyklus). Der primäre Endpunkt war das progressionsfreie Überleben (PFS). Sekundäre Endpunkte umfassten das Gesamtüberleben (OS), das objektive Ansprechen (ORR) und die Sicherheit. Das mittlere PFS betrug in den jeweiligen Armen 16,4 vs. 8,4 Monate (Hazard-Ratio 0,58, 95%-Konfidenzintervall [95%-KI] 0,49–0,70), und das mittlere OS betrug 46,5 vs. 36,0 Monate (HR 0,77, 95%-KI 0,63–0,95). Die ORR betrug 55,7 % (95%-KI 50,1–61,2) vs. 27,7 % (95%-KI 23,0–32,9). Insgesamt erreichten 13,6 % vs. 4,6 % der Patienten eine komplette Remission. Die mittlere Dauer des Ansprechens (DOR) betrug 22,0 (95%-KI 18,0–25,2) vs. 15,2 (95%-KI 10,9–19,3) Monate. Mit einer mittleren Nachbeobachtungszeit von 55,6 Monaten zeigt die Kombination aus Nivolumab und Cabozantinib weiterhin langfristige Wirksamkeitsvorteile gegenüber Sutent. Es wurden keine neuen Sicherheitsbedenken identifiziert.
KEYNOTE-564
Die KEYNOTE-564 Phase-III-Studie hat bereits eine Verbesserung des krankheitsfreien Überlebens (DFS) durch die adjuvante Gabe von Pembrolizumab im Vergleich zu Placebo nach Nephrektomie bei Patienten mit klarzelligem Nierenzellkarzinom (sarkomatoide Anteile waren erlaubt) und erhöhtem Rezidivrisiko gezeigt. In dieser Studie wurden 994 Patienten im Verhältnis von 1:1 (Pembrolizumab (n=496) zu Placebo (n=498)) randomisiert. Pembrolizumab wurde hierbei für 1 Jahr in einer Dosierung von 200 mg alle 3 Wochen für verabreicht. Die Ergebnisse der fortgesetzten Analyse nach einer mittleren Nachbeobachtungszeit von inzwischen 57,2 Monaten (47,9−74,5 Monate) wurden jetzt veröffentlicht.
Der DFS-Vorteil mit Pembrolizumab gegenüber Placebo war in der aktuellen Analyse konsistent mit früheren Zwischenanalysen (HR 0,72; 95%CI 0,59−0,87). Es wurden keine neuen Sicherheitssignale beobachtet. In dieser Studie wurden 994 Patienten im Verhältnis von 1:1 (Pembrolizumab (n=496) zu Placebo (n=498)) randomisiert. In dieser Studie wurden 994 Patienten im Verhältnis von 1:1 (Pembrolizumab (n=496) zu Placebo (n=498)) randomisiert. Erstmals konnte nun für den sekundären Endpunkt des Gesamtüberlebens (OS) eine statistisch signifikante Verbesserung durch die Gabe von Pembrolizumab gezeigt werden (HR 0,62, 95%CI 0,44−0,87; p=0,0024). Insgesamt wurden 55 OS-Ereignisse im Pembrolizumab-Arm und 86 im Placebo-Arm beobachtet. Das geschätzte OS nach 48 Monaten betrug 91,2% mit Pembrolizumab und 86,0% im Placeboarm. Der OS-Vorteil wurde für mehrere bedeutsame Subgruppen gezeigt:
- M0-Erkrankung (HR 0,63, 95%CI 0,44−0,90),
- M1 NED (HR 0,51, 95%CI 0,15−1,75),
- CPS (combined positive score) <1 (HR 0,65, 95%CI 0,31−1,38),
- CPS ≥1 (HR 0,62, 95%CI 0,42−0,91),
- Vorhandensein von sarkomatoiden Anteilen (HR 0,69, 95%CI 0,28−1,70),
- Abwesenheit von sarkomatoiden Anteilen (HR 0,57, 95%CI 0,39−0,84)
Somit zeigt die KEYNOTE-564 als erste Phase-III-Studie eine klinisch bedeutsame Verbesserung des OS gegenüber Placebo in der Adjuvanz bei Patienten mit RCC und erhöhtem Rezidivrisiko nach Operation. Die Ergebnisse bestätigen die adjuvante Gabe von Pembrolizumab als Standardtherapie.
Urothelzellkarzinom
Subgruppenanalyse der EV-302/KEYNOTE-A39 Studie
Die EV-302/KEYNOTE-A39-Studie (Höhepunkt unserer Zusammenfassung des ESMO 2023) hatte bahnbrechende Ansprech- und Überlebensdaten in der Erstlinienbehandlung des metastasierten Urothelzellkarzinoms gezeigt. Diese Ergebnisse waren mit einer Kombinationstherapie aus dem Antikörper-Wirkstoff-Konjugat Enfortumab Vedotin und dem Checkpoint-Inhibitor Pembrolizumab erzielt worden. Der Vorteil zeigte sich sowohl beim progressionsfreien Überleben (PFS) mit 12,5 Monaten gegenüber 6,3 Monaten (Hazard Ratio 0,45, 95% CI: 0,38 - 0,54; p<0,00001) als auch beim Gesamtüberleben (OS) mit 31,5 Monaten gegenüber 16,1 Monaten (Hazard Ratio 0,47, 95% CI: 0,38-0,58; p<0,00001). Das Risiko zu versterben wurde mit der neuen Kombination im Vergleich zur Standardtherapie um 53% gesenkt. Die Ansprechrate lag insgesamt bei 68% (95% CI: 63,1-72,1, p<0,00001) und war somit deutlich höher als im Vergleichsarm mit Chemotherapie, wo sie bei 44% lag (95% CI: 39,7%-49,2%). Auf dem diesjährigen ASCO-GU wurde eine Analyse der Subgruppen durchgeführt. Hierbei zeigte sich für Subgruppen: Alter, Performance-Status, Geschlecht, Tumorlokalisation (oberer Harntrakt vs. Harnblase), PD-L1-Status, Cisplatinfähigkeit, u.a.) eine deutliche Überlegenheit der neuen Kombination im Vergleich zur bisherigen Standardtherapie mit Gemcitabin/Cisplatin. Der Vorteil hinsichtlich Ansprechrate und Gesamtüberleben war in den genannten Subgruppen gleichermaßen nachweisbar. Die Ergebnisse unterstützen weiterhin deutlich die Verwendung der neuen Kombinationstherapie beim metastasierten Urothelzellkarzinom.
NURE-Combo Studie
Die Phase-II-Studie NURE-Combo untersuchte die neoadjuvante Gabe von Nab-Paclitaxel + Nivolumab gefolgt von einer radikalen Zystektomie und einer adjuvanten Gabe von Nivolumab. In die Studie wurden Patienten eingeschlossen, die für eine Cisplatin-Behandlung ungeeignet waren, wobei auch Patienten eingeschlossen werden konnten, die die Chemotherapie ablehnten. Die Studie ist insgesamt interessant, da für dieses Patientenkollektiv zum aktuellen Zeitpunkt keine neoadjuvante Option vor Zystektomie verfügbar ist. Insgesamt wurden lediglich 31 Patienten in die Studie eingeschlossen. Die Patienten erhielten 4 Zyklen Nivolumab 360 mg alle 3 Wochen + Paclitaxel 125 mg/m2 an Tag 1 und 8 alle 3 Wochen, gefolgt von der Zystektomie und anschließend 13 Gaben Nivolumab 360 mg alle 3 Wochen adjuvant. Als primärer Endpunkt war die pathologische komplette Ansprechrate definiert. Als sekundäre Endpunkte waren das pathologische Ansprechen, die Verträglichkeit sowie das event-free survival (EFS) definiert. Zum Zeitpunkt des Endes der Datenerfassung hatten von den eingeschlossenen 31 Patienten 29 ein pathologisches Ansprechen. Insgesamt zeigten 11 Patienten (38%) ein komplettes Ansprechen (≤ypT0N0) und 21 (72%) eine Reduktion des Tumorstadiums (≤ypT1N0). Unter der neoadjuvanten Behandlung kam es zu keinem Progress der Tumorerkrankung. Nach einem medianen Follow-up von 10,6 Monaten (IQR: 8-16) zeigte ein Patient eine Progression. Das 12-Monats-EFS betrug 96,4% (95%CI: 89,9-100). Insgesamt könnte die oben genannte kombinierte neoadjuvante und adjuvante Therapie eine bedeutende neue klinische Option, insbesondere für platin-ungeeignete Patienten, darstellen.
AMBASSADOR
In dieser Phase-III-Studie wurden Patienten mit muskelinvasivem Urothelzellkarzinom (MIBC) eingeschlossen und erhielten nach Zystektomie in einem Verhältnis von 1:1 entweder Pembrolizumab 200 mg alle 3 Wochen adjuvant oder keine adjuvante Therapie. Die Patienten wurden nach PD-L1-Status, Durchführung einer neoadjuvanten Chemotherapie und dem pathologischen Stadium stratifiziert. Insgesamt wurden 702 Patienten randomisiert. Die Rekrutierung wurde nach der FDA-Zulassung für Nivolumab in gleicher Indikation vorzeitig abgebrochen. Es wurden allerdings 96% der kalkulierten Fallzahl erreicht. Beim krankheitsfreien Überleben (DFS) zeigte sich für den Pembrolizumab-Arm ein Vorteil von 15 Monaten (29 vs. 14 Monate, HR 0,69, 95% CI 0,55 - 0,87, p=0,001). Allerdings zeigte sich kein signifikanter Unterschied für das Gesamtüberleben (OS, 50,9 vs. 55,8 Monate, HR 0,98, 95% CI 0,76 - 1,26, p=0,884). Bemerkenswert ist hier, dass im Gegensatz zur bereits zugelassenen neoadjuvanten Therapie mit Nivolumab (CheckMate-274) keine statistisch signifikante Abhängigkeit von der PD-L1-Expression nachgewiesen werden konnte. Grad-3+-unerwünschte Ereignisse traten bei 48,4% bzw. 31,8% der Patienten unter Pembrolizumab bzw. Observation auf.
Prostatakarzinom
Contact-02
In dieser Phase-III-Studie wurde die Kombinationstherapie aus Cabozantinib (einem Tyrosinkinase-Inhibitor) und Atezolizumab (einem PD-L1-Inhibitor) mit einer neuen antihormonellen Therapie (NHT) bei Patienten mit metastasiertem kastrationsresistentem Prostatakarzinom, die während einer laufenden NHT-Therapie eine Progression zeigten, verglichen. Die Patienten mussten außerhalb des Beckens metastasiert sein. Eine vorherige Docetaxel-Therapie im hormonsensitiven Status war erlaubt. Die Kombination Cabozantinib/Atezolizumab verbesserte signifikant das progressionsfreie Überleben (PFS) und erfüllte damit einen der beiden primären Endpunkte der Studie (medianes PFS: 6,3 vs. 4,2 Monate; Hazard Ratio (HR) 0,65, 95%-Konfidenzintervall (CI) 0,50–0,84; p = 0,0007). Insgesamt traten bei der Kombinationstherapie mehr Toxizitäten auf als bei der alleinigen NHT (Grad 3–4: 33 % vs. 8 %). Die Daten zum Gesamtüberleben (OS) sind zum aktuellen Stand für eine abschließende Einschätzung nicht ausreichend. Kritisch anzumerken ist der vergleichsweise schwache Komparatorarm, der in einem Wechsel der NHT bestand und damit eine bekanntermaßen schwache Option in dieser Konstellation darstellt.
PD Dr. med. Christoph-A. J. von Klot
Vom 20.-24.10.2023 fand in Madrid der jährliche Kongress der European Society for Medical Oncology statt. Die relevanten Highlights des Kongresses sind im Folgenden zusammengefasst.
Nierenzellkarzinom
LITESPARK-005 Phase III Studie
Untersucht wurde Belzutifan versus Everolimus für Patienten mit vorbehandeltem Nierenzellkarzinom. Die Patienten in dieser Studie erhielten bis zu 3 Vor-Therapien, inklusive PDL1- und TKI-Therapielinien. Insgesamt wurden 374 Patienten mit Belzutifan und 372 mit Everolimus behandelt. Die Ansprechrate (ORR) für Belzutifan und Everolimus lagen bei 22,7 vs. 3,5%. Das Progressionsfreie Überleben (PFS) betrug 22,5% vs. 9% (Hazard Ratio: 0,74; 95% CI: 0,63 - 0,88). Bezüglich des Überlebens (OS) betrug dies nach 18 Monaten Beobachtungszeitrum für Belzutifan 55,2% und für Everolimus 50,6%. Dieser Unterschied war, zumindest bis zu diesem Zeitpunkt, nicht signifikant. Grade ≥3 Nebenwirkungen waren vergleichbar und traten in beiden Armen in knapp 2/3 der Patienten auf.
LITESPARK-003 Phase II Studie
Die Studie untersucht Belzutifan (120mg) in Kombination mit Cabozantinib (60mg) in der Erstliniensituation bei Patienten mit metastasiertem, klarzelligem Nierenzellkarzinom (ccRCC). Die Ansprechrate (ORR), welche hier als primärer Endpunkt diente, betrug 70%. Patienten mit einem niedrigen Risiko (nach IMDC-Kriterien) erreichten sogar eine Ansprechrate von 79% (versus 59% für Patienten mit hohem Risiko nach IMDC). Insgesamt war die Kohorte mit 50 Patienten vergleichsweise klein. In einer zweiten Kohorte mit wurden 52 vorbehandelte Patienten mit der o.g. Kombination behandelt. Die Ansprechrate war in dieser Gruppe mit 31% deutlich geringer und ein Unterschied mit Blick auf die Risikoeinteilung nach IMDC konnte nicht beobachtet werden. Die häufigsten Adverse Events (AEs) waren Fatique, Anämie und Diarrhö.
Urothelzellkarzinom
[HIGHLIGHT] Ergebnisse der EV-302/KEYNOTE-A39 Studie
In der EV-302/KEYNOTE-A39 wurden Patienten mit lokal fortgeschrittenem oder metastasiertem Urothelzellkarzinom mit entweder Enfortumab-Vedotin + Pembrolizumab oder der Standardtherapie Gemcitabin/Cisplatin behandelt. Hierbei ergab sich zum ersten Mal in der Erstliniensituation ein klarer Vorteil für die neue Kombination gegenüber dem etablierten Standard der platin-basierten Chemotherapie. Der Vorteil zeigte sich sowohl für das progressionsfreie Überleben (PFS) mit 12,5 Monaten vs. 6,3 Monate (Hazard Ratio 0,45, 95% CI: 0,38 - 0,54; p<0,00001), als auch für das Gesamtüberleben (OS) mit 31,5 Monaten versus 16,1 Monaten (Hazard Ratio 0,47, 95%CI: 0,38-0,58; p<0.00001). Das Risiko zu versterben wurde mit der neuen Kombination somit, im Vergleich mit der Standardtherapie, um 53% gesenkt. Die Ansprechrate lag insgesamt bei 68% (95% CI: 63,1-72,1, P<0.00001) und somit deutlich höher als im Vergleichsarm der Chemotherapie mit 44% (95%CI: 39,7%-49,2%). Bemerkenswert war die Überlegenheit von EV/Pembrolizumab über alle Subgruppen hinweg. Hierzu gehörten insbesondere auch der PDL-Status sowie die Lokalisation: Harnblase versus oberer Harntrakt. Höhergradige Nebenwirkungen der neuen Therapiekombination umfassen makulo-papulöse Hautausschläge, Hyperglykämie, Neutropenie, Anämie, Diarrhoe und eine sensorische Neuropathie. Die Ergebnisse werden am allerehesten zu einem neuen Therapiestandard in der Erstlinie für das metastasierte Urothelkarzinom führen und werfen Fragen nach der Sequenz der Folgetherapien und der Therapiekosten auf.
SunRISe-1 Phase IIb Studie
TAR-200 ist ein Verabreichungssystem für Arzneimittel zur intravesikalen Medikamentenfreisetzung. Die Studie inkludierte Hochrisikopatienten, die im Vorfeld nicht auf eine Instillationstherapie mit BCG angesprochen hatten. Für diese Patienten besteht, ohne weiterführende Therapie, ein hohes Risiko für eine Progression der Erkrankung. Im Rahmen der SunRISEe-1 Studie wurde über TAR-200 die kontinuierliche Freisetzung von Gemcitabin innerhalb der Harnblase angestrebt. Auf dem diesjährigen ESMO 2023 in Madrid wurden die Ergebnisse der Kohorte 2 dieser Studie vorgestellt. Hierbei zeigte sich für die 30 inkludierten Patienten eine Ansprechrate von 77% beobachtet werden. Die mediane Zeit des Ansprechens war zum Zeitpunkt der Vorstellung der Daten nicht erreicht. Häufigste therapieassoziierte Nebenwirkungen waren (ähnlich denen bei einer BCG-Therapie) Pollakisurie, Dysurie und Harndrang (Urge). Die Therapie musste allerdings nur bei 4% der Patienten nebenwirkungsbedingt abgebrochen werden. Insgesamt sind die Ergebnisse vielversprechend und stellen möglicherweise eine Therapieoption für Patienten dar, die eine Zystektomie bei Versagen der BCG-Behandlung ablehnen oder diese nicht erhalten können.
THOR-2 Studie
Die THOR-2 (Kohorte 1) Studie untersuchte den Effekt einer oralen Therapie mit Erdafitinib (6mg) für Patienten mit einem nicht-muskelinvasiven Harnblasenkarzinom, die nach vorausgegangener BCG-Instillationstherapie ein Rezidiv im Sinne eines Karzinoms im mit hohem Risiko (pTa high grade/ pT1) und eine FGFR-Alteration aufwiesen. Komparator zu Erdafitinib war in dieser Studie eine intravesikale Instillation mit Gemcitabin oder Mitomycin C. Das mediane Follow-up betrug 13,4 Monate, Insgesamt erhielten 49 und 24 Patienten Erdafitinib bzw. den Komparator. Für Patienten mit Gemcitabin oder Mitomycin C Instillation betrug das rezidivfreie Überleben 11,6 Monate. Für Erdafitinib wurde das rezidivfreie Überleben während des bisherigen Beobachtungsrahmens noch nicht erreicht. Die errechnete Risikoreduktion betrug 72% (Hazard Ratio 0,28, 95%CI 0,10 - 0.60). Höhergradige Nebenwirkungen waren im Erdafitinib-Arm mit 31% vs. 4% deutlich häufiger vertreten. Insgesamt wurde die Studie bei schlechter Rekrutierung vorzeitig eingestellt. Die bisherigen Ergebnisse weisen allerdings auf einen positiven Effekt hinsichtlich des rezidivfreien Überlebens für Patienten mit FGFR-Alteration hin. Die Studie ist insofern interessant, da für die untersuchte Patientengruppe, nach Versagen einer BCG-Instillation häufig als einzige Option nur die radikale Zystektomie verbleibt. Nachteilig ist sicherlich die vergleichsweise hohe Toxizität in diesem Setting sowie die im Vorfeld nötige Testung auf FGFR-Alterationen zu nennen.
THOR Phase III Studie (Kohorte 2)
Gezeigt wurden Daten von vorbehandelten Patienten mit metastasiertem oder lokal fortgeschrittenem Urothelzellkarzinom die entweder Erdafitinib (pan-FGFR-Tyrosinkinase-Inhibitor, 8mg täglich (ggf. Steigerung auf 9mg)) oder Pembrolizumab (PD1-Rezeptorinhibitor, 200mg alle 3 Wochen) erhalten hatten. Die Patienten mussten eine Alteration im Fibroblast Growth Factor Receptor (FGFRalt) aufweisen und durften im Vorfeld keinen Checkpoint-Inhibitor erhalten haben. Die Patienten wurden im Verhältnis 1:1 randomisiert. Der primäre Endpunkt war hier das Gesamtüberleben (OS). Als sekundäre Endpunkte wurden progressionsfreies Überleben (PFS), die Ansprechrate (ORR) und die Verträglichkeit festgelegt. Bezüglich des medianen Gesamtüberlebens (OS) konnte für Erdafitinib kein signifikanter Vorteil gezeigt werden (10,9 vs. 11,1 Monate, Hazard Ratio von 1,18, 95%CI 0,90 - 1,50; p=0,19). Die Ansprechrate (ORR, 40,0% vs. 21,6%; p<0,001) und auch die Dauer des progressionsfreien Überlebens (PFS) waren unter Erdafitinib länger. Allerdings war die Dauer des Ansprechens unter Pembrolizumab mit 14,4 vs. 4,3 Monaten deutlich höher, was das numerisch schlechtere Abschneiden beim Gesamtüberleben für Erdafitinib erklären könnte. Höhergradige behandlungsassoziierte Nebenwirkungen (Grad 3 - 4) traten bei Erdafitinib in 43,4% und unter Pembrolizumab in 13,3% der Fälle auf. Auf die Behandlung zurückzuführende Todesfälle gab es unter Erdafitinib keine und unter Pembrolizumab bei 3 Patienten (3%). Bemerkenswert und vergleichsweise häufig trat eine zentrale seröse Retinopathie bei Patienten unter Erdafitinib mit 22,5% auf.
Prostatakarzinom
PSMAfore
Untersucht wurden Patienten mit einem metastasierten kastrationsresistenten Prostatakarzinom (mCRPC) mit einem Progress unter einer Androgen-Rezeptor-gerichteten Therapie (ARTA) die bisher noch keine Taxan-basierte Chemotherapie erhalten hatten. Die Patienten mussten hierbei in der PSMA-Bildgebung einen oder mehrere positive Befunde aufweisen, durften keine tumorsuspekten, PSMA-negativen Befunde haben und durften keine Kandidaten für eine Therapie mit einem PARP-Inhibitor sein. Ein Crossover in Richtung Ligandentherapie-Arm war nach Versagen der Therapie unter neuer antiandrogener Therapie (Enzalutamid oder Abirateronacetat + Prednisolon) möglich. In der vorgelagerten VISION Studie hatte 177Lu-PSMA-617 bereits Wirksamkeit bei Patienten nach Antiandrogener Therapie der neuen Generation und Taxan-basierter Chemotherapie zeigen können. Im Rahmen der PSMAfore Studie erhielten die Patienten insgesamt 6 Zyklen 177Lu-PSMA-617. Als Vergleichsarm diente ein Wechsel der antiandrogenen Therapie. Primärer Endpunkt der Studie war das radiographische progressionsfreie Überleben (rPFS). Insgesamt wurden 486 Patienten eingeschlossen. Im Vergleich der Radioligandentherapie mit dem Antiandrogen zeigte sich ein deutlicher Vorteil hinsichtlich des rPFS für das 177Lu-PSMA-617 mit 12,02 versus 5,59 Monaten, Hazard Ratio 0,43, 95%CI 0,33-0,54) Auch die objektive Ansprechrate (ORR) war für 177Lu-PSMA-617 mit 50,7% versus 14,9% deutlich höher. Die mediane Dauer des Ansprechens war mit 13,63 Monaten (95%CI 11,56 – NE) für 177Lu-PSMA-617 versus 10,05 Monaten (95%CI 4,63 – NE) ebenso höher. Unter 177Lu-PSMA-617 wurde ein komplettes Ansprechen bei ca. jedem 5. (21,1%) Patienten erreicht, deutlich weniger als die nur 2,7% im Vergleichsarm. In der intention to treat-Analyse war das Gesamtüberleben (OS) in beiden Armen vergleichbar (19, vs. 19, Hazard Ratio 1,16, 95%CI 0,83-1,64). Die Inzidenz von ≥3 Nebenwirkungen betrug im Arm der Radioligandentherapie 33,9% und 43,1% im Vergleichsarm. Als häufigste Nebenwirkungen der Radioligandentherapie waren Mundtrockenheit und Anämie zu nennen. Insgesamt bestätigt die Studie die gute Wirksamkeit von 177Lu-PSMA-617 im Vergleich mit einer Umstellung der antihormonellen Therapie. Zwar liegt aktuell kein signifikanter Vorteil in Bezug auf einen OS-Vorteil vor, allerdings ist die Interpretation der Daten vor dem Hintergrund einer Crossover Rate von über 84% in dieser Studie herausfordernd.
ENZA-p (ANZUP 1901)
Hierbei handelt es sich um eine Phase-2-Studie zur gleichzeitigen Gabe von Enzalutamid und 177Lu-PSMA-617, also einem Antiandrogen der nächsten Generation (NHT) und einer nuklearmedizinischen Therapie mit einem Radioliganden. Für beide Substanzen konnte bereits in der Vergangenheit eine Verbesserung des Gesamtüberlebens (OS) beim metastasierten kastrationsresistenten Prostatakarzinom (mCRPC) gezeigt werden. Behandelt wurden Patienten mit einem metastasierten kastrationsresistenten Prostatakarzinom (mCRPC) in der ersten Linie. D.h. es wurden Patienten eingeschlossen die zuvor weider eine Chemotherapie, noch einen Androgenrezeptor-Pathway-Inhibitoren erhalten hatten (eine vorherige Anwendung von Abirateron und/oder Docetaxel im hormonsensitiven Stadium war erlaubt). Darüber hinaus mussten bei den Patienten mindestens zwei Risikofaktoren vorliegen (Erhöhung der Laktatdehydrogenase oder alkalischen Phosphatase, Albumin <35 g/L, de novo Metastasierung bei Erstdiagnose, <3 Jahre seit Primärdiagnose, >5 Knochenmetastasen, Viszerale Metastasen, PSA Verdopplungszeit <84 Tagen, Vorausgegangene Therapie mit Abirateronacetat). Die Patienten wurden in einem Verhältnis von 1:1 randomisiert und erhielten entweder Enzalutamid (160mg pro Tag) oder Enzalutamid kombiniert mit 177Lu-PSMA-617. Insgesamt wurden 162 Patienten mit den o.g. Kriterien eingeschlossen. Als primärer Endpunkt wurde das PSA-progressionsfreie Überleben definiert (PSA-PFS). Nach einer medianen Nachbeobachtungszeit von 20 Monaten, konnte für die Kombinationstherapie ein signifikant längeres PSA-PFS im Vergleich mit der Monotherapie mit Enzalutamid gezeigt werden (13 vs. 7,8 Monate, Hazard Ratio 0,43, 95%CI 0,29-0,63; p<0,001). Schwerwiegende Nebenwirkungen waren bei Enzalutamid und der Kombinationstherapie mit 35% vs. 33% vergleichbar. Die Studie zeigt eine Verbesserung des PSA-progressionsfreien Überlebens der Kombinationstherapie gegenüber der alleinigen Therapie mit Enzalutamid.
MAGNITUDE Studie
Gezeigten wurden die abschließenden Ergebnisse der MAGNITUDE Studie. In dieser Phase III Studie wurde die Kombination aus Niraparib und Abirateron + Prednison vs. Placebo und Abirateron + Prednisolon für Patienten mit homologer Rekombination Defizienz (HRR) untersucht. Voraussetzung war das Vorliegen eines metastasierten kastrationsresistenten Prostatakarzinoms (mCRPC). Insgesamt wurden 423 Patienten in die Studie eingeschlossen. Hiervon erhielten 212 Patienten die Kombinationstherapie und 211 Patienten lediglich Abirateronacetat + Prednisolon. Schlussendlich fokussierte sich die Analyse auf die BRCA positiven Patienten (n=225). In dieser Subgruppe hatten n=113 Patienten die Kombinationstherapie erhalten und n=112 Patienten Abirateronacetat + Prednisolon. Die mediane Nachbeobachtungszeit betrug 35,9 Monate. Beim Gesamtüberleben (OS) zeigte sich ein Vorteil für die Kombinationstherapie gegenüber der Monotherapie (30,4 vs. 28,6 Monate, Hazard Ratio 0,788, 95%CI 0,55-1.120; p=0,1828). Eine im Vorfeld festgelegte multivariable Analyse unter Berücksichtigung der Ausgangsungleichgewichte zwischen den Patientengruppen bestätigte den Überlebensvorteil für die Kombinationstherapie deutlicher (Hazard Ratio 0,663, 95%CI 0,464-0,947). Auch die Zeit bis zum symptomatischen Progress und die Zeit bis zu einer zytotoxischen Folgetherapie waren unter der Kombinationstherapie günstiger. Die Transfusionsrate im Niraparib-Arm betrug 27,3%. Die gezeigten Ergebnisse unterstützen den Einsatz einer Kombinationstherapie aus Niraparib und Abirateronacetat + Prednisolon in der Erstlinienbehandlung für Patienten mit positivem BRCA-Status und mCRPC.
KEYNOTE-641
Diese Phase III Studie richtete sich an Patienten mit metastasiertem kastrationsresistentem Prostatakarzinom (mCRPC) die bereits mit einer antihormonellen Therapie der nächsten Generation (NHT) behandelt worden waren. Viele dieser Patienten erhalten hier nach Progress unter NHT zunächst eine Docetaxel-basierte Chemotherapie. In dieser Studie wurde für chemonaive Patienten die Kombination von Pembrolizumab einem PD1-Inhibitor mit dem Antiandrogen Enzalutamid versus Placebo + Enzalutamid untersucht. Insgesamt wurden 1.244 Patienten eingeschlossen. Als primärer Endpunkt wurde das Gesamtüberleben (OS) und das radiographische Progressionsfreie Überleben (rPFS) definiert. Die Studie wurde nach der ersten Interimsanalyse, bei fehlendem Wirksamkeitsnachweis vorzeitig gestoppt. Für das rPFS ergaben sich für die Kombinationstherapie im Median 10,4 Monate versus 9,0 Monate (Hazard Ratio 0,98, 95%CI 0.84−1.14) und für das OS 24,7 Monate versus 27,3 Monate (Hazard Ratio 1.04, 95%CI 0,88−1,22) Darüber hinaus, waren die Therapie-assoziierten Nebenwirkungen unter Hinzunahme von Pembrolizumab höher als im Vergleichsarm. Die auf früheren Untersuchungen basierende Hoffnugen auf einen synergistischen Effekt der o.g. Kombination erfüllten sich hier somit nicht. Diese negative Studie ordnet sich ein in eine Reihe negativer Studienergebnisse zur Immuntherapie beim metastasierten Karzinom der Prostata.
RADICALS-RT
Ergebnisse aus der RADICALS-RT Studie zusammen Resultaten aus der GETUG-AFU 17 und der RAVES Studien haben bereits den Stellenwert einer adjuvanten Strahlentherapie, im Vergleich zur salvage Radiotherapie nach Prostatektomie relativiert.
Gezeigt wurden nun die finalen Ergebnisse zur RADICALS-RT Studie. In der RADICALS-RT-Studie wurde die adjuvante Strahlentherapie (aRT) mit einer Strategie der Surveillance mit ggf. nachgelagerter Salvage-Radiotherapie (sRT) bei PSA-Versagen verglichen. Hierfür wurden Patienten mit einem postoperativen PSA-Wert ≤0,2ng/ml und ≥1 Risikofaktor (Gleason 7-10, pT3/4, positiver R-Status oder initialer PSA-Wert ≥10ng/ml) ausgewählt. Insgesamt wurden 1.396 Patienten randomisiert. 697 Patienten erhielten eine aRT und 699 eine Surveillance und ggf. salvage Strahlentherapie. Das mediane Follow-up betrug 8 Jahre. Der PSA-Wert zu Beginn sRT lag im Median bei 0,2ng/ml. Die Abwesenheit von Fernmetastasen nach 10 Jahren lag bei der aRT bei 92,7% und bei 89,6% für die sRT (Hazard Ratio 0,68, 95%CI 0,43-1,07; p=0.095). Auch der Einsatz einer Hormondeprivation differierte nicht signifikant zw. den beiden Armen. Das Gesamtüberleben (OS) für aRT und sRT nach 10 Jahren lag bei 87,6 % vs. 87,4 % (Hazard Ratio 0,98, 95%CI 0,67-1,44; p=0,92). Bestrahlungsassoziierte Nebenwirkungen waren in der Gruppe der aRT signifikant häufiger (p<0,001). Die Ergebnisse dieser Studie zeigen, bei deutlich höherem Risiko für harn- und enddarmassoziierte Nebenwirkungen, keinen nennenswerten Nutzen für eine aRT im Vergleich zur Surveillance mit ggf. anschließender sRT an.