Erfolgreiche Parathletin Christiane Reppe besucht beinamputierten Jungen auf der MHH-Intensivstation.
Manchmal verändert ein kurzer Moment das ganze Leben. So wie bei Jannis. Der 16-Jährige verunglückte im Februar dieses Jahres mit seinem Leichtkraftrad. Er verletzte sich so schwer, dass sein linkes Bein amputiert werden musste. Seit sieben Wochen wird er in der MHH behandelt und liegt auf der Intensivstation der Klinik für Unfallchirurgie. Wie können wir dazu beitragen, dass er wieder neuen Mut fasst? Das fragten sich Dr. Michael Sasse und Dr. Alexander Hanke. Die Ärzte hatten eine Idee. Sie fragten die Parathletin Christiane Reppe, die Dr. Hanke über den Olympiastützpunkt Niedersachsen kannte, ob sie Lust hätte, Jannis im Krankenhaus zu besuchen.
"Ich habe mir nie einen Kopf darüber gemacht"
„Selbstverständlich mache ich das. Das ist für mich überhaupt keine Frage“, sagt die Olympionikin, die für den Besuch in der MHH extra aus ihrer Heimatstadt Dresden gekommen war. Christiane Reppe teilt Jannis Schicksal. Auch sie verlor ein Bein, allerdings schon im Alter von fünf Jahren. Der Grund war ein Krebstumor. „Wahrscheinlich war ich damals noch zu jung, um mir viele Gedanken darüber zu machen“, sagt sie. „Meine Eltern erzählten mir, dass ich ziemlich schnell versucht habe, wieder mobil zu werden.“ Mittlerweile ist Christiane Reppe 32 Jahre alt und hinter ihr liegt bereits eine beachtliche sportliche Karriere. Mit 12 Jahren begann sie ihre Laufbahn. Sie erzielte in verschiedenen Disziplinen große Erfolge – dazu zählen zwei Bronzemedaillen im Schwimmen bei den Paralympics 2004 in Athen, eine Goldmedaille auf dem Handbike bei den Paralympics 2016 in Rio de Janeiro und der Europameister-Titel im Paratriathlon 2019 in Valencia. Sie ist eine Frau mit unglaublich viel Energie und Kampfgeist. „Ich habe mir nie einen Kopf darüber gemacht, ob der Krebs wiederkommen könnte. Ich versuche einfach, das Beste aus der Situation zu machen“, erklärt sie.
"Auch mit einem Bein kann es weitergehen"
Jannis und seine Eltern freuten sich sehr über den Besuch der Sportlerin. Locker und entspannt erzählte Christiane Reppe von sich und berichtete, dass sie dieses Jahr eigentlich an den Paralympics in Tokyo teilnehmen wollte, die wegen der Corona-Krise nun aber erst im nächsten Jahr stattfinden. Sie fragte Jannis, wie es ihm geht und was ihn beschäftigt. Während des Gesprächs schrieb der junge Patient seine Fragen und Antworten auf ein Tablet, weil er wegen der künstlichen Beatmung nur schlecht sprechen konnte. Auch über ihre körperliche Einschränkung unterhielten sich die beiden und Christiane Reppe ermunterte Jannis vorsichtig, doch schon mal über die Zukunft nachzudenken, zum Beispiel über die Möglichkeit eine Prothese zu tragen. Sie ist überzeugt: „Auch mit einem Bein kann es weiter gehen, das muss auch nicht unbedingt der Sport sein. Es gibt vieles, das man erreichen kann.“
Autorin: Tina Götting