Körperfremde Immunzellen können das geschwächte Immunsystem von schwerkranken Menschen unterstützen. Eine Untersuchung unter Führung der MHH hat das jetzt auch für schwere Infektionen mit dem Epstein-Barr-Virus (EBV) nachgewiesen.
Wenn bei Erkrankungen wie schweren Virusinfektionen oder damit assoziierten Krebserkrankungen herkömmliche Behandlungsmöglichkeiten versagen, kommt die sogenannte adoptive Immuntherapie ins Spiel. Bei diesem Verfahren werden lebende Immunzellen von Gesunden isoliert, gegebenenfalls vermehrt, bei Bedarf behandelt und dann transplantiert. Vor allem T-Zellen sind vielversprechende Kandidaten, da sie die krankmachenden Antigene passgenau erkennen und ihre Zielzellen töten können. Auf diese Weise soll eine spezifische zelluläre Immunität auf die Patientinnen und Patienten übertragen werden. In einer multizentrischen Fallserie hat ein Team der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) um Professorin Dr. Britta Eiz-Vesper vom Institut für Transfusionsmedizin und Transplant Engineering und Professorin Dr. Britta Maecker-Kolhoff aus der Klinik für Pädiatrische Hämatologie und Onkologie nun gezeigt, dass die Methode auch bei schweren Infektionen mit dem Epstein-Barr-Virus (EBV) helfen kann.
Das Virus kann eine infektiöse Mononukleose (Pfeiffersches Drüsenfieber) verursachen und steht in Zusammenhang mit der Entstehung von Krebs. Die Forschenden stellten EBV-spezifische, personalisierte T-Zellen her, um die Abwehrkräfte immungeschwächter Menschen gegen das Virus zu stärken. Die genau auf die Kranken zugeschnittenen T-Zellen stammen von Stammzellspenden, Fremdspenden Verwandter sowie von Fremdspenden Nicht-Verwandter aus dem weltweit einmaligen T-Zell-Spenderregister alloCELL der MHH. Dieses besteht seit 2013 und führt inzwischen mehr als 4.000 potenzielle Spenderinnen und Spender. Gerade ist das 500. T-Zell-Produkt hergestellt worden, ein personalisiertes Therapeutikum für einen Menschen mit Adenovirusinfektion nach Stammzelltransplantation. In der multizentrischen Untersuchung stellten die Forschenden EBV-spezifische T-Zellen für 37 Patientinnen und Patienten her, die teils nach Transplantation oder wegen einer wiederkehrenden EBV-Infektion schwer erkrankt waren. „Etwa 75 bis 80 Prozent der Betroffenen haben auf die Behandlung angesprochen“, sagt Professorin Maecker-Kolhoff. „Die Zelltherapie war insgesamt sehr gut verträglich.“ Die Ergebnisse der Untersuchung sind in der Fachzeitschrift The Journal of Clinical Investigation veröffentlicht worden.
Maßgeschneiderte Immuntherapie für Immungeschwächte
„Dank unserer Erfahrung sind wir in der Lage, die T-Zellen innerhalb weniger Tage herzustellen“, sagt Professorin Eiz-Vesper. Das gelingt so zügig, weil im alloCELL-Register nicht nur die HLA-Gewebemerkmale der Blutzellen gespeichert sind, sondern gleichzeitig auch die Anzahl spezifischer T-Gedächtniszellen gegen die unterschiedlichen Viren. „So können wir für eine Zelltherapie sehr schnell wirksame und verträgliche T-Zellen von Spendern verwenden, auch wenn sie mit den potenziellen Empfängern nicht verwandt sind.“ Der Transfer von EBV-spezifischen T-Zellen konnte die Abwehrmöglichkeiten der immungeschwächten Betroffenen wiederherstellen. „Die Patientinnen und Patienten haben von der maßgeschneiderten Immuntherapie erheblich profitiert“, stellt Professorin Maecker-Kolhoff fest. „Der Erfolg der Behandlung zeigt sich sowohl im Absinken der Viruslast als auch im Rückgang der im Zusammenhang mit der EBV-Infektion stehenden Symptome.“
Schnell herzustellen, klinisch wirksam und gut verträglich lautet die Bilanz der Immuntherapie. „Unsere Daten deuten darauf hin, dass der Transfer der EBV-spezifischen T-Zellen ein vielversprechender therapeutischer Ansatz ist, um immungeschwächte Menschen mit lebensbedrohlicher EBV-Infektion erfolgreich zu behandeln“, sagt die Kinder-Hämatologin.
Autorin: Kirsten Pötzke